GP Kanada
Kanada-Freitag in der Analyse: Russell-Bestzeit und Leclerc-Crash
F1-Liveticker zum Nachlesen: +++ Russell zuversichtlich, aber auch "realistisch" +++ Leclerc-Crash: Fehlstart für Ferrari +++ McLaren: Der schwierigste Freitag +++
Feierabend
Fliegender Wechsel bei uns: Hier im Ticker ist erst einmal Schluss, dafür geht es für euch jetzt noch weiter auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de mit der großen Liveanalyse zum Freitag in Kanada.
Später melden wir uns hier mit einer neuen Tickerausgabe zurück. FT3 startet um 18:30 Uhr MESZ, das Qualifying um 22:00 Uhr. Es wird also wieder ein langer Tag. Schlaft deshalb später gut und bis dann!
Verwarnung für Russell
Das letzte Urteil des Tages ist da und George Russell kommt mit einer Verwarnung davon. Hier die komplette Erklärung der Rennkommissare im Wortlaut:
"Der Fahrer von Auto 63 erklärte, dass er gerade neue Reifen geholt hatte und in Kurve 13 das Heck des Autos verlor. Er hatte keine andere Möglichkeit, als die Strecke links vom orangefarbenen Randstein auf der Innenseite von Kurve 14 zu verlassen."
"Er sagte, er habe sich darauf konzentriert, das Auto von der Wand fernzuhalten, und überfuhr dabei die orangefarbene Linie am Ausgang von Kurve 14. Er erklärte, dass ihm sofort bewusst wurde, dass er damit der Anweisung nicht gefolgt war, und er entschuldigte sich. Andere Fahrzeuge waren nicht betroffen, und das Wiedereinfädeln auf die Strecke war nicht gefährlich."
"Unter diesen Umständen kamen wir zu dem Schluss, dass eine Verwarnung angemessen ist - im Einklang mit früheren Entscheidungen bei ähnlichen Verstößen im freien Training auf diesem Kurs."
Verstappen: Insgesamt ein ordentlicher Tag
Obwohl der Niederländer in FT2 nur Neunter wurde, erklärt er: "Der Tag war in Ordnung, um ehrlich zu sein. Ich fühlte mich mit dem Auto recht wohl. FT2 war aus anderen Gründen ein bisschen schwieriger."
"Ich glaube, wir haben etwas mit dem Auto verloren, zum Beispiel bei der Balance, und das müssen wir untersuchen. Aber insgesamt war es ein recht positiver Tag für uns", betont der Weltmeister.
"Wenn wir es wieder so hinbekommen, wie es sich in FT1 angefühlt hat, denke ich, dass wir ganz gut aussehen", so Verstappen. Teamkollege Yuki Tsunoda, der nur 15. wurde, sieht das übrigens ganz ähnlich.
"Das Gefühl ist okay", so der Japaner, der erklärt, er wisse, dass er morgen noch einmal nachlegen könne. Trotzdem müsse man auch beim Set-up noch Fortschritte machen, so Tsunoda.
Sein "Ziel" sei es dann, in Q3 zu kommen. Bei Verstappen dürfte das Ziel wohl noch einmal deutlich höher hängen.
McLaren: Der schwierigste Freitag
P2 und P6 heute "nur" für McLaren und Oscar Piastri bestätigt: "Es war ein etwas schwieriger Tag, um das richtige Fenster mit dem Auto zu finden. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, aber wir müssen noch ein bisschen mehr finden."
Es sehe so aus, dass die Gegner "nah" dran seien, warnt er, und Teamkollege Lando Norris erklärt sogar: "Ich würde sagen, es war ein schwieriger Tag, wahrscheinlich einer der schwierigsten, die wir dieses Jahr hatten."
Im Vergleich zu einigen Konkurrenten fehle etwas Pace, so Norris, der mehrfach neben der Strecke war und gesteht, dass er in der ganzen Session nur eine gute Runde gefahren sei.
Es sei einfach schwierig, eine Runde zusammenzubringen, erklärt er und sagt, dass es in dieser Hinsicht "unser schlimmster Freitag des Jahres" gewesen sei. "Wir haben also noch etwas Arbeit vor uns", betont er.
Trotzdem sei man noch immer "in einer guten Position", stellt er aber auch klar. "Im Moment würde ich nicht sagen, dass wir die Schnellsten sind, aber man weiß ja nie", so Norris.
Russell: Zuversichtlich, aber auch "realistisch"
Weil wir gerade schon über den schnellsten Mann des Tages gesprochen haben: Der selbst spricht wenig überraschend von einem "sehr positiven Tag" und erklärt: "Wir sind mit höheren Erwartungen in dieses Wochenende gegangen, weil die Bedingungen kühler sind."
"Wir kennen unsere Schwäche, nämlich wenn es heiß ist", erinnert er. Die Temperaturen helfen also dabei, dass Mercedes hier "ziemlich konkurrenzfähig" ist. Gleichzeitig müsse man aber auch "realistisch" sein, denn seine Runde heute sei schon ziemlich optimiert gewesen.
