Boullier: "Kaufen auch nicht Richard Ferraris Rechte"

Boullier und López sprechen Klartext: Warum der Lotus-Rennstall schwindelt, wieso Bahar & Co. nichts mitzureden haben und wie man 2011 gewinnen will

(Motorsport-Total.com) - Beim Lotus-Namensstreit sind die Positionen eingefahren. Rennstallchef Tony Fernandes und Mike Gascoyne sind der Ansicht, dass sie im Geiste von Lotus-Gründer Colin Chapman handeln, weil sie wie das ursprüngliche Team vom englischen Norfolk aus operieren und als Konstrukteur auftreten. Sie werfen Dany Bahars Lotus-Gruppe vor, bloß ein Sponsor zu sein und gegen die Ideale von Lotus-Legende Chapman zu verstoßen.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Eric Boullier hält trotz des Lotus-Einstiegs die Zügel in der Hand

Doch der bisherige Renault-Teamchef Eric Boullier, bei dessen Team Lotus nun die Anteile der Franzosen übernommen haben, findet nun gegenüber '422race.com' klare Worte: "Das einzige, was ich weiß, ist dass Proton (Besitzer der Lotus-Gruppe, Anm.) sich dazu entschlossen hat, bei uns zu investieren und als Sponsor aufzutreten. Dadurch sind wir der offizielle Repräsentant von Lotus."

"Man kann versuchen, sich Lotus zu nennen, doch am Ende gibt es nur ein Team mit der Unterstützung von Lotus Cars und von Proton", spielt er darauf an, dass Fernandes dem ehemaligen Lotus-Rennstallbesitzer David Hunt die Namensrechte abgekauft hat, aber mit der eigentlichen Lotus-Gruppe nichts mehr zu tun hat.

Fernandes ein Schwindler?

Diesbezüglich hat er auch einen überspitzten Vergleich auf Lager: "Wenn ich in England jemanden finde, dessen Name vielleicht Richard Ferrari ist, dann kann ich das Recht kaufen, seinen Namen zu verwenden. Genau so verrückt ist unsere Situation." Die Verlierer sind seiner Meinung nach die Fans: "Es ist sehr schlecht für sie, denn es ist ein Schwindel. Es ist falsch, den Fans über das Lotus-Erbe und all das zu erzählen. Wenn man Lotus heißt und ein Autohersteller ist, dann ist das der offizielle Name. Das ist alles."

In die selbe Kerbe schlägt auch Gerard López - seines Zeichens Genii-Chef. Seine Gruppe kontrolliert nun mehrheitlich den Rennstall. "Wir behaupten nicht, dass das irgendwas mit dem alten Lotus-Team zu tun hat, was auch bei 1Malaysia nicht der Fall ist", sagt er gegenüber 'Autosport'. "Und dadurch entsteht die Verwirrung - weder sie noch wir können das wirklich behaupten."

"Es ist meiner Meinung nach sehr schlecht für die Fans, denn es ist ein Schwindel." Eric Boullier

Trotz des Lotus-Einstiegs scheint der Rennstall in der offiziellen Nennliste der FIA aber nach wie vor als Renault auf, obwohl die Franzosen nur noch Motorenlieferant sind und keine Anteile mehr am Team aus Enstone haben. "Das ist eine administrative Sache", meint Boullier. "Die Leute, die für das Sportliche zuständig sind, sind derzeit auf Urlaub. Wenn sie zurück sind, dann werden sie es bei der FIA ändern." Da die Lotus-Gruppe aber nur als Sponsor auftritt, kommt das Team weiterhin in den Genuss der TV-Gelder.

Lotus-Gruppe mischt sich nicht in Tagesgeschäft ein

Das hat aber auch zur Folge, dass sich die Lotus-Gruppe nicht in das Tagesgeschäft einmischt. Und das, obwohl man mit Ex-Red-Bull-Manager Dany Bahar und Ex-Ferrari-Sportchef Claudio Berro auf Formel-1-erfahrene Leute zurückgreifen könnte. "Natürlich werden wir davon als Partner profitieren", sagt der Teamchef. "Wir haben vor, sie zu treffen und die Dinge mit ihnen zu besprechen. Doch das Tagesgeschäft wird von Genii geleitet, nicht von Lotus Cars."

Ob das auch für die Fahrerwahl gelte? "Ja, sie sind Sponsoren, sie sind Partner. Sie entscheiden nicht, wen sie haben wollen", legt Boullier Wert darauf, weiterhin an den Reglern zu sitzen. Der Einstieg der Lotus-Gruppe habe auch keine Auswirkungen auf die Fahrerverträge: "Robert Kubica ist unter Vertrag und wir sind nach wie vor dabei, das zweite Cockpit zu finalisieren."

"Wenn wir 2011 keine Rennen gewinnen, dann wäre ich enttäuscht." Gerard López

Geht es nach Genii-Chef Lopez, dann gibt es auch gar keinen Grund für Kubica, seinen Vertrag anzufechten: "Wenn wir 2011 keine Rennen gewinnen, dann wäre ich enttäuscht. Oder zumindest, wenn wir nicht um Siege kämpfen. Als Ergebnis unserer Neigung zu Siegen könnten wir erfolgshungrig werden. Wenn wir Rennen gewinnen, wer weiß, wo wir uns dann in der Weltmeisterschaft befinden. Doch das Ziel sind Siege."