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  • 30.08.2001 09:36

  • von Marcus Kollmann

Barrichello: "Im Regen zählt das Fahrgefühl für das Auto"

Barrichello beschreibt, worauf es bei der Fahrt im Regen ankommt und welche Besonderheiten aus Fahrersicht zu beachten sind

(Motorsport-Total.com) - Wenn man an den Großen Preis von Belgien denkt, so fällt einem neben den berühmten Kurven wie der Eau Rouge oder Blanchimont auch das Ardennen-Wetter ein, welches bisher beinahe an jedem Rennwochenende in Spa-Francorchamps für Überraschungen sorgte. Grundsätzlich denkt man beim Wetter auf dem 6,968 Kilometer langen Kurs immer an Regen, welcher ganz einfach zu diesem Formel-1-Grand-Prix zu gehören scheint. Rubens Barrichello gilt unter den insgesamt 22 Fahrern des diesjährigen Starterfeldes als Regenspezialist. Der Brasilianer, dem es nichts ausmacht, sollte das Rennen dieses Wochenende im Regen stattfinden, beschreibt uns was das Geheimnis der Fahrzeugbeherrschung eines Formel-1-Boliden im Regen ist.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Bei der Fahrt im Regen muss man sich mehr konzentrieren, sagt Barrichello

"Ich denke, dass viele Leute im Regen gut sind, jedoch sehe ich meine eigene Stärke in der Improvisation, entsprechend den Streckenbedingungen meine ich. In der heutigen Formel 1, wenn es zu Rennmitte beginnt zu regnen, bleiben einem nur wenige Sekunden die Reifen zu wechseln. Man hat kaum Zeit an der Abstimmung des Autos etwas zu ändern. Manchmal kommt es auch vor, dass der Regen erst 10 Runden vor Rennende oder in der Qualifikation einsetzt. So, wie es 1999 zum Beispiel in Magny-Cours der Fall war. Wichtig ist deshalb, dass man in der Lage ist zu improvisieren. Man muss einfach auf die Strecke gehen und die Bedingungen herausfinden. Beispielsweise muss man bedenken, dass man in den Kurven eine andere Linie fährt als unter trockenen Bedingungen. Ich finde, dass ich das gut beherrsche. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich seit ich sechs Jahre alt war im Go-Kart auf Slicks in Interlagos unter allen Bedingungen gefahren bin. Das hat mir, glaube ich, ein Gefühl für das Fahren im Regen gegeben", erklärt Barrichello.

Ein anderer wichtiger Faktor ist eine richtige Auffassung darüber, wie nass die Strecke denn nun wirklich ist, sagt der 29-Jährige Ferrari-Pilot, dessen Ziel der Vizeweltmeistertitel ist. "Man muss die Risiken kalkulieren, abwägen und dann vor jeder Kurve eine schnelle Entscheidung in Bezug darauf, welche Linie man fährt, wie hart man bremst und so weiter, treffen. Man benötigt einfach eine gewisse Sensibilität, ganz einfach weil die Strecke in der einen Runde nur einfach nass sein kann, während man in der nächsten Runde schon vielleicht mit Aquaplaning konfrontiert wird. Zweifelsohne kann man besser mit der Situation umgehen, wenn es von Beginn des Rennens an nass gewesen ist. Dann hat man nämlich für gewöhnlich die Möglichkeit gehabt die Abstimmung des Autos anzupassen und wenn dem so ist, dann können viele Fahrer unter diesen Bedingungen gut sein. Mir persönlich gefällt es aber am Besten, wenn ich flexibel sein muss und sich das Wetter nach dem Rennstart beginnt zu verändern."

Barrichello, der letztes Jahr auf dem Hockenheimring im Regen das Rennen gewann weil er im Gegensatz zur Konkurrenz nicht noch einmal die Reifen wechseln ließ, weiß, dass viele Rennen durch die Entscheidung, pro oder kontra Trocken- beziehungsweise Regenreifen gewonnen oder verloren wurden. "Wenn die Strecke nur wenig nass ist, kann man den vor einem fahrenden Fahrer sehen. Ganz einfach weil es weniger Gischt gibt, jedoch ist die Strecke unter diesen Bedingungen meistens am rutschigsten. Die vermutlich gefährlichste Situation stellt sich aber dann ein, wenn die Strecke schon abgetrocknet ist, sodass einem Einsatz der Trockenreifen nichts entgegensteht, während gleichzeitig die Luft- und Streckentemperaturen bescheiden oder kalt sind. Man fährt dann auf angewärmten Trockenreifen aus der Box und muss versuchen die Reifentemperatur konstant oben zu halten", verrät "Rubhino" weiter.

Da Formel-1-Boliden nicht wie Straßen-Pkw über die Gischt mindernde oder unterbindende Verkleidungen verfügen, bedeutet die geringe Sichtweite für die Fahrer ein zusätzliches Risiko, welches Barrichello sehr gut kennt: "Ich erinnere mich noch an das Rennen in Magny-Cours 1999, wo die Sicht total eingeschränkt war. Man musste sich einfach anhand der roten Hecklampe des Vordermannes orientieren. Ich musste darüber hinaus sehr oft nach links oder rechts auf die Strecke schauen, um so einen Bremspunkt ausmachen zu können. Es ist wirklich eine schwierige Situation, denn wenn man zu schnell fährt könnte man in das Heck eines anderen Rennfahrers krachen und wenn man zu langsam unterwegs ist besteht die Gefahr, dass einem selbst jemand hinten rein fährt. Schlussendlich hängt es einfach vom richtigen Gefühl für das Auto ab. Im Regen einen Grand Prix zu fahren ist physisch gesehen nicht besonders anstrengend, ganz einfach auch weil die Teile des Autos weniger belastet werden, jedoch muss man sich sehr stark konzentrieren, weshalb es von mentaler Seite her härtere Arbeit ist."

Um gebührend für das Rennen in Spa-Francorchamps vorbereitet zu sein, hatte Ferrari in der letzten Woche in Mugello und Fiorano getestet und die Strecke auch einmal unter Wasser gesetzt, um so die Bedingungen von Spa zu simulieren und auf alle Eventualitäten vorbereit zu sein. "Es war ein guter Test und es war schön, dass andere Teams ebenfalls in Mugello waren. Normalerweise testen wir dort immer alleine, aber diesmal konnten wie Vergleiche mit den anderen Teams anstellen. Wir haben uns teils speziell auf Belgien konzentriert, ganz einfach weil die Strecke Mugello viele Gemeinsamkeiten mit Spa-Francorchamps aufweist", ließ der 29-jährige Brasilianer wissen, dass die Testfahrten positiv verliefen und ihm Freude machten.

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