Ringen um Formel-1-Reglement 2017: Die Zeit wird knapp

In Hinblick auf ein neues Reglement für die Saison 2017 ist es fünf vor zwölf, eine Lösung ist kaum absehbar: Woran es hakt und warum das den kleinen Teams schadet

(Motorsport-Total.com) - Beim heutigen Treffen der technischen Arbeitsgruppe in London-Heathrow liegt wieder einmal die Formel 1 auf dem Operationstisch. Noch bis März haben FIA-Rennleiter Charlie Whiting und die Technikchefs der Teams Zeit, um ein technisches Reglement für die Saison 2017 vorzuschlagen. Danach müssen alle Entscheidungen einstimmig passieren, was in der zerstrittenen Formel 1 als sehr unrealistisch gilt.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Pastor Maldonado, Fernando Alonso

Noch ist unklar, in welche Zukunft die Formel 1 ab 2017 rasen wird Zoom

Die Zeit verrinnt, denn vor März ist nur noch ein Termin geplant - und zwar bei den Tests in Barcelona. Von einer Lösung scheint man dieser Tage weiter denn je entfernt. Die ursprüngliche Idee, ein aggressiv aussehendes Formel-1-Auto zu liefern, das um fünf Sekunden schneller ist als jetzt und über breite Reifen verfügt, ist inzwischen verwässert worden.

Mercedes argumentiert, dass der ursprünglich positiv aufgenommene Red-Bull-Vorschlag das Überholen erschwere, weil die Boliden noch mehr vom Frontflügel - übrigens eine Stärke des österreichischen Teams mit Sitz in Milton Keynes - abhängig wären. Und Pirelli meinte, dass eine Rundenzeitverbesserung von fünf Sekunden für die Reifen ein Sicherheitsrisiko darstellen würde. Also deutet derzeit alles darauf hin, dass sich nicht viel ändern wird, was den Silberpfeilen in die Karten spielen würde.

Kleine Teams geraten durch Verzögerung unter Druck

"Unser Konzept ist noch nicht vom Tisch", gibt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko gegenüber 'auto motor und sport' aber noch nicht auf. "Es könnte durchaus sein, dass die Vorschläge doch angenommen werden." Außerdem soll in Heathrow diskutiert werden, ob der von der Fahrergewerkschaft GPDA geforderte Halo-Cockpitschutz 2017 eingeführt wird. Auch diesbezüglich gibt es Zweifler, die meinen, dass das System bloß gegen ein umherfliegendes Rad, aber nicht gegen kleinere Trümmerteile wirkungsvoll sei.

"Es entsteht jetzt ziemlich viel Druck in zwei Mal sechs Stunden Diskussion, das richtige Konzept herauszufiltern", meint Force-India-Technikchef Andy Green gegenüber 'auto motor und sport', während Williams die Revolution bereits verschieben will. Und Force-India-Geschäftsführer Otmar Szafnauer fürchtet, dass unter den Verzögerungen vor allem die kleinen Teams leiden werden.

Das kleine Force-India-Team muss für jede Windkanalstunde in Köln bezahlen Zoom

"Die Verzögerungen machen es schwieriger, denn wir haben nicht die Ressourcen, den Entwicklungsbeginn auf Vermutungen zu stützen", klagt Szafnauer gegenüber 'Autosport'. "Wir müssen warten, ehe das Reglement feststeht. Wenn das der Fall ist, dann werden wir tiefer in die Materie eintauchen und unsere Ressourcen von 2016 auf 2017 verlagern." Ein paralleles Programm könne man sich kaum leisten, da man nicht wie die Herstellerteams über rund 800 Mitarbeiter verfüge.

Ecclestone kämpft weiter um neue Motoren

Was er sich vom Reglement wünscht? "Es kann nicht nur darum gehen, dass wir schneller werden", meint er. Das wäre zwar ein Fortschritt, da man sich mehr von der Nachwuchsserie GP2 unterscheiden müsse, wichtig sei aber, "dass das Reglement für 2017 Überholmanöver ermöglicht."

Bei den Motoren ist die Situation ebenfalls noch nicht komplett ausgestanden: Während sich FIA-Boss Jean Todt damit zufriedengibt, dass die Hersteller den kleinen Teams eine Senkung der Motorenpreise von rund 20 auf zwölf Millionen Euro zusichern, sieht Formel-1-Boss Bernie Ecclestone das Hauptproblem noch nicht gelöst: Die Antriebseinheiten sind so kompliziert, dass ein unabhängiger Hersteller wie Ilmor mit dem Konzept und den Kosten überfordert wäre. Die Formel 1 befindet sich somit in der Abhängigkeit von Mercedes & Co.

"Solange die Motoren nicht viel günstiger gebaut werden können, wird es Probleme geben", fürchtet Ecclestone gegenüber der 'BBC'. Im stößt sauer auf, dass die Hersteller Mercedes und Ferrari acht von elf Teams beliefern und diese somit bei Abstimmungen als verlängerten Arm benutzen können. "Wenn wir ein Treffen der Formel-1-Kommission haben, und die zwei Kerle (Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff und Ferrari-Boss Sergio Marchionne; Anm. d. Red.) gemeinsam eine Entscheidung treffen, dann können sie alles blockieren. Sie kontrollieren also die Formel 1."