Heißt: So viel Luft nach oben ist morgen nicht mehr. Teamkollege Kimi Antonelli ist mit seinem Tag nach P3 übrigens ebenfalls zufrieden. "Die eine Runde fühlte sich ganz gut an, und auch der Longrun war gut. Wir sind auf einem guten Weg", so der Rookie.
Pirelli: Soft ist der schnellere Reifen
Die Tagesbestzeit fuhr George Russell heute auf Mediums. Doch Simone Berra von Pirelli stellt klar: "Die Tatsache, dass die schnellste Zeit des Tages auf Mediums erzielt wurde, ist nicht so wichtig."
Er erklärt: "Russell wählte eine andere Herangehensweise als üblich, indem er zuerst die weiche und dann die mittlere Mischung fuhr, so dass er auf der letzteren von dem höheren Gripniveau der Strecke profitierte."
Der Soft sei also trotzdem "schneller" als der Medium, betont er und erklärt im Hinblick auf die Strategie am Sonntag, dass es danach aussehe, dass es wohl mit zwei Stopps am schnellsten gehen wird.
Warwick als Steward kurzfristig abgesetzt
Obwohl das Wochenende bereits begonnen hat, hat die FIA Derek Warwick kurzfristig als Rennkommissar beim Kanada-GP abgezogen. In einem offiziellen Statement heißt es:
"Nach den jüngsten unerlaubten Äußerungen in den Medien hat die FIA beschlossen, Derek Warwick für den Großen Preis von Kanada an diesem Wochenende von seinen Aufgaben als Fahrersteward zu suspendieren."
"Er wird durch Enrique Bernoldi ersetzt, der für den Rest des Events vom Remote Operations Centre in Genf aus arbeiten wird."
"Nach einer Diskussion räumt Derek ein, dass seine Kommentare in seiner Rolle als FIA-Steward unangebracht waren, und hat sich entschuldigt. Derek wird seine Aufgaben als Steward beim kommenden Grand Prix von Österreich wieder aufnehmen."
Vermutlich geht es um öffentliche Äußerungen von Warwick im Hinblick auf die jüngste Strafe gegen Max Verstappen in Barcelona. So etwas wird von der FIA nicht gerne gesehen.
Fehlstart für Ferrari
Lewis Hamilton berichtet nach P8: "Das Auto fühlte sich gut an, aber uns fehlt derzeit noch ein wenig Pace und wir haben auf den Longruns etwas Graining gesehen. Wir werden über Nacht weiterarbeiten, um das Auto für morgen in ein besseres Leistungsfenster zu bringen."
Noch schlechter lief es für Charles Leclerc, der es lediglich auf neun Runden brachte. Dann war sein Freitag vorbei. "In FT1 war es ein kleines Blockieren der Reifen mit großen Folgen. Vor allem tut es mir leid für das Team, denn wir konnten den Rest der ersten Session und das gesamte FT2 nicht fahren."
"Abgesehen davon habe ich mich im Auto wohl gefühlt", findet er zumindest einen positiven Aspekt und betont: "Ich denke also nicht, dass das, was heute passiert ist, irgendwelche Auswirkungen auf den Rest des Wochenendes haben sollte."
Trotzdem fehlt ihm natürlich jetzt quasi der komplette Freitag.
Hülkenberg: Reifen eine kleine Überraschung
Der Deutsche landete auf P14 und erklärt, dass es "ein solider Freitag" gewesen sei. Spannend: "Die Reifen waren eine kleine Überraschung", verrät er, denn: "Die Softs haben besser gehalten als erwartet, was sich an diesem Wochenende auswirken könnte."
Teamkollege Gabriel Bortoleto wurde 13. und spricht sogar von einem "sehr positiven Start" ins Wochenende. "Da ich zum ersten Mal auf dieser Strecke war, habe ich mich wirklich darauf konzentriert, zu verstehen, wie Montreal funktioniert", erklärt er.
"Und ich bin zufrieden mit der sehr soliden Session, die wir hatten", betont er und Hülkenberg kündigt an: "Wir werden heute Abend alle Daten durchgehen und sehen, wo wir vor dem morgigen Tag noch etwas zulegen können."
Williams: FT1 war nicht "realistisch"
P2 und P3 in FT1, in FT2 dann immerhin noch P4 und P7 für die Williams-Piloten. Es sei ein "sehr positiver Tag" gewesen, betont Alexander Albon daher und erklärt: "Wir haben ein gutes Paket." Daher seien morgen die Top 10 auf jeden Fall das Ziel.
Auch Carlos Sainz hatte heute ein "gutes Gefühl" und erklärt: "Wenn man realistisch ist, war FT1 ein bisschen irreführend, was unsere Position auf der Zeitenliste angeht, aber in FT2 kämpften wir immer noch in den Top 10."
"Also sind wir mehr oder weniger da, wo wir erwartet haben, zu sein", so der Spanier, der betont: "Es gibt noch viel zu tun für morgen, aber wir scheinen in guter Form zu sein."
