• 07.12.2010 18:31

  • von Roman Wittemeier

Kubica: Glanzlichter in schwierigem Umfeld

Renault-Speerspitze Robert Kubica über sein erstes Jahr bei den Franzosen: Das Australien-Highlight und die Ehrlichkeit im Umgang mit sich selbst und dem Team

(Motorsport-Total.com) - Nachdem sich BMW am Ende der vergangenen Saison aus der Formel 1 zurückzog, war Robert Kubica plötzlich die heißeste Aktie auf dem Fahrermarkt. Der Pole dockte bei Renault an, wusste aber gar nicht so recht, was dort auf ihn zukommen würde. Die Franzosen trennten sich im Winter vom Löwenanteil der Teamanteile, die Genii-Gruppe um den luxemburgischen Investor Gerard Lopez übernahm das Zepter.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

In den Straßen von Monte Carlo eroberte Robert Kubica den starken dritten Platz

Gleichzeitig stellte sich die Mannschaft mit veränderter Führungsstruktur neu auf. Flavio Briatore und Pat Symonds mussten das Team als Konsequenz der "Crashgate"-Affäre verlassen, Eric Boullier wurde neuer Teamchef. "Ich wusste anfangs nicht so genau, was dort ablief. Aber ich war entspannt, denn ich hatte mit dem Werksteam von Renault einen Vertrag geschlossen. Als der Besitzerwechsel dann kam, gab es keine Zweifel, aber doch wohl einige Fragezeichen", sagt Kubica im Gespräch mit 'Autosport'.

"Ich hätte mir gewünscht, dass man mich früher informiert", sagt der Pole ganz offen. "Nicht, weil ich eventuell noch das Team gewechselt hätte, sondern vielmehr deshalb, weil man gerade zum Start einer neuen Zusammenarbeit offen und vertrauensvoll miteinander kommunizieren muss." Kubica beschäftigte sich allerdings nicht lange damit, sondern rückte die positiven Aspekte in den Vordergrund. "Irgendwie waren es auch gute Nachrichten, denn der Verkauf sicherte die Zukunft des Teams."

Statt mit dem illustren Briatore hatte es der neue Nummer-1-Pilot der Franzosen plötzlich mit dem bis dorthin nahezu unbekannten früheren DAMS-GP2-Teamchef Eric Boullier zu tun. "Für Eric war der Schritt nicht leicht. Die Formel 1 ist eine komplizierte Welt", sagt Kubica. "Plötzlich stand er vor Leuten, die er nicht kannte und die Leute im Team kannten ihn nicht. Er hatte keine Erfahrung in der Formel 1, daher war es umso schwieriger. Er hat das aber sehr gut hinbekommen."


Fotos: Renault, Großer Preis von Australien


Bei Renault war zu diesen Zeitpunkt alles im Wandel: Neue Besitzer, neuer Teamchef, neues Auto, neue Piloten. "Es war ein deutlicher Umbruch, eine ganz andere Mentalität und Herangehensweise", vergleicht Kubica seine ersten Eindrücke mit seinen Erfahrungen von BMW. "Bei Renault fand ich ein tolles Team vor. Es gab wirkliche Stärken, ich habe aber auch einige Bereiche vorgefunden, die verbessert werden mussten."

"Die Zeit der Eingewöhnung war sehr, sehr kurz. Schon zum Start in die Testfahrten muss alles passen, denn es bleibt nicht viel Zeit", erklärt der Pilot aus Krakau. "Bei BMW habe ich gelernt, dass es dabei auch auf Kleinigkeiten ankommt. Zum Beispiel die Boxentafeln: Die sind bei Renault ganz anders. Man muss aber für das erste Rennen wissen, was die einzelnen Nachrichtenkürzel bedeuten und wie man darauf reagieren sollte."

Gleichzeitig bieten die Testfahrten vor dem Saisonstart in Zeiten der Testbeschränkungen die einzige Möglichkeit, sich mit den Stärken und Schwächen des neuen Boliden intensiv auseinander zu setzen. Renault zeigte sich im Winter nicht gerade in Topform, aber Kubica blieb ruhig. Mit seinem - von Seiten des Teams - oft gelobten Feedback gelang die Wende.

