Meeting entscheidet Formel-1-Zukunft: Letzte Chance für 2017

Morgen wird sich die Strategiegruppe noch einmal treffen, um über die Regeln für 2017 zu diskutieren: Einigt man sich nicht, werden Änderungen fast unmöglich

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 steht vor einem entscheidenden Tag. Können sich Teams und Regelhüter beim Treffen der Strategiegruppe am morgigen Dienstag nicht einigen, dann stehen die geplanten neuen Regeln für 2017 auf der Kippe. Denn später am Nachmittag tagt die Motorsport-Kommission, bevor am 4. März der Weltrat der FIA zusammenkommt, der die Beschlüsse ratifizieren muss. Alles, was nach dem 29. Februar noch offen ist, müsste einstimmig beschlossen werden, was in der Formel 1 eigentlich so gut wie nicht zu realisieren ist.

Titel-Bild zur News: Felipe Nasr

Schneller und spektakulärer? Die Formel-1-Zukunft liegt noch im Trüben Zoom

Das Problem ist allerdings die Macht der großen Hersteller. Sie können sich gegen alle möglichen Regeländerungen stellen, um selber keinen Nachteil zu haben. Ferrari besitzt sogar seit einigen Jahren ein Vetorecht, mit dem sie alle großen Änderungen im Keim ersticken können. Immer wieder wird die Strategiegruppe dafür kritisiert, dass sie zwar über viele Dinge diskutiert, aber letzten Endes nie Veränderungen vorantreibt.

Auch Formel-1-Boss Bernie hat mittlerweile die Nase voll davon. Der Brite wettert nun gegen sein eigenes Produkt und erklärt, die Königsklasse sei "so schlecht wie nie", weil man sich in die Hand der Motorenhersteller begeben habe. "Sie bilden ein illegales Kartell", rümpft er die Nase - passend einen Tag vor der Sitzung der Strategiegruppe. Doch im Grunde zeichnet sich der Brite mitverantwortlich dafür, wie die Situation heute ist.

140, 160 oder 180 Zentimeter?

Morgen geht es um nicht weniger als die Zukunft der Formel 1, wenn noch einmal über das Reglement ab 2017 diskutiert werden soll. Eigentlich galt ein von Red Bull eingereichter Vorschlag mit einem 180 Zentimeter breiten Auto als beschlossene Sache, doch mittlerweile sind viele Teams gegen den Vorschlag, weil die Bullen dadurch einen Erfahrungsvorsprung haben könnten. Es heißt, dass die Autos damit fünf Sekunden pro Runde schneller sein könnten.

Studie 2017, Andries van Overbeeke

Die Formel-1-Autos sollen wieder breiter und aggressiver aussehen Zoom

Reifenhersteller Pirelli spricht sich wiederum ebenfalls gegen die breiten Autos aus, weil man mit seinen Reifen Sicherheitsprobleme fürchtet, weil man die gestiegenen Kräfte nicht kennt. Die Italiener hätten gerne ein Auto, das nur 140 Zentimeter breit ist und somit nur rund drei Sekunden schneller wäre. Es heißt, dass FIA-Präsident Jean Todt sich ebenfalls für die 180-Zentimeter-Variante ausspricht, weil dies Konkurrent Michelin noch eine Tür öffnen könnte.

Bei Force India hat man die gleichen Bedenken: "Das Red-Bull-Konzept ist radikal, aber ich bin mir nicht sicher, dass wir Reifen herstellen können, die damit zurechtkommen werden. Ich bin mir nicht sicher, dass das durchkommen wird", sagt Geschäftsführer Otmar Szafnauer. Womöglich gibt es aber bald eine Kompromissvariante, denn McLaren hat ein Auto mit einer Breite von 160 Zentimetern ins Spiel gebracht. Jetzt muss sich die Strategiegruppe dringend einigen.

Formel 1 muss aufregender werden - aber wie?

"Es ist völlig unklar, wer morgen für was stimmt. Es wird ein spannender Tag", meint Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Designer Adrian Newey sagt: "Hoffentlich wird es morgen eine Einigung geben. Die größte Gefahr ist die Tendenz der Teams auf ihr eigenes Interesse zu schauen anstatt auf das des Sportes." Das es so kommen wird, davor fürchtet sich auch McLaren-Rennleiter Eric Boullier: "Ich weiß nicht, ob wir eine Einigung erzielen werden. Wenn nicht, dann haben wir ein Problem", so der Franzose, "denn dann reicht ein Mehrheitsbeschluss nicht mehr aus, und es muss einstimmig entschieden werden. Morgen ist es die letzte Chance, eine Einigung zu erzielen."


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Doch im Grunde seien sich ja alle Beteiligten einig: "Wir wollen die Formel 1 aufregender und spannender machen", weiß Boullier. Das sieht man auch bei Force India so, die laut Szafnauer dafür stimmen werden, "was das Beste für die Fans ist". Was das konkret heißt, wird sich erst noch zeigen, doch der Geschäftsführer sagt: "Wir müssen uns von der GP2 abheben. Manchmal haben wir Autos, die nur leicht schneller sind. Die Autos haben die Möglichkeit, schneller auszusehen. Wenn sie auch schneller sind, ist das gut für alle."

Dass die Formel 1 aufregender und schneller werden muss, darüber sind sich also alle Beteiligten einig - doch das wie ist noch das große Fragezeichen. Eine Option bleibt daher weiterhin, die Diskussionen zu verlängern und Änderungen erst ab 2018 einzuführen. Doch das hält Eric Boullier für nicht optimal: "Ich denke, dass das ein Fehler wäre", sagt er.

FIA nimmt sich Druckmittel

Adrian Newey sieht schon die aktuelle Schwebe-Situation als nicht optimal an. Denn die Teams denken trotz der noch nicht begonnenen Saison 2016 bereits an das kommende Jahr. "Die Teams sind beim Chassis in einem Zeitfenster, in dem es erste CFD-Studien gibt und man der FIA Feedback geben kann", so der Designer. Zudem habe es ja auch bereits eine Vorarbeit durch Teams gegeben, die aber vorerst gestoppt wurde. "Ich finde, dass das eine verlorene Möglichkeit ist", sagt Newey, der sich eigentlich möglichst viele Freiheiten wünscht. "Wenn wir ein offeneres Reglement hätten, wäre die Arbeit viel kreativer."


Fotostrecke: Alle Formel-1-Autos 2016: erste Streckenbilder

Doch die Rechnung darf man nicht ohne die Macht der großen Hersteller wie Ferrari und Mercedes machen, die ihre Vormachtstellung nicht verlieren wollen. Zuletzt hatten die Hersteller wieder einmal einen Sieg feiern können, weil die FIA den Plan eines günstigeren Alternativmotors verwarf, nachdem die Hersteller einige Zugeständnisse für die Motoren gemacht hatten. So sollen die Power-Units ab 2017 zwei Millionen Euro günstiger werden und ab 2018 "nur" noch zwölf Millionen pro Jahr kosten. Doch das findet Christian Horner, dessen Team für den Alternativmotor plädierte, nicht genug.

"Die FIA hätte den Billigmotor als Druckmittel bis zum Schluss im Spiel halten sollen, um etwas gegen die Hersteller in der Hand zu haben", sagt der Brite. Und auch Bernie Ecclestone ist nicht begeistert, dass Jean Todt wieder einmal einknickte. "So kann man die Formel 1 nicht führen. Er sollte seinen Posten räumen", schimpft er - wohl wissend, dass morgen einer der wichtigsten Tage für die Zukunft der Formel 1 ist.