Panis: "Haben ein viel besseres Auto erwartet"

Der Toyota-Pilot im Gespräch mit 'F1Total.com' über den bisherigen Saisonverlauf, das Rennen in Spa und den TF104B

(Motorsport-Total.com) - Am Mittwoch, einen Tag vor seinem 38. Geburtstag, traf sich 'F1Total.com' im malerisch-historischen Sporting Club von Monza im Kreis einiger Journalisten mit Olivier Panis zum Abendessen. Der dienstälteste Formel-1-Pilot der Gegenwart machte dabei einen überaus professionellen, aber keineswegs lockeren Eindruck - wohl im Wissen, dass er sein Cockpit bei Toyota an Jarno Trulli verlieren wird.

Titel-Bild zur News: Olivier Panis

Nachdenklich: Olivier Panis diese Woche beim Testen in Monza

Seine größten sportlichen Erfolge feierte Panis in den 90er-Jahren für das Ligier-Team, aus dem 1997 Prost wurde. Der zweifache Familienvater, der von seiner Frau Anne gemanagt wird und intern bei Toyota hohes Ansehen genießt, gewann 1996 mit einer tadellosen fahrerischen Leistung völlig überraschend den chaotischen Grand Prix von Monaco und war 1997 bis zu seinem folgenschweren Unfall in Montreal einer der heißesten Anwärter auf Podestplätze.#w1#

Jahr als Testfahrer rettete vielleicht Panis' Karriere

Als er für die Saison 2000 kein Renncockpit mehr fand, schien seine Karriere schon beendet, ein Jahr als Testfahrer bei McLaren-Mercedes brachte sie aber wieder in Schwung. Panis heuerte bei BAR-Honda an, zog sich dort gegen Jacques Villeneuve achtbar aus der Affäre und unterschrieb ab 2003 für zwei Jahre bei Toyota. Dort sind seine Erwartungen bisher nicht ganz erfüllt worden, worüber er entsprechend enttäuscht ist.

Frage: "Olivier, was kannst du vom Toyota-Event in Köln berichten?"
Olivier Panis: "Mir ist der erste Gang gebrochen. Es war schon ein altes Getriebe und wir haben Räder durchdrehen lassen, uns gedreht und so weiter, und dabei ist der Gang kaputt gegangen. Der hat nicht lange gehalten..."

Frage: "War es aus deiner Sicht eine gute Veranstaltung?"
Panis: "Ja, es war eine gute Idee. Wenn so viele Leute kommen, die daran ihren Spaß haben, dann passt das schon. Ich halte das für eine gute Idee, ehrlich. Wir sollten das nächstes Jahr wieder machen, denn Formel-1-Sound klingt schließlich sehr schön."

Frage: "Toyota hatte dort auch einige Sportwagen. Kannst du dir vorstellen, eines Tages in Le Mans anzutreten?"
Panis: "Eigentlich nicht. Das ist kein Rennen, das mich besonders reizt. Ich könnte es mir unter Umständen vorstellen, wenn ein Unternehmen wie Toyota ein großes Projekt daraus macht, wie es vor ein paar Jahren schon einmal der Fall war, aber prinzipiell hält sich mein Interesse in Grenzen."

"Immerhin ein Punkt" - Panis mit Spa nicht unzufrieden

Frage: "Kannst du etwas zum letzten Rennen in Spa sagen?"
Panis: "Naja, eigentlich war das gar nicht so schlecht, denn ich wurde Achter und habe immerhin einen Punkt geholt, aber es ist natürlich schade für Ricardo, der Vierter hätte werden können. Auch dem Team sind so ein paar wichtige Punkte entgangen. Das Qualifying im Regen ist ganz gut für mich gelaufen, aber in der ersten Kurve wollte ich einige Konkurrenten überholen und dabei ist meine Nase kaputt gegangen. So etwas kann passieren. Es ist natürlich schade, denn sonst wäre vielleicht mehr drin gewesen als der achte Platz, aber es war ein verrücktes Rennen - so viele Unfälle und Safety-Car-Phasen. Unser Problem war, dass wir als einziges Team die harten Reifen hatten, denn das machte es schwierig, die Reifen hinter dem Safety-Car auf Temperatur zu bekommen. Dadurch habe ich einen Platz an den Jaguar verloren. Wir arbeiten hart, das Team befindet sich auf dem richtigen Weg, glaube ich. Auch für Monza arbeiten wir hart. Der eine Punkt von Spa mag jetzt nicht nach viel aussehen, aber am Ende des Jahres könnte das anders sein."

Frage: "Ist Eau Rouge voll gegangen?"
Panis: "Mit meinem Auto ging sie ganz locker voll, ja. Das war sehr gut. Bei meinem Teamkollegen Ricardo war es nicht so, denn er hatte dort einen wirklich schlimmen Unfall vor ein paar Jahren und da fehlte ihm das Vertrauen, aber das Auto hat sich in Eau Rouge gut angefühlt."

