Frederic Vasseurs FIA-PK im Wortlaut: So hart attackiert er die Medien!

Frederic Vasseur hat genug: Nach Medienberichten über ein angebliches Köpferollen bei Ferrari schlägt er auf der Bühne der FIA-Pressekonferenz zurück

(Motorsport-Total.com) - Es gab nicht viele Momente während der FIA-Pressekonferenz am Freitag beim Grand Prix von Kanada 2025, in denen Frederic Vasseur lächelte. Nur einmal schien sich seine Laune kurz zu verbessern, als das Thema wegging von den Gerüchten um ein Köpferollen bei Ferrari und sich um den neuen Formel-1-Film drehte, der Ende Juni ins Kino kommt.

Titel-Bild zur News: Frederic Vasseur

Grimmig: Frederic Vasseur lässt sich die Querschüsse der Medien nicht länger gefallen Zoom

Luke Smith, ein Journalist von The Athletic, wollte von Vasseur wissen, wie sein Cameo-Auftritt im Film gewesen sei, als er mit FIA-Talkhost Tom Clarkson gemeinsam drehen musste. "Ich suche einen neuen Job", antwortete Vasseur mit einem zynischen Grinsen im Gesicht. Seine ganz persönliche Art und Weise, trotzig auf jene Gerüchte zu reagieren, die in Bezug auf seine Person gerade im Umlauf sind.

Vor Kanada rollte in italienischen Medien geradezu eine Lawine über Ferrari hinweg. Zuerst hieß es, Vasseur werde seinen Job als Teamchef womöglich an Antonello Coletta verlieren, der Ferraris zuletzt so erfolgreiche Le-Mans-Operation leitet. Und dann wurde auch noch berichtet, Charles Leclerc werde seinen bis 2029 laufenden Vertrag womöglich nicht erfüllen.

Dementsprechend wurde Vasseurs Auftritt in der Pressekonferenz in Montreal mit großer Spannung erwartet - und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Denn der 57-Jährige holte vor laufenden Kameras zu einem zornigen Rundumschlag gegen jene Medien aus, die ihn zuletzt angezählt hatten. Und das schon im offiziellen Teil mit Tom Clarkson, der normalerweise immer eher handzahm verläuft.

Im Wortlaut: So lief Vasseurs Auftritt in der FIA-PK

Tom Clarkson: "Können wir jetzt über die italienischen Medien sprechen? Lewis Hamilton war gestern hier und hat die jüngste Kritik an Ihnen in den italienischen Medien zurückgewiesen. Wie sehen Sie das?"
Frederic Vasseur: "Ich muss ruhig bleiben, weil ich sonst gleich zu den Kommissaren bestellt werde. Es sind einige italienische Medien, nicht alle. Und es geht, glaube ich, nicht um mich persönlich. Damit kann ich umgehen. Es geht eher um die Menschen im Team. Ihre Namen so in den Raum zu werfen, ist einfach respektlos - ihnen gegenüber, ihren Familien gegenüber. Wir hatten letztes Jahr schon den Fall mit dem Aero-Chef. Und in dieser Saison gab es weitere Namen. Ich kenne das Ziel nicht. Ich verstehe das Ziel nicht. Vielleicht geht es nur darum, dem Team Scheiße reinzudrücken. Aber in dem Fall sehe ich keinen Sinn darin. Vielleicht ist es für sie der einzige Weg, überhaupt wahrgenommen zu werden. Wahrscheinlich ist das der Grund. Aber es schadet dem Team wirklich. Es sorgt irgendwann für einen Verlust an Fokus. Und wenn man um die Meisterschaft kämpft, zählt jedes einzelne Detail. Und seit Beginn des Wochenendes sprechen wir nur darüber. Wenn ihr Ziel war, das Team in diese Lage zu bringen, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Aber ich glaube nicht, dass man auf diese Weise eine Meisterschaft gewinnen kann. Zumindest nicht mit solchen Journalisten um uns herum. Ich werde deswegen nicht zu den Kommissaren gehen. Jedenfalls bisher nicht."

