powered by Motorsport.com

Adventskalender 2010: Force India

Experte Marc Surer analysiert, was Force India seiner Meinung nach falsch gemacht hat - Adrian Sutil könnte sein Cockpit trotz Topleistungen verlieren

(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2010 geht als eine der spannendsten in die Formel-1-Geschichte ein. Vier Fahrer kämpften beim letzten Rennen in Abu Dhabi noch um den Gewinn der Weltmeisterschaft; den Sieg sicherte sich letztendlich einer, der die Fahrerwertung zuvor noch nie angeführt hatte. Auf dem Weg nach Abu Dhabi kam es zu zahlreichen Sternstunden und Dramen. Grund genug für 'Motorsport-Total.com', das Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. Thema heute: Force India.

Titel-Bild zur News: Vitantonio Liuzzi und Adrian Sutil

Force India war konstanter als 2009, sammelte mehr Punkte und wurde Siebter

"2010 können wir vielleicht über Siege reden", hatte Vijay Mallya im November 2008 getönt. Anlässlich der technischen Partnerschaft mit McLaren und Mercedes hoffte der indische Geschäftsmann, der seine Millionen mit Whisky, Bier und Personen-Flugverkehr gescheffelt hat, damals auf ein kleines Formel-1-Wunder. Dieses ist jedoch in der zurückliegenden Saison ausgeblieben - auch wenn sich das eigentlich britische Team mit indischer Lizenz mit Platz sieben in der Konstrukteurs-WM beachtlich geschlagen hat.

Konstanz statt Topspeed

Ende 2009 war die Euphorie innerhalb der Truppe in Silverstone groß. Giancarlo Fisichella hatte in Spa-Francorchamps sensationell die Pole-Position errungen und den ganz großen Coup wahrscheinlich nur wegen des gegenüber Kimi Räikkönens Ferrari fehlenden KER-Systems verpasst. Adrian Sutil stand in Monza in der ersten Startreihe. Doch der VJM02 war ein Topspeed-Wunder, aber kein auf allen Strecken konstanter Rennwagen. Also versuchte man, das zu ändern.

Ein Fehler, wie Marc Surer bereits diesen Februar fand: "Wenn du schon die Möglichkeit hast, auf einigen Strecken Rennen zu gewinnen, dann solltest du an diesen Strecken arbeiten und die Weltmeisterschaft vergessen. Weltmeister werden sie sowieso nicht. Ich an ihrer Stelle hätte versucht, den Vorteil auf den schnellen Strecken noch größer zu machen und die langsamen Strecken zu vergessen", meinte der 'Motorsport-Total.com'-Experte damals.

VJM03

Konstanz statt Topspeed: Force India setzte 2010 auf eine neue Philosophie Zoom

19 Rennen und zwei fünfte Plätze von Sutil später bleibt er bei seiner Einschätzung: "Ich bin immer noch der Meinung, dass die andere Philosophie besser gewesen wäre, denn dann hätten sie ein paar Highlights setzen können. Zum Punktesammeln war es auf diese Weise richtig, aber Highlights haben sie keine mehr gesetzt", hält der ehemalige Formel-1-Pilot fest. Denn Force India war 2010 kein Topspeed-Wunder mehr, dafür auf langsameren Strecken konkurrenzfähiger - in Summe aber weniger auffällig, wie viele im Fahrerlager empfinden.

Wichtiger Kampf um Sponsorengelder

Möglicherweise ist das finanziell trotz der Mallya-Millionen nicht auf Rosen gebettete Team dadurch auch für Sponsoren weniger attraktiv geworden: "Wenn du nicht das Geld hast, um bei diesem großen Wettrüsten mitzumachen, dann ist es besser, du hast irgendwo einen Vorteil, wo du groß aufzeigen kannst. Bei den anderen Rennen gehst du halt unter, aber als Mittelfeldteam, das regelmäßig Punkte sammelt, fällst du niemandem auf", findet Surer.

Um die Kritik in die richtigen Relationen zu setzen: Force India hat 2010 68 Punkte gesammelt, umgelegt auf das alte Wertungssystem also ungefähr 27. 2009 freilich hatte es trotz der angesprochenen Highlights unterm Strich nur zu 13 Zählern gereicht, errungen an zwei Rennwochenenden. Diese Saison teilten sich die zählbaren Ergebnisse auf zwölf von 19 Rennwochenenden auf - und beinahe hätte es sogar gereicht, um ein Traditionsteam wie Williams zu schlagen.

¿pbvin|512|3314||0|1pb¿Auffällig war allerdings, dass es nach dem starken Saisonbeginn tendenziell eher bergab ging. Fast zum gleichen Zeitpunkt setzte bei Sauber ein unübersehbarer Aufwärtstrend ein. Viele führen das auf den Wechsel von Technikchef James Key zurück, der Silverstone verließ und mit 1. April die Nachfolge von Willy Rampf in Hinwil antrat. "Neben Key sind noch zwei andere gute Ingenieure von Force India weggegangen, aber er war sicherlich eine Schlüsselfigur", analysiert Surer.

"Colin Kolles (damaliger Teamchef; Anm. d. Red.) hat mir schon vor Jahren gesagt: 'Du wirst sehen, wenn Mike Gascoyne einmal weg ist, geht es aufwärts. Gascoyne ist nur ein Bremser - wenn es nicht seine Idee ist, ist es eine schlechte Idee. Wenn man Key machen lassen würde, würde es schon laufen.' Und siehe da, genau so war es! In der Beziehung hatte Colin recht, auch wenn persönliche Feindschaften im Spiel waren", spricht der Experte die alte Privatfehde zwischen Kolles und dem heutigen Lotus-Konstrukteur Gascoyne an.