Frage: "Wisst ihr schon, was der Grund für Ricardos Motorschaden war?"
Panis: "Soweit ich weiß, war es ein Pleuelschaden. Es ist zwei Jahre kein Motor mehr auf diese Weise kaputt gegangen. Das ist natürlich bitter für Ricardo.

Vom TF104B hatte man sich deutlich mehr erwartet

Frage: "Wie funktioniert das neue Auto eigentlich?"
Panis: "Ganz gut. Es ist ein Fortschritt gegenüber dem Auto, das wir am Anfang hatten. Die Richtung stimmt, auch wenn man natürlich nie genug Performance haben kann. Der Rückstand ist ein bisschen geringer geworden und wir arbeiten weiterhin hart, haben auch einige kleinere neue Teile für Monza. Wie gesagt, man wünscht sich immer mehr, aber mit dem Material, das uns zur Verfügung steht, holen wir im Moment das Maximum raus."

Frage: "Kannst du die Hauptunterschiede zwischen dem TF104 und dem TF104B erklären?"
Panis: "Darüber müsste man mit Mike Gascoyne sprechen. Mehr oder weniger geht es eigentlich nur um die Aerodynamik - die Motorabdeckung ist zum Beispiel ein bisschen anders, die Nase, der Heckflügel, der Unterboden. Alles bezieht sich nur auf die Aerodynamik, mechanisch ist das Auto genau gleich wie vorher."

Frage: "Merkt man beim Fahren einen Unterschied?"
Panis: "Der TF104B hat ein wenig mehr Grip und ist ein bisschen schneller. Von der Balance her hat sich nicht viel geändert, Unter- oder Übersteuern war aber auch mit dem alten Auto kein echtes Thema. Nur der Speed ist unser Problem."

Frage: "Hast du dir vom B-Auto einen größeren Fortschritt versprochen?"
Panis: "Ich habe mir schon mehr erwartet, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Alle haben sich mehr erwartet, aber man muss mit dem auskommen, was man hat. Irgendwo muss man auch anerkennen, was man ist und was nicht, und in dem speziellen Fall ist ja auch zu erwähnen, dass es ein ganz neues Chassis ist."

"Ich bin ehrlich gesagt schon ein bisschen enttäuscht"

Frage: "Wenn du jetzt die bisherige Saison Revue passieren lässt, wie fällt dann deine Bilanz gemessen an den Erwartungen im Winter aus?"
Panis: "Ich bin ehrlich gesagt schon ein bisschen enttäuscht, aber da geht es allen im Team so, denn wir haben verglichen mit vergangenem Jahr ein viel besseres Auto erwartet. Im ersten Jahr gab es ein paar Höhen und Tiefen, aber es waren viel versprechende Rennen dabei. Daher habe ich mir viel für dieses Jahr erwartet. Alle haben viel erwartet. In Australien mussten wir verstehen, wo wir eigentlich stehen, und das war schon ein Schock für uns. Von dem Punkt an musste die Devise lauten, mit dem Auto, das wir haben, das Beste aus den Möglichkeiten zu machen und laufend weiterzuentwickeln. Mike Gascoyne ist zu uns gekommen, aber er kann auch nicht über Nacht alle Probleme lösen, sondern muss erst einmal die ganzen Systeme umstellen. Wir haben Fortschritte gemacht, unseren Rückstand ein bisschen verkürzt, aber während der Saison entwickeln sich alle anderen Teams auch weiter. Ferrari hat ja auch bei jedem Rennen neue Teile, auch wenn sie es nicht jedem erzählen. Alle bewegen sich und es ist schwierig, da aufzuholen. Wenn du am Anfang ein schlechtes Auto hast, kannst du das Ding fast nicht mehr drehen - die Ausnahme ist McLaren, die haben das in diesem Jahr geschafft, aber sie sind ein Team mit viel Erfahrung und vielen Angestellten. Wir haben auch gute Mitarbeiter und alles, was man braucht, aber die Erfahrung fehlt uns eben noch. Die müssen wir erst aufbauen."

Frage: "Ist dein Setup in der Regel ähnlich wie das von Ricardo oder eher nicht?"
Panis: "Da liegen wir eigentlich nicht so weit auseinander. Ich habe schon sehr viel Erfahrung und kenne alle Strecken gut, daher komme ich manchmal schneller auf das richtige Setup als er. Dann tauschen wir unsere Erfahrungen aus und es kommt manchmal zu einem Mix zwischen seinen Erkenntnissen und meinen. Am ersten Tag orientiert er sich meistens ein bisschen an mir und dann arbeiten wir zusammen. Aber unsere Setups sind ähnlich."

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