Tom Clarkson: "Fred, gehört es zum Job als Ferrari-Teamchef dazu, dass man mit so etwas umgehen muss?"
Vasseur: "Nein, aber als Teamchef ... Ich wusste, als ich die Position übernommen habe, dass man exponiert ist, und das lässt sich, glaube ich, ganz gut managen. Es geht eher um die Leute im Team. Sie arbeiten sehr hart, und wenn dann plötzlich entschieden wird, 'Der wird ersetzt, der ist nutzlos', ganz ehrlich, das ist sehr hart. Diese Journalisten - und ich will nicht alle über einen Kamm scheren - sollten bedenken, dass diese Menschen Familien haben, Ehefrauen, Kinder. Und das ist völlig respektlos. Aber ich möchte über diesen Schwachsinn jetzt auch nicht mehr reden."

Damit scheint eigentlich alles gesagt. Vasseur hat klargemacht, dass er eigentlich kein Interesse daran hat, sich auf eine Diskussion über die aus seiner Sicht unsinnigen Medienberichte einzulassen. Aber er tut es dann doch. Als nämlich der offizielle Teil mit Tom Clarkson vorbei ist, haben die Printjournalisten die Möglichkeit, ihre Fragen zu stellen. Und für die ist Vasseur natürlich viel interessanter als James Vowles und Ayao Komatsu, die an der Seite des Ferrari-Teamchefs über weite Strecken zu Statisten degradiert werden.

Jonathan Noble, The Race: "Fred, ich weiß nicht, ob Ferrari mit der bisherigen Saison zufrieden ist, aber wie sah der Austausch mit John Elkann bisher in diesem Jahr aus? Und was ist der Plan, wie man den Rest der Saison bis 2026 wieder auf Kurs bringen will?"
Vasseur: "Das ursprüngliche Ziel war es, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. Aber das galt für uns genauso wie für McLaren, Red Bull und Mercedes. Wir sind alle mit diesem Anspruch in die Saison gestartet. Wenn man die Erwartungen betrachtet, ist McLaren wahrscheinlich allen anderen einen Schritt voraus. Und wir haben auf unserer Seite keinen guten Job gemacht. Wenn wir nur über uns sprechen, Ferrari, haben wir keinen guten Job gemacht. Es gab ein paar Rennen, wir wurden in China disqualifiziert. Zu diesem Zeitpunkt der Saison lagen wir 60 Punkte hinter Red Bull und Mercedes. Insgesamt denke ich, dass wir eine ordentliche Aufholjagd hingelegt haben. Zumindest im Vergleich zu Red Bull und Mercedes. Im Vergleich zu McLaren hinken wir aber noch hinterher. Das heißt, wir müssen weiterhin jeden Tag versuchen, einen besseren Job zu machen und uns zu verbessern. Ich hatte das Gefühl, dass wir in diesem Jahr bei einigen Gelegenheiten Chancen verpasst haben und nicht auf dem gleichen Niveau gearbeitet haben wie im vergangenen Jahr. Und daran müssen wir klar arbeiten. Aber es stimmt auch: Wenn man die Weltmeisterschaft gewinnen will - und das ist eine gute Lektion aus 2024 - dann darf man keine Punkte liegen lassen. Letztes Jahr hatten wir ein Doppelausfall in Kanada, ein paar Rennen mit Ausfällen und Problemen. Genau da müssen wir uns verbessern. Aber es ist schwer zu sagen, denn wir liegen noch immer hinter McLaren. Das Ziel ist Platz 1. Aber ich denke, wir haben uns vom Saisonstart bis heute verbessert."

Bei genauerer Betrachtung von Vasseurs Antwort fällt auf: Auf die eigentliche Frage nach seinen Gesprächen mit dem Ferrari-Vorsitzenden John Elkann geht er gar nicht ein. Er geht der Frage aus dem Weg, indem er geschickt zu anderen Themen überleitet. Vielleicht unbewusst. Vielleicht aber auch ganz bewusst, nachdem zuletzt sogar Sky-Experte Martin Brundle von einem Treffen zwischen Elkann und Red-Bull-Teamchef Christian Horner gehört hatte.

