Adventskalender 2010: Adrian Sutil
Experte Marc Surer über die seiner Meinung nach bisher beste Formel-1-Saison von Adrian Sutil, der 2010 neben Talent auch eine neue Reife an den Tag legte
(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2010 geht als eine der spannendsten in die Formel-1-Geschichte ein. Vier Fahrer kämpften beim letzten Rennen in Abu Dhabi noch um den Gewinn der Weltmeisterschaft; den Sieg sicherte sich letztendlich einer, der die Fahrerwertung zuvor noch nie angeführt hatte. Auf dem Weg nach Abu Dhabi kam es zu zahlreichen Sternstunden und Dramen. Grund genug für 'Motorsport-Total.com', das Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. Thema heute: Adrian Sutil.

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Adrian Sutil lieferte 2010 seine vielleicht beste Saison in der Formel 1 ab
Obwohl der Deutsche sein teaminternes Duell gegen Lewis Hamilton in der Formel-3-Euroserie 2005 deutlich mit 94:172 Punkten verloren hat, wurde in der Branche an seinem Fahrtalent nie wirklich gezweifelt. Es ist bekannt, dass zum Beispiel Mercedes-Sportchef Norbert Haug große Stücke auf Sutil hält, aber in der Formel 1 handelte er sich aufgrund einiger unglücklicher Zwischenfälle in den vergangenen Jahren den Ruf eines Crashpiloten ein, obwohl er an manchen Kollisionen nicht einmal selbst schuld war.
Aus vergangenen Fehlern gelernt
Dennoch war vor dieser Saison klar, dass 2010 ein wichtiges Jahr werden würde: "Du musst in der Formel 1 auch mit Kopf fahren und nicht immer nur zeigen, dass du nicht nachgibst. Manchmal musst du über der Situation stehen. Ich hoffe, er hat daraus gelernt", hatte ihm 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer mit auf den Weg gegeben. Das scheint sich Sutil zu Herzen genommen zu haben, denn seine Performance in den zurückliegenden 19 Rennen war reifer als je zuvor.

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In Singapur leistete sich Adrian Sutil einen der wenigen Fahrfehler des Jahres Zoom
"Richtig, das kann man so sagen", stimmt Surer zu. "Er hatte das Jahr zuvor noch ein paar dumme Fehler drin, unnötige, aber die hat er jetzt nicht mehr gemacht. Er ist gereift und wäre bereit für eine größere Aufgabe." Sutil verzeichnete zwar vier Ausfälle, aber zwei davon waren technisch bedingt (Australien und Japan). Für das Renault-Blackout in der Boxengasse in Ungarn, das zum Zusammenstoß mit Robert Kubica führte, konnte er nichts; die Kollision mit Kamui Kobayashi in Südkorea muss er hingegen auf seine eigene Kappe nehmen.
"Punkte - und zwar im Plural" lautete Sutils offizielles Ziel für den Saisonauftakt in Bahrain. Daraus wurde zwar nichts, weil er wegen Mark Webbers Rauchwolke am Start weit zurückfiel, aber die Performance war das ganze Wochenende hindurch überzeugend. "Bestzeit im ersten Training, Top 10 im Qualifying und zweitschnellste Rennrunde - das spricht für unseren Speed", zeigte sich der Force-India-Pilot in seiner damaligen 'Motorsport-Total.com'-Kolumne zufrieden.
Erstes Highlight in Malaysia
Es dauerte jedoch bis zum dritten Grand Prix in Malaysia, ehe das erste Highlight verbucht wurde: Sutil ging dank eines chaotischen Qualifyings vom vierten Startplatz aus ins Rennen, gewann im Finish einen Zweikampf mit seinem Freund Lewis Hamilton und holte als Fünfter ein Topergebnis. "Adrian war sehr clever, hatte saubere Kurvenausgänge und war auf den Geraden einfach zu schnell. Er fuhr ein fantastisches Rennen, er war fehlerfrei unterwegs", lobte der McLaren-Pilot anschließend.
Es folgte ein hervorragender Frühsommer, in dem Sutil in Spanien (7.), Monaco (8.), der Türkei (9.), Kanada (10.), Europa (6.) und Großbritannien (8.) sechsmal hintereinander in die Punkteränge fuhr. Nachdem er in Belgien sein bestes Saisonergebnis egalisierte und erneut Fünfter wurde, lag er in der Fahrerwertung sogar an neunter Stelle, einen Punkt vor Superstar Michael Schumacher! Nur durch ein schlechtes letztes Saisondrittel fiel der gebürtige Starnberger noch hinter Schumacher und Rubens Barrichello auf Rang elf zurück.
¿pbvin|512|3312||0|1pb¿"Wenn er mit dem Kundenmotor manchmal die Mercedes-Fahrer geschlagen hat, war das ja eigentlich eine Sensation. Das ist aber weniger aufgefallen, weil das alles im Mittelfeld stattgefunden hat", analysiert Experte Surer. "Er hat gute Rennen abgeliefert, aber es war nicht mehr möglich, solche Highlights zu setzen wie im vorigen Jahr, wo er mit dem Force India auf einigen Strecken dazu in der Lage war, ganz vorne mitzumischen."
Das große Problem: Der Force-India-Mercedes VJM03 war im Gegensatz zum Vorgängermodell kein Topspeed-Wunder und kam daher auch auf den früheren Spezialstrecken des Teams nicht mehr in Podiumsnähe. Dafür war die Konstanz insgesamt besser, was zu mehr zählbaren Ergebnissen führte. Zudem verließ Technikchef James Key Silverstone in Richtung Hinwil - und während es bei Sauber auf einmal immer besser lief, zeigte die Formkurve bei Force India immer stärker nach unten, je länger die Saison dauerte.
Liuzzi in jeder Wertung deklassiert
Frage an den Experten: War 2010 die bisher beste Saison von Sutil in der Formel 1? "Ja, das muss man so sagen - auch wenn es wenig aufgefallen ist", lobt Surer den in der Schweiz lebenden Deutschen. Auch Teamkollege Vitantonio Liuzzi, mit dem es zum einen oder anderen Scharmützel auf der Strecke kam, hatte Sutil klar im Griff: 16:3-Sieg im Qualifying-Duell, 47:21 nach Punkten. Die Frage nach der Nummer eins im Team beantwortete er damit selbst.