Auch Roberts nicht mehr im Team

Bereits vor Key hatte Ende 2009 Betriebsdirektor Simon Roberts, eine "Leihgabe" der McLaren-Mercedes-Partnerschaft, Force India den Rücken gekehrt, um zu seinem früheren Arbeitgeber nach Woking zurückzukehren. Ob diese zwei Personalien wirklich ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg waren, sei dahingestellt und wird sich wohl erst 2011 zeigen, Fakt ist jedoch, dass die Formkurve im letzten Saisondrittel nach unten zeigte.

Das kann nicht am Mercedes-Motor gelegen sein, auch wenn der Faktor Motor "immer kleiner" wird und die Stuttgarter Power möglicherweise kein entscheidender Vorteil mehr war, wie Surer meint: "Die Motoren werden sich immer ähnlicher. Bei Renault hat man ja auch nicht mehr das Gefühl, dass der Motor nicht so schlecht sein kann, wie uns Red Bull immer weismachen will. Die Motoren werden nach und nach verdrängt, weil sie sich immer ähnlicher werden."

James Key

Mit James Key verließ ein wichtiger Ingenieur das Force-India-Team Zoom

Die vielleicht positivste Erscheinung der Saison war Sutil, der endlich den Ruf des ewigen Crashpiloten abschütteln konnte und durch konstante und abgeklärte Leistungen auffiel. Das ist auch Norbert Haug nicht entgangen, der sich den Deutschen Informationen von 'Motorsport-Total.com' zufolge mittelfristig als Nachfolger von Michael Schumacher im Werks-Silberpfeil vorstellen könnte. Als eloquenter junger Rennfahrer mit Ausbildung zum Konzertpianisten würde Sutil perfekt zum Mercedes-Image passen.

Sutil als Testfahrer zu Mercedes?

Angeblich könnte er dort (als Testfahrer) schon früher landen, als ihm lieb ist, denn wie die Spatzen von den Dächern pfeifen, wird die finanzielle Unterstützung durch seinen Sponsor Medion wegbrechen. Andererseits wittert Willi Weber nun wieder Morgenluft, Nico Hülkenberg bei Force India unterzubringen, obwohl er noch im November angedeutet hatte, es brauche "ein Wunder", um für den von Williams geschassten Nachwuchspiloten noch ein Formel-1-Stammcockpit zu finden.

Dabei hat Sutil 2010 wenig falsch gemacht: Das Qualifying-Duell von 16:3 spricht Bände über seinen natürlichen Speed, selbst nach Punkten deklassierte er Vitantonio Liuzzi mit 47:21. Die beiden lieferten sich den einen oder anderen schönen Zweikampf auf der Strecke, unterm Strich waren die Fronten aber meistens klar. Dabei hatte Liuzzi 2004 neun von zehn möglichen Formel-3000-Pole-Positions herausgefahren und sieben von zehn Rennen gewonnen - immerhin in der Vorläuferserie der heutigen GP2.

Vitantonio Liuzzi vor Adrian Sutil

Mehr als einmal kam es bei Force India zu einem teaminternen Duell Zoom

Doch nach seinem Rausschmiss aus dem Red-Bull-Kader scheint Liuzzi trotz gelegentlicher Glanzlichter den Durchbruch auch im zweiten Anlauf nicht zu schaffen: "Auch wenn er ab und zu mal ein Resultat herausfährt, ist das nicht das, was man von so einem Talent erwartet", kritisiert Surer. "Mich würde es wundern, sollte er wieder einen Vertrag kriegen, denn er bringt einfach nicht die Leistung, vor allem gemessen an seiner Erfahrung. Er hat seine zweite Chance bekommen, aber er hat verflixt wenig daraus gemacht."

Saisonstatistik:

Team:

Konstrukteurswertung: 7. (68 Punkte)
Siege: 0
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 0
Podestplätze: 0
Ausfallsrate: 21,7 Prozent (8.)
Durchschnittlicher Startplatz: 11,2 (7.)

Qualifyingduelle:

Sutil vs. Liuzzi: 16:3

Adrian Sutil (Startnummer 15):

Fahrerwertung: 11. (47 Punkte)
Gefahrene Rennen: 19/19
Siege: 0
Podestplätze: 0
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 0
Durchschnittlicher Startplatz: 12,2 (12.)
Bester Startplatz: 4.
Bestes Rennergebnis: 5.
Ausfallsrate: 21,1 Prozent (15.)

Vitantonio Liuzzi (Startnummer 15):

Fahrerwertung: 15. (21 Punkte)
Gefahrene Rennen: 19/19
Siege: 0
Podestplätze: 0
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 0
Durchschnittlicher Startplatz: 15,1 (18.)
Bester Startplatz: 5.
Bestes Rennergebnis: 6.
Ausfallsrate: 31,6 Prozent (20.)

¿pbbt|1|10adventindia|||||pb¿

Alle 24 Adventskalender-Türen:

01. Formel Langeweile
02. Virgin
03. HRT
04. Lotus
05. Toro Rosso
06. Sauber
07. Heute: Force India
08. Williams
09. Renault
10. Mercedes
11. Ferrari
12. McLaren
13. Red Bull
14. Christian Klien
15. Timo Glock
16. Nick Heidfeld
17. Sébastien Buemi
18. Nico Hülkenberg
19. Adrian Sutil
20. Michael Schumacher
21. Nico Rosberg
22. Mark Webber
23. Fernando Alonso
24. Sebastian Vettel