Elkann ist der mächtige Mann bei Ferrari, an den Vasseur letztendlich berichtet. Und Sky-Experte Timo Glock findet: "John Elkann könnte all dem einen Riegel vorschieben und sich hinter Fred Vasseur stellen. Das tut er aber nicht." Insofern hätten viele sicher gern gehört, was Vasseur so über seine Gespräche mit seinem Chef zu erzählen gehabt hätte.


Luke Smith, The Athletic: "Fred, um daran anzuknüpfen: Gibt es ein vollständiges Verständnis dafür, wo Ferrari in dieser Saison bisher Punkte liegengelassen hat und was schiefgelaufen ist? Denn in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei den Boxenstopps - traditionell eine Schwäche des Teams - seid ihr inzwischen Klassenprimus. Wie balancierst du also die Analyse zwischen dem, was gut und was schlecht gelaufen ist?"
Vasseur: "Ja. Aber es geht nicht nur um Boxenstopps. Am Ende des Tages ist es gut, wenn man schnelle Boxenstopps hat, denn das ist zwar kein Garant für den Erfolg, kann aber eine der Ursachen für Probleme sein. Und ehrlich gesagt: Wenn man den Vergleich zu Beginn von 2023 bis 2024 zieht, haben wir bei den Abläufen einen großen Schritt nach vorne gemacht. Strategie, Boxenstopps, selbst die Zuverlässigkeit. Aber wir liegen trotzdem noch hinter McLaren. Letztlich geht es nicht darum, einen guten Job zu machen - sondern einen besseren als die anderen. Und das gilt auch für 2026. Wenn man uns fragt: 'Wo steht ihr?' Dann lautet die Antwort: Wir verbessern uns.' Aber das Ziel ist, sich schneller zu verbessern als die anderen. Insgesamt ist das ein langer Prozess, und deshalb will ich auch nicht ständig auf gewisse Diskussionen zurückkommen. Aber jedes Mal, wenn es interne Störungen oder Ablenkungen gibt, verlieren wir während der Saison ein bisschen den Fokus. Und es ist unser Job, das wieder in den Griff zu bekommen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Teams in Großbritannien etwas abgeschotteter arbeiten und stärker auf sich selbst fokussiert sind. Das beste Beispiel ist für mich McLaren. 2022 und 2023 hatten sie eine sehr harte Saison, waren weit hinten. Aber sie blieben fokussiert, haben in Ruhe gearbeitet und sich Schritt für Schritt verbessert. Und das ist das, was jedes Team eigentlich will. Ich habe großen Respekt vor allen zehn Teams im Feld. Ich kenne sie alle. Sie sind Wettbewerber, sie sind Racer. Und wenn wir keinen guten Job machen, wissen wir das. Das heißt, wir versuchen, alles zusammenzubringen, wir pushen. Und das Wichtigste ist, dass man seinen eigenen Job richtig macht. Und genau da haben wir manchmal ein bisschen zu kämpfen."

Mark Mann-Bryans, Autosport: "Noch eine Frage an Fred. Ihr habt mit Lewis einen siebenfachen Weltmeister im Team und mit Charles jemanden, der seit Jahren tief in Ferrari verwurzelt ist. Gibt dir das die Zuversicht, dass ihre Leistung und ihre mentale Stärke nicht durch Gerüchte über deine Zukunft oder andere Themen im Team beeinträchtigt werden?"
Vasseur: "Charles ist da ein gutes Beispiel. Ich denke, Charles hat einen langfristigen Vertrag mit uns. In jedem einzelnen Interview seit Saisonbeginn sagt er, dass er bei Ferrari bleiben will. Er will mit Ferrari gewinnen. Seine Zukunft ist bei Ferrari. Aber jeden Montag erscheint ein Artikel mit 'Charles geht nächstes Jahr' oder 'Charles wird gehen'. Irgendwann weiß ich nicht mehr, was wir noch tun sollen. Es tut mir leid: Ich kann nicht jedes Wochenende dasselbe wiederholen. Aber so ist es nun einmal. Jetzt mit Lewis und Charles haben wir ein gutes Verhältnis miteinander. Wir haben ein klares Ziel. Wir wissen, dass wir arbeiten müssen. Wir wissen, dass wir pushen müssen. Aber die Stimmung im Team ist sehr gut. Und das ist die Grundlage, wenn man sich verbessern und gewinnen will. Alles ist vorhanden, alles liegt auf dem Tisch, um einen guten Job zu machen. Und gemeinsam arbeiten wir daran."