"Die Zeit der Eingewöhnung war sehr, sehr kurz. Schon zum Start in die Testfahrten muss alles passen, denn es bleibt nicht viel Zeit." Robert Kubica

"Ein Fahrer baut kein Auto und richtet auch nicht die Mannschaft auf", spielt Kubica seinen Anteil herunter. "Ein Pilot ist nur ein kleiner Teil des Teams. Aber natürlich kann das Feedback eines Fahrers einen großen Einfluss haben. Ich entwerfe aber keine Frontflügel und ich schere mich auch nicht darum, wie man das Geld am besten einsetzt. Ich mache meinen Part im Spiel einfach bestmöglich."

Der Aufschwung mit dem Renault R30 gelang überraschend schnell. In Bahrain waren Kubica und Teamkollege Vitaly Petrov deutlich hinter der Spitze, in Melbourne war man plötzlich da. "Als wir in Australien den Podestplatz holten, da wollten wir dann natürlich mehr", sagt Kubica, der nach Platz zwei in Monaco den gleichen Wunsch hegte.

"So einfach ist es aber nicht in der Formel 1. Wir waren nicht das einzige Team, das sich verbessern wollte. Es ist nichts so einfach wie es scheint", erklärt der Pole. "Australien war das Highlight, weil es völlig unerwartet kam. In Monaco hatte ich schon am Donnerstag ein gutes Gefühl, in Spa waren wir stark. Dort hatte ich zwar kein Podest fest gebucht, aber wir waren dort in allen Sessions in den Top 5."

"Australien war ein schwieriges Rennen, in dem fast alles perfekt lief. Es war ein wenig ein Poker. Wenn wir vielleicht eine Runde eher gestoppt hätten, dann wäre eventuell sogar ein Sieg möglich gewesen", sagt Kubica über die große Chance, die man womöglich verpasste. "Wir hatten eigentlich kein einziges schwaches Wochenende, waren nie wirklich völlig von der Rolle."

"Es gab zwar beispielsweise Rennen wie Silverstone oder Budapest, die nicht ideal liefen, weil es technische Probleme oder Zwischenfälle gab, aber da muss man immer sehen, dass so etwas passieren kann, wenn man aus unserer Position ins Rennen geht", erklärt er. "Oft konnte ich von Fehlern der anderen profitieren. Ich selbst habe sicherlich auch nicht alles immer richtig gemacht, aber ich habe höchstens jeweils einen Platz verloren."

"Man muss immer ehrlich mit sich und dem Team umgehen. Natürlich war ich manchmal unglücklich mit einigen Ergebnissen, gleichzeitig gab es aber siebte Plätze, die für mich mehr wert waren als Platz drei in Spa oder sogar Rang zwei in Monaco. Wenn an einem Wochenende Platzt acht das Maximum ist, dann ist das eben so", zuckt Kubica mit den Schultern.

Robert Kubica

Der Pole Robert Kubica will Renault wieder an die Spitze der Formel 1 führen Zoom

2011 will er sich allerdings nicht länger mit solchen Positionen anfreunden müssen. Regelmäßige Podestbesuche sind das Ziel. "Um voran zu kommen, müssen wir großen Aufwand betreiben und die Ressourcen erweitern", fordert der Pole. "Die Formel 1 ist ein harter Sport, es gibt keine schwachen Teams mehr - abgesehen von den neuen Mannschaften. Es geht dermaßen eng zu. 2009 waren außer Toro Rosso alle Teams auf dem Podest. Das sagt doch alles."

Die Entwicklung der Saison 2010 und ständige Verschiebungen in der Hackordnung haben bewiesen, dass man mit Urteilen über Fahrzeuge warten sollte. "Als wir 2008 unseren BMW in Valencia testeten, haben wir auf einer Strecke mit gerade einmal sieben Kurven zwei Sekunden verloren! Kurze Zeit später waren wir aber in Australien in Startreihe eins und in Bahrain auf der Pole. Das zeigt: Es ist wichtig, ein schnelles Auto zu bauen. Ebenso wichtig ist es aber, ein Auto mit Potenzial zu haben und zu wissen, wie man dieses dann ausschöpft."