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Adventskalender 2010: McLaren
Seit 1998 hat McLaren keine Konstrukteurs-WM mehr gewonnen - Experte Marc Surer erklärt, warum es dieses Jahr wieder nicht geklappt hat
(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2010 geht als eine der spannendsten in die Formel-1-Geschichte ein. Vier Fahrer kämpften beim letzten Rennen in Abu Dhabi noch um den Gewinn der Weltmeisterschaft; den Sieg sicherte sich letztendlich einer, der die Fahrerwertung zuvor noch nie angeführt hatte. Auf dem Weg nach Abu Dhabi kam es zu zahlreichen Sternstunden und Dramen. Grund genug für 'Motorsport-Total.com', das Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen. Thema heute: McLaren.

© xpb.cc
Hart, aber immer fair: Jenson Button gegen Lewis Hamilton in Istanbul
Unglaublich, aber wahr: Seit 1998, damals mit den Fahrern Mika Häkkinen und David Coulthard, hat McLaren keinen Konstrukteurs-WM-Titel mehr gewonnen. 2007 hätte es zwar den Punkten nach gereicht, damals wurden dem Mercedes-Partnerteam aber infolge der Spionageaffäre alle Konstrukteurszähler gestrichen. Gleichzeitig sei jedoch auch erwähnt, dass McLaren im selben Zeitraum nur ein einziges Mal den Einzug unter die drei besten Teams verpasste, nämlich mit Platz fünf in der Pleiten-, Pech- und Pannensaison 2004.
WM-Durststrecke nicht repräsentativ
Sorgen muss man sich um McLaren aber nicht machen, denn trotz der Durststrecke in der Konstrukteurs-WM "sind sie ein Team mit extremer Kapazität", urteilt 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer: "Ich bin immer wieder überrascht, wie extrem sie arbeiten, wie schnell sie arbeiten - McLaren ist das Team, das am extremsten noch Last-Minute-Teile einfliegen lässt und so weiter. Die sind schon gut. Vielleicht machen sie manchmal sogar zu viel."

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McLaren entwickelte als erstes Team ein eigenes F-Schacht-System Zoom
Im Winter 2009/10 hatte ein namentlich nie bekannt gewordener Mitarbeiter in Woking einen zündenden Einfall: den F-Schacht. Das System kanalisierte auf der Nase des MP4-25 einen Luftstrom in einen Schacht, der zum Heckflügel geleitet wurde, dort für einen Strömungsabriss sorgte und damit auf den Geraden den Luftwiderstand verringerte. Um diesen Effekt nur in den gewünschten Passagen auftreten zu lassen, konnte der Fahrer den F-Schacht mit dem Knie schließen oder öffnen. Der Unterschied soll mehrere km/h betragen haben.
Zwar rüsteten im Saisonverlauf alle etablierten Teams nach, aber McLaren hatte sich auf diese Weise einen entscheidenden Startvorteil verschafft, an dem die Konkurrenz erst einmal zu knabbern hatte. Das Positive am F-Schacht: Der MP4-25 war damit stets eines der schnellsten Autos auf den Geraden - zu Saisonbeginn sogar das schnellste - und musste dafür keine Kompromisse in Sachen Anpressdruck eingehen, weil der Heckflügel bei geöffnetem F-Schacht ja genauso viel Anpressdruck wie sonst auch generierte.
Schnelle Kurven als große Schwäche
Trotzdem waren Passagen, in denen viel Anpressdruck erforderlich waren, die Achillesferse des McLaren-Mercedes MP4-25: "Schon im Vorjahr hat es ihnen an Downforce gefehlt, dadurch waren die schnellen Kurven ihre Schwäche", analysiert Surer. Das zeigte sich in Budapest besonders eklatant, wo Lewis Hamilton und Jenson Button überhaupt keinen Stich machten und nach einigen hervorragenden Ergebnissen eine kleine Talfahrt eingeleitet wurde.
Diese begann wahrscheinlich schon in Silverstone mit den ersten Tests des auspuffangeströmten Diffusors, den andere Teams schneller in den Griff bekamen. Erst Wochen später hatte McLaren das System einigermaßen im Griff. Zwischendurch regte sich Teamchef Martin Whitmarsh auch über den angeblich flexiblen Frontflügel von Red Bull auf, der im Sommer zu einem großen Thema hochgekocht wurde. Die FIA schob diesen Diskussionen ab Monza in Form einer Regelpräzisierung einen Riegel vor - und trotzdem konservierte Red Bull den Downforce-Vorteil auf McLaren.
¿pbvin|512|3343||0|1pb¿"Erst am Saisonende war das Auto wieder konkurrenzfähig, aber sie haben viel zu lange gebraucht, um es auf die Reihe zu kriegen", kritisiert Surer und ergänzt: "Das Handicap, dass sie in den schnellen Kurven nicht gut genug sind, ist aber geblieben. Abu Dhabi ist eine Strecke ohne schnelle Kurven - und da ging's wieder. Das beweist, dass sie das Handicap mit dem Downforce einfach nicht wettmachen konnten. Das lässt schon ein bisschen an ihnen zweifeln."
Dabei sah es zu Saisonmitte schon so aus, als wäre McLaren der WM-Titel kaum noch zu nehmen: Hamilton/Button feierten in Schanghai, Istanbul und Montréal drei Doppelsiege und Hamilton führte nach 13 von 19 Rennen die Fahrer-WM an. Dabei waren ihm schon bis dahin viele Punkte entgangen: der eine oder andere im Chaos von Melbourne, viele durch das vermurkste Qualifying in Sepang, 18 in Barcelona und mindestens zehn durch den Getriebeschaden in Budapest.
Hamilton: Zu viele Punkte verschenkt
Hamilton geriet durch diese "Geschenke" an Sebastian Vettel und Co. mehr und mehr unter Druck, setzte zunehmend alles auf eine Karte und leistete sich auf einmal auch selbst unnötige Schnitzer: In Monza hätte er sich nach dem verfehlten Setup-Poker ohne F-Schacht im Qualifying die Attacke auf Felipe Massa sparen sollen, bei der seine Vorderradaufhängung kaputt ging, und das missglückte Überholmanöver gegen Mark Webber in Singapur war zwar einen Versuch wert, kostete aber unterm Strich wertvolle Punkte.