Fast alle Fragen in der Pressekonferenz richten sich an Vasseur. Zwischendurch weist der Ferrari-Teamchef darauf hin, dass man doch auch die anderen beiden mal zu Wort kommen lassen sollte. Aber der englische Journalist Adam Cooper lässt sich davon nicht beirren - und stellt auch die nächste Frage an Vasseur. Der wiederum wirkt zunehmend genervt.

Adam Cooper, Adam Cooper F1: "Entschuldige, Fred, nochmal zu dir. Am Sonntagabend in Barcelona hast du gesagt, dass beide Fahrer Probleme hatten, wolltest aber nicht näher darauf eingehen. Gestern meinte Lewis, man habe ihm gesagt, er solle nicht darüber sprechen. Charles sagte auch nichts. Warum das ganze Geheimnis?"
Vasseur: "Wenn ich in der Pressekonferenz sage, dass ich es nicht offenlege, dann komm bitte nicht zehn Minuten später zurück und versuche, es trotzdem rauszufinden. Und auch nicht am darauffolgenden Freitag. Ich werde nicht sagen, was passiert ist. Es ist, wie es ist. Punkt."

Cooper: "Wäre es angesichts eurer aktuellen Lage nicht besser, den Fans und den Medien wenigstens eine ungefähre Vorstellung davon zu geben, was das Problem war? Man muss ja nicht ins Detail gehen."
Vasseur: "Ah, wir haben das Vorderrad hinten montiert."

Das ist natürlich Unsinn. Es waren andere Probleme, die Ferrari in Barcelona hatte. Aber Vasseur scheint jetzt innerlich zu kochen. Und ist mit seinem Rant trotzdem noch lange nicht am Ende. Aber zwischendurch gibt's dann doch auch mal andere Fragen. Als nämlich Vowles und Komatsu gefragt werden, wie sie die ganze Aufregung um Vasseur so finden ...

Chris Medland, Racer: "An James und Ayao. Zum Thema des Tages, über das Fred bezüglich Ferrari gesprochen hat: Ihr beide wart schon in anderen Rollen Teil von Teams, bevor ihr Teamchefs wurdet. Wenn es Spekulationen und negative Medienberichte über das Team gibt, wie stark wirkt sich das intern auf euch und auf die Stimmung im Team aus, so wie es Fred für Ferrari beschrieben hat?"
James Vowles: "Was ich dazu sagen kann: Ich kenne Fred jetzt wahrscheinlich seit rund 20 Jahren. Fred ist ein unglaublich guter Anführer. Was ihr heute hier seht, ist, dass er all das auf sich nimmt. Denn genau das tun wir, das ist unser Job. Und sein Punkt ist absolut gültig. Mich persönlich haben solche Dinge nie groß belastet. Aber ich habe miterlebt, wie einzelne Personen dadurch regelrecht zerstört wurden. Wegen einer Zeile, die jemand geschrieben hat, der vielleicht nicht mal die Hintergründe kennt. Um deine Frage zu beantworten: Es zeigt einfach, wie mächtig Worte sein können - im positiven wie im negativen Sinne. Aber ich habe den größten Respekt vor Fred und dem, was er bei Ferrari macht. Sie sind wettbewerbsfähig, sie entwickeln sich weiter. So einfach ist das."
Ayao Komatsu: "Ja, ich denke, das ist ein Teil der Formel 1. Diese Gerüchte ... Die Leute reden gerne darüber, wenn sie sonst nichts zu schreiben haben. Es wirkt sich also bis zu einem gewissen Grad schon auf das Team aus. Aber wenn man einen starken Teamchef hat - ich war vorher bei zwei Teams mit wirklich guten Führungsfiguren - und die interne Kommunikation klar ist, dann vertraut man ihnen. Außenstehende können dann sagen, was sie wollen. Ich glaube, echte Teams kommen damit klar."