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Vitantonio Liuzzi hatte gegenüber Adrian Sutil meistens das Nachsehen Zoom
Sutil hatte Liuzzi in praktisch jeder Disziplin im Griff: 15:4 im ersten, 16:3 im zweiten, 14:6 im dritten Freien Training - das ergibt in Summe einen Stand von 45:13. In Q1 endete das Duell 15:4, in Q2 11:2 und in Q3 1:1 - 27:7 in der Summe aller Qualifyings der Saison. Zum Drüberstreuen kommen dann noch Statistiken wie 12:7 vor dem Teamkollegen beendete Rennen und 13:6 schnellere Rennrunden. Sehr viel besser hätte der 71-fache Grand-Prix-Teilnehmer nicht abschneiden können.
Daher ist er auch selbst mit seiner Saison zufrieden: "Es war ein super Fortschritt", zieht Sutil Bilanz. "Das Team hat auf jeden Fall ganz tolle Arbeit geleistet. Für dieses Jahr hatten wir immer ein konkurrenzfähiges Auto. Am Ende wurde es vielleicht ein bisschen schwieriger, aber das kann bei der harten Konkurrenz immer mal passieren." Für das Protokoll: Der Force-India-Pilot verbesserte sein bisher bestes WM-Ergebnis (17. in der Saison 2009) deutlich (11.).
Optimistischer Blick in die Zukunft

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Die Force-India-Crew durfte dank Adrian Sutil gleich neunmal jubeln Zoom
"Trotzdem haben wir am Ende den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM nur knapp verloren und sind hinter Williams Siebter geworden, was keine Schande ist. Aber es war durchaus das beste Jahr für das Team und auch für mich", so Sutil. "Wir waren sehr oft in den Punkten und haben Highlights gesetzt wie in Malaysia, Spa oder Valencia, wo wir zweimal Fünfter und einmal Sechster waren. Wenn das so weitergeht, dann freue ich mich auf die Zukunft."
Hoffentlich weiterhin im Grand-Prix-Sport, denn für die Vertragsverlängerung bei Force India gibt es immer noch keine offizielle Bestätigung. Zwar ist das laut Manager Manfred Zimmermann nur noch Formsache, aber solange in der Formel 1 die Tinte unter einem Vertrag nicht trocken ist, kann erfahrungsgemäß noch alles passieren. Das würde Nico Hülkenberg oder Nick Heidfeld freuen, die sich noch Minichancen auf Sutils Cockpit ausrechnen. Positiv: Großsponsor Medion wird Sutil auf jeden Fall weiterhin treu bleiben.
Saisonstatistik:
Fahrerwertung: 11. (47 Punkte)
Gefahrene Rennen: 19/19
Siege: 0
Podestplätze: 0
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 0
Durchschnittlicher Startplatz: 12,2 (12.)
Bester Startplatz: 4.
Bestes Rennergebnis: 5.
Ausfallsrate: 21,1 Prozent (15.)
Qualifyingduelle:
Sutil vs. Liuzzi: 16:3
Alle 24 Adventskalender-Türen:
01. Formel Langeweile
02. Virgin
03. HRT
04. Lotus
05. Toro Rosso
06. Sauber
07. Force India
08. Williams
09. Renault
10. Mercedes
11. Ferrari
12. McLaren
13. Red Bull
14. Christian Klien
15. Timo Glock
16. Nick Heidfeld
17. Sébastien Buemi
18. Nico Hülkenberg
19. Heute: Adrian Sutil
20. Michael Schumacher
21. Nico Rosberg
22. Mark Webber
23. Fernando Alonso
24. Sebastian Vettel