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Der Mechaniker, der Buttons K.O. in Monaco verschuldete, durfte bleiben Zoom
Teamkollege Button war genau das Gegenteil: konstant und mit wenigen Ausnahmen fehlerfrei, aber in den entscheidenden Momenten häufig nicht schnell und aggressiv genug. Ein einziges Mal schaffte er den Sprung in die erste Startreihe und seine beiden Siege fuhr er in den chaotischen Regenrennen in Melbourne und Schanghai heraus. "Hamilton ist der Schnellere der beiden, da darf man sich nichts vormachen", findet Experte Surer, "aber Button kann seine Fähigkeiten offensichtlich richtig einsetzen."
"Ich habe Anfang des Jahres gesagt, dass er ein 'Reifenflüsterer' ist und dadurch im Rennen gegen Hamilton absolut eine Chance hat. Dass er allerdings gerade bei schwierigen Rennen mit Mischwetter gegen Hamilton gestochen hat, war schon überraschend", lobt der Schweizer. "Wie er zum Beispiel in Melbourne mit Trockenreifen gefahren ist, wie er in Schanghai mit Slicks weitergefahren ist, das war Fahrkunst pur! So etwas muss einer erst einmal umsetzen - und das hätte man eher Hamilton als Button zugetraut. Da hat er mich überrascht."
Toller Einstand für Button
Der zu dem Zeitpunkt noch amtierende Weltmeister führte nach fünf Rennen als einziger Pilot mit zwei Siegen völlig unerwartet die WM-Tabelle an und hätte dies wohl noch länger getan, wenn nicht in Monte Carlo ein Mechaniker ein Kühlgerät im linken Seitenkasten vergessen hätte. Button schrieb unverschuldet seine erste von drei Nullrunden - Nummer zwei folgte in Spa-Francorchamps, wo er von Vettel abgeschossen wurde, Nummer drei mit Platz zwölf in Yeongam.

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Lewis Hamilton und Jenson Button kamen hervorragend miteinander aus Zoom
Dass der von Brawn gekommene 2009er-Champion speziell am Saisonbeginn überhaupt mit Hamilton mithalten konnte, kam für viele Experten überraschend. Unterm Strich fiel die Bilanz dann aber doch recht deutlich aus: Hamilton gewann das Qualifying-Duell mit 14:5 und setzte sich nach Punkten mit 240:214 durch, verschenkte in Summe betrachtet wohl auch mehr mögliche Punkte als sein Teamkollege. Dennoch ging das Duell der beiden letzten britischen Weltmeister recht knapp aus.
Interessant ist, dass McLaren 2010 die größte Stärke der vergangenen Jahre nicht ausspielen konnte, nämlich die Weiterentwicklung während der Saison. Zwar fuhr die Fabrik in Woking wie gewohnt eine unglaublich hohe Taktzahl, aber viele der Updates schlugen nicht wie gewünscht an. Außerdem fehlte der Speed auf eine schnelle Runde - die einzige Pole-Position holte Hamilton in Montréal. Allerdings war Red Bull in dieser Disziplin schlicht und einfach eine Klasse für sich...
Saisonstatistik:
Team:
Konstrukteurswertung: 2. (454 Punkte)
Siege: 5
Pole-Positions: 1
Schnellste Rennrunden: 6
Podestplätze: 16
Ausfallsrate: 13,2 Prozent (3.)
Durchschnittlicher Startplatz: 6,0 (2.)
Qualifyingduelle:
Button vs. Hamilton: 5:14
Jenson Button (Startnummer 1):
Fahrerwertung: 5. (214 Punkte)
Gefahrene Rennen: 19/19
Siege: 2
Podestplätze: 7
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 1
Durchschnittlicher Startplatz: 6,8 (5.)
Bester Startplatz: 2.
Bestes Rennergebnis: 1.
Ausfallsrate: 10,5 Prozent (3.)
Lewis Hamilton (Startnummer 2):
Fahrerwertung: 4. (240 Punkte)
Gefahrene Rennen: 19/19
Siege: 3
Podestplätze: 9
Pole-Positions: 1
Schnellste Rennrunden: 5
Durchschnittlicher Startplatz: 5,2 (3.)
Bester Startplatz: 1.
Bestes Rennergebnis: 1.
Ausfallsrate: 15,8 Prozent (10.)
Alle 24 Adventskalender-Türen:
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05. Toro Rosso
06. Sauber
07. Force India
08. Williams
09. Renault
10. Mercedes
11. Ferrari
12. Heute: McLaren
13. Red Bull
14. Christian Klien
15. Timo Glock
16. Nick Heidfeld
17. Sébastien Buemi
18. Nico Hülkenberg
19. Adrian Sutil
20. Michael Schumacher
21. Nico Rosberg
22. Mark Webber
23. Fernando Alonso
24. Sebastian Vettel