Besonders Vowles legt mit seiner Aussage den Finger in die Wunde der Journalisten, die zuletzt die große Krise bei Ferrari herbeigeschrieben haben. Liegt es in der Verantwortung der Medienschaffenden, sich ihre Formulierungen vielleicht sorgfältiger zu überlegen? Etwaige Gerüchte genauer zu prüfen? Check, Check, Doublecheck. Vielleicht entspricht ja die eine oder andere Story nicht den Tatsachen. Oder Vasseur wirkt deswegen so angespannt, weil die Berichte ins Schwarze treffen. Eine Bewertung, die Außenstehende unmöglich objektiv vornehmen können.

Daniel Valente, The Score: "Noch eine Frage an Fred. Gestern haben sich sowohl Lewis als auch Charles sehr deutlich hinter dich gestellt. Was bedeutet dir diese öffentliche Rückendeckung von deinen Fahrern?"
Vasseur: "Ihre Reaktion ... Ich kann sie verstehen, weil wir tagtäglich zusammenarbeiten. Wir arbeiten gemeinsam auf ein Ziel hin. Und es geht dabei nicht um mich. Ich wusste von Anfang an, dass ich exponiert sein werde. Das ist mir bewusst. Das Problem ist nicht der Teamchef, das wissen wir. Das eigentliche Problem in solchen Situationen betrifft vielmehr die Leute im Team. Und das trifft mich viel mehr als alles, was meine eigene Position betrifft. Weißt du, was ich meine? Man muss sich vor Augen führen: Die Menschen in jedem Team arbeiten extrem hart, sie investieren ihre ganze Energie. Manchmal erbringen sie dafür auch familiäre Opfer. Und wenn dann einfach so Namen in Artikeln genannt werden, ist das extrem hart. Man muss verstehen: Wenn ein Journalist schreibt 'Ferrari holt diese Person für diese Position', dann sitzt da jemand, der genau diese Position innehat. Und der denkt sich am Sonntagabend: 'Okay, morgen habe ich wohl keinen Job mehr, wenn das stimmt, was da in der Zeitung steht.' Und das betrifft auch all die Leute, die unter dieser Person arbeiten. Und genau so eine Situation haben wir derzeit täglich in Italien. Und zu viel ist einfach zu viel. Ganz ehrlich: Wenn man erfolgreich sein will, muss man irgendwann auch in einer sauberen Umgebung arbeiten können. Und in so einer befinden wir uns im Moment nicht."

Anzeige
Scuderia Ferrari Fanartikel

Tom Clarkson: "Fred, gibt es irgendetwas, das du als Teamchef tun kannst, um das Team zu schützen?"
Vasseur: "Ja. Ich gehe am Montagmorgen zu den Leuten und sage: 'Leute, das stimmt nicht.' Aber am Ende des Tages bin ich kein Feuerwehrmann. Es geht einfach um Respekt. Wir sind vollkommen offen ihnen gegenüber. Das heißt, wenn jemand eine Frage zu einem möglichen Neuzugang oder Ähnlichem hat, sage ich entweder: 'Nein, dazu kann ich nichts sagen.' Oder: 'Ja.' In dem konkreten Fall hätte ich ganz klar 'Nein, auf keinen Fall' gesagt, denn über die Person, über die letztes Jahr geschrieben wurde ... Ich musste den Namen googeln, um überhaupt zu wissen, wie der aussieht. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem sie in der Lage sind, ein Gerücht über jemanden zu verbreiten, den ich in meinem ganzen Leben nie getroffen habe. Und man muss sich klar machen: Wir sprechen hier über Menschen, nicht über Dinge. Und ich finde, jeder sollte ein bisschen Respekt an den Tag legen."