Das sieht auch Albon so, der zwar noch etwas mehr Performance finden will. "Da wir schnell sind, wollen wir gleichzeitig aber nicht zu viel verändern", betont er auch und erklärt, man müsse einfach die richtige "Balance" finden.
Colapinto versteht eigene Pace nicht
Der Argentinier wurde in FT2 18. und damit effektiv Letzter, weil Lance Stroll und Charles Leclerc keine Zeit gesetzt haben. Sein Longrun war dann laut eigener Aussage aber deutlich besser.
Bei ESPN erklärt er: "Ich verstehe nicht wirklich, warum ich auf Longruns mit Benzin so konkurrenzfähig bin. Ich bin schneller als Pierre [Gasly], und dann, mit wenig Benzin und neuen Reifen, bin ich so weit hinten."
"Es gibt Dinge, die nicht viel Sinn ergeben. Ich muss heute Abend versuchen zu verstehen, warum", grübelt er. Teamkollege Gasly landete in der Zeitenliste übrigens immerhin auf P12.
Mit Punkten dürfte es für Alpine im Normalfall aber trotzdem schwierig werden.
Haas: Punkte zum Jubiläum?
Das US-Team fährt an diesem Wochenende sein 200. Rennen, belegte heute aber nur P16 und P17. Oliver Bearman gesteht: "Es war ein harter Tag, aber heute Nachmittag war es definitiv besser als heute Morgen."
"Wir haben für den Nachmittag einige Änderungen vorgenommen, und das hat uns in die richtige Richtung gebracht und die Lücke im Mittelfeld geschlossen. Aber wir haben heute Abend noch ein bisschen Arbeit vor uns", weiß er.
Unter anderem tue man sich auf den Randsteinen schwer, aber das habe man vorher bereits gewusst. Seine Hoffnung nun: "Wir sind am Samstag oft besser als am Freitag." Mal sehen, ob das auch hier wieder so ist.
Brundle: Wäre "verrückt", Vasseur zu ersetzen
Experte Martin Brundle ist der Meinung, dass Ferrari an Teamchef Frederic Vasseur festhalten sollte. "Es wäre verrückt, Fred Vasseur auszuwechseln", so der ehemalige Formel-1-Pilot bei Sky.
"Ich glaube nicht, dass er im Moment ein Problem ist", betont Brundle und erklärt: "Das Auto ist nicht schnell genug." Zudem stellt er die Frage: "Durch wen würde man ihn ersetzen?"
"Das ist kein [Fußball-]Premier-League-Klub, bei dem man immer wieder den Trainer wechselt, bis man hoffentlich einen findet", so Brundle, der einen Austausch von Vasseur nicht nachvollziehen könnte.
Was war bei Red Bull los?
Im ersten Training fuhr Max Verstappen noch Bestzeit, in FT2 klagte er dann über zahlreiche Probleme. Helmut Marko verrät bei Sky: "Es hat vom Training 1 zu Training 2 zwei kleine Änderungen gegeben, die sich im Fahrverhalten relativ stark negativ ausgewirkt haben."
"Das heißt, wir gehen [mit der Abstimmung] wieder zurück", kündigt Marko an, "aber das zeigt, in welch engem Fenster unser Auto nur arbeitet. Aber nichtsdestotrotz war der Longrun, glaube ich, sehr gut", stellt er auch klar. Denn da hätten sich die Änderungen nicht so bemerkbar gemacht.
"Wir waren ungefähr gleich auf mit Piastri und auch der Reifenverschleiß hat sich in Grenzen gehalten. Also wir schauen positiv nach morgen", betont er und erklärt: "Ich glaube, wir sind vorne dabei."
Geldstrafe für Williams
Oscar Piastri hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse in FT1 um 0,3 km/h überschritten. Alexander Albon machte es in FT2 noch einmal knapper, er wurde mit 80,1 km/h geblitzt - also 0,1 km/h zu schnell.
Macht eine Geldstrafe in Höhe von ebenfalls 100 Euro für Williams. Zu verschmerzen.
Lauda: Doohan war näher dran an Gasly
Bei Alpine hat sich der Fahrerwechsel bislang nicht ausgezahlt. Experte Mathias Lauda urteilt bei ServusTV knallhart: "Seit Colapinto im Auto sitzt statt Jack Doohan, muss ich ganz offen und ehrlich sagen, macht er keinen besseren Job."
"Ich hab mir jedes freie Training angeschaut zuletzt in Monaco, und da war er in jedem freien Training immer Letzter und Monaco ist eine reine Fahrerstrecke - und der Abstand zu Gasly war enorm", so Lauda.
"Mir kommt vor, er kommt im Alpine überhaupt nicht in Fahrt", so der Österreicher, der erinnert, dass Colapinto auch in seinen letzten Rennen für Williams bereits "etwas mehr Fehler gemacht" habe.
Der Fahrerwechsel habe sich daher nicht gelohnt - und sei auch gegenüber Jack Doohan nicht fair gewesen. "Er war sicher näher dran an Gasly als jetzt Colapinto bei den letzten Rennen", betont Lauda.

