Großer Preis von San Marino: Jordan-Ford-Vorschau

Der Sieg Fisichellas in Interlagos hat bei Jordan alle Probleme überstrahlt ? jetzt herrscht innerhalb des Teams Aufbruchstimmung

(Motorsport-Total.com) - So schlecht die Saison für Jordan begonnen hat, so gut könnte sie unter Umständen jetzt weitergehen. "Der Nervenkitzel eines solchen Resultats", spielte Teamchef Eddie Jordan auf Fisichellas glücklichen Sieg in Brasilien an, "ist der beste Motivationsschub, den man sich vorstellen kann."

Titel-Bild zur News: Jordan-Feier

In der Jordan-Fabrik wurde nachträglich der erste Sieg Fisichellas gefeiert

Noch im Winter stand der mit irischer Lizenz antretende Rennstall finanziell vor dem Ruin, der nur dank der Tabakmarke 'Benson and Hedges' abgewendet werden konnte, aber eine so positive Stimmung, wie sie jetzt herrscht, hat es bei Jordan schon lange nicht mehr gegeben. Der EJ13 wird vom Sieg in Brasilien zwar nicht schneller, aber die Mitarbeiter sind wieder voll motiviert und geschäftlich scheint sich die Situation langsam zu entspannen.

War Interlagos die Wende für Jordan?

"Es ist schön, unseren vierten Sieg erreicht zu haben", freute sich Eddie Jordan, "und ich hoffe, dass aus diesem Erfolg noch mehr Erfolg entstehen wird. Meine Erfahrung sagt mir, dass so ein Schlüsselerlebnis die Moral hebt. Meistens folgen dann weitere Punkte, obwohl es dafür gar keine plausible Erklärung gibt." 1998 hat Jordan nach verpatztem Saisonauftakt ja schon einmal die Wende geschafft, als Damon Hill in Spa den ersten Sieg überhaupt für die Gelben nach Hause fuhr.

Man könne sich sicher sein, fuhr der Teamchef des ? gemeinsam mit Minardi ? finanziell am meisten geplagten Stalls der Formel 1 fort, "dass das nicht Giancarlos letzter Sieg bleiben wird." Eine Wiederholung schon in Imola scheint aber unwahrscheinlich, weiß sogar "Fisico" selbst: "Ich stelle mich auf ein schwieriges Wochenende mit höheren Erwartungen von allen Seiten ein. Der Druck auf mich und das Team wird steigen."

Grundsätzlich hat er aber gute Erinnerungen an das 'Autodromo Enzo e Dino Ferrari': "Es ist mein Heimrennen. Hier habe ich mein erstes Formel-3-Rennen gewonnen und 1997 habe ich mit Jordan meine ersten Punkte in der Formel 1 geholt. Jetzt komme ich als Sieger nach Imola zurück ? elf Jahre nach dem letzten Sieg eines Italieners. Natürlich bin ich da sehr aufgeregt." Quasi zur Entspannung tritt er daher am Mittwoch zum jährlichen Fußballmatch für einen wohltätigen Zweck an.

Fisichella lechzt nach weiteren Siegen

Mika Hakkinen und Kimi Räikkönen sind nach ihrem ersten Triumph förmlich explodiert ? kann das jetzt auch ein Giancarlo Fisichella schaffen? Der Italiener hat 110 Rennen oder mehr als sieben Jahre auf seine Sternstunde warten müssen, da ist jetzt der Hunger nach mehr klarerweise vorhanden. Etwas Kurioses hatte Brasilien 2003 aber schon, gab er zu: "Ich bin wahrscheinlich der erste Fahrer der Geschichte, der am Freitag gewonnen hat und erst eine Woche später dafür geehrt wird..."

Die zusätzliche Siegerehrung am Freitagmorgen hat das Jordan-Team motivationstechnisch aber gar nicht mehr nötig. Durch die Mannschaft ist ein spürbarer Ruck gegangen, die Belegschaft in der Fabrik wurde während der Urteilsverkündung durch die FIA von Eddie Jordan und Fisichella persönlich per Telefon auf dem Laufenden gehalten. Anschließend wurde kurz gefeiert, aber dann umso härter für die bevorstehende Europasaison gearbeitet.

Erster Punkt auf der Agenda war laut Technikchef Gary Anderson die Radaufhängung: "Das Team hat daran gearbeitet, die strukturellen Schäden der Vorderachse, die bei Ralph in Malaysia und Brasilien aufgetreten sind, zu beseitigen. Wir kennen das Problem und beschäftigen uns damit. Die Abflüge waren nicht Ralphs Schuld und es war nur Pech, dass es jeweils ihm passiert ist. Jetzt bekommt er ein neues Chassis und hoffentlich kann er damit seinen Speed unter Beweis stellen."

Anderson steht voll und ganz hinter Ralph Firman

Firman konnte bisher noch nicht überzeugen, aber Anderson traut ihm dennoch viel zu: "In Brasilien war er auf genau derselben Strategie wie Giancarlo und er war genauso schnell wie jeder andere Fahrer auf Bridgestone-Reifen. Ich spekuliere nur sehr ungern, aber wenn das Rennen für Ralph anders ausgegangen wäre, hätten wir am Ende vielleicht sogar alle beiden Fahrzeuge auf dem Siegespodest gehabt."

Firman selbst gab sich vor Imola relativ bedeckt: "Giancarlos Sieg ist ein großartiger Schub für die Motivation und das Selbstvertrauen im Team. Ich weiß, dass das Team hart daran gearbeitet hat, die Aufhängungsprobleme, die meine bisherigen Rennwochenenden beeinträchtigt haben, zu beseitigen, und hoffe daher auf ein gutes Rennen in San Marino." Bisher steht für ihn ja nur ein zehnter Platz in Malaysia zu Buche.

Indes meldete sich vor Imola auch erstmals Martin Leach, Präsident von Ford Europa, zu Wort. Leach betonte, der Sieg in Brasilien unterstreiche den Wert, den man bei Ford auf das Engagement in der Formel 1 legt, und zeigte sich selbst "unglaublich erfreut" darüber: "Nichts kann einer neuen Partnerschaft besser tun als ein Sieg."