Es ist der Punkt, an dem Vasseur das Kreuzverhör durch die Journalisten überstanden hat. Eine denkwürdige Pressekonferenz mit einem interessanten Detail am Rande: Das Wort "Shit", das er an einer Stelle verwendet hat, wurde im offiziellen Transkript durch "S**t" ersetzt. Eigentlich eine Formulierung, gegen die die FIA-Rennkommissare vorgehen müssten, schließlich gilt gerade auf der offiziellen Bühne ein striktes Fluchverbot. Aber vermutlich haben die FIA-Offiziellen einfach Angst, Vasseur noch mehr zu provozieren.

Wer sich immer noch hinter Vasseur stellt

Immerhin gibt es auch Stimmen im Paddock, die sich explizit hinter Vasseur stellen. Sowohl Lewis Hamilton als auch Charles Leclerc hatten ihrem Teamchef bereits am Donnerstag öffentlich den Rücken gestärkt. Und auch Sky-Experte Martin Brundle findet, ein Teamchef-Tausch wäre "das Letzte, was Ferrari im Moment tun sollte. Es wäre verrückt, Fred Vasseur auszutauschen."

"Ist er das Problem? Ich denke nicht, dass er im Moment das Problem ist. Das Auto ist nicht schnell genug. Und das ist, wie man weiß, eine Teamleistung, eine Zusammenarbeit aller Beteiligten. Wen würde man denn stattdessen einsetzen? Dann kommt ein Neuer, und plötzlich ducken sich alle weg, arbeiten isoliert, weil sie erst mal abwarten, wie sie beim neuen Chef dastehen."

"Ich habe erst vor einem Jahr hier ein Interview mit ihm gemacht, da haben alle gefeiert, was für einen großartigen Job er gemacht hat, Ferrari auf die Siegerstraße zu bringen. Sie hatten gerade Monaco gewonnen. Danach lief es zwar nicht mehr so gut, aber weißt du was: Das hier ist kein Premier-League-Club, wo man einfach so lange die Trainer austauscht, bis man hoffentlich irgendwann den richtigen findet."

Auf den Einwand von Moderator Simon Lazenby, dass Ferrari doch genau das immer wieder gemacht habe, entgegnet Brundle: "Und wie weit sind sie damit gekommen?" Er zeigt Verständnis für Vasseurs Position: "Wenn du für Ferrari arbeitest, arbeitest du im Grunde für ein ganzes Land. Bei diesem Team zu sein, ist dort fast schon wie eine Religion. Und genau mit diesem Druck muss man umgehen können."

"Fred weiß das. Er war in der Pressekonferenz besonders emotional und aufgewühlt, und was er sagt, ist: Diese ganzen Geschichten beeinflussen die Leute. Man kann so etwas nicht einfach in den Raum werfen. Und ich finde, sie halten im Team ziemlich gut zusammen. Mehr können sie im Moment auch nicht tun."

Brundle erinnert sich daran, "wie mir Ross Brawn mal erzählt hat, dass eine seiner ersten Maßnahmen bei Ferrari war, das morgendliche Verteilen der Presseausschnitte auf den Schreibtischen zu stoppen. Weil das den Leuten den Kopf verdreht hat. Man muss sich Scheuklappen aufsetzen, sich auf seine Stärken konzentrieren, das Team bei Laune halten und den Fokus dorthin lenken, wo er hingehört."

"Die Kombination aus Leclerc, Hamilton und Fred ist ein starkes Trio. Daran liegt es nicht", ist Brundle überzeugt. "Das eigentliche Problem ist: Das Auto muss einfach ein bisschen schneller werden."