Wieder Funkzoff bei Ferrari: Leclerc sicher, dass Einstopp besser war
Ferrari hat über den erstaunten Kopf von Charles Leclerc hinweg die Strategie für den Kanada-Grand-Prix bestimmt - P5 für Leclerc aber nach Patzern das Maximum
(Motorsport-Total.com) - Ferrari und der Zoff am Funk - fast schon ein Klassiker in der Formel-1-Saison 2025. Auch beim Rennen in Kanada gab es zwischen Fahrer und Ingenieur wieder hitzige Diskussionen. Diesmal im Mittelpunkt: Charles Leclerc, der mit der Strategieabteilung seines Teams alles andere als zufrieden schien und die Taktik mehrfach kritisch hinterfragte.

© LAT Images
Charles Leclerc war in Kanada in einige Debatten verwickelt Zoom
Zunächst sagte man dem Monegassen, der auf harten Reifen gestartet war, dass man auf Plan B gehe. Leclerc hätte jedoch lieber Plan C - soweit noch alles im Rahmen. Als er in Runde 28 wieder auf harte Reifen gesetzt wurde, war er jedoch schon skeptisch: "Ich verstehe diese Wahl nicht", sagte er.
Und wenig später legte er nach: "Warum sind wir in die Box gekommen? Ich habe doch gerade gesagt, dass die Reifen in Ordnung waren."
Genau andersherum war es dann rund um den zweiten Stopp, als Leclerc seiner Meinung nach viel zu lange draußen war: "Worauf warten wir mit dem Stopp?", fragte er. Die Antwort vom Team, dass man nicht zu viele Runden auf dem Medium möchte, war für ihn Unsinn: "Das verstehe ich nicht. Für mich ist der Medium ein guter Reifen."
Leclerc: Einstopp wäre besser
Nach dem Rennen erklärt der Ferrari-Pilot seinen Gedankengang: "Ich war ziemlich sicher, dass der Einstopp für mich besser gewesen wäre", begründet Leclerc bei Sky seine Verwunderung über den frühen ersten Stopp.
"Ich dachte, ich wäre am Anfang gut mit den Reifen umgegangen, und habe dann im ersten Stint gesehen, dass die Medium-Fahrer ziemlich selbstbewusst auf ihren Reifen pushen konnten. Also war ich ziemlich überzeugt, dass der Einstopp der richtige Weg wäre. Aber dann haben wir uns anders entschieden", zuckt er mit den Schultern.
Der von Leclerc vorgeschlagene Plan C war wohl der Einstopp. "Wir waren uns irgendwann einig, aber dann hat das Team entschieden, doch auf zwei Stopps zu setzen, womit ich in dem Moment nicht einverstanden war", sagt er. "Aber letztlich hat das Team an der Boxenmauer mehr Informationen als ich im Auto."
Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur gibt zu, dass man weiter hinten im Feld weniger zu verlieren hat und durchaus ein Risiko eingehen kann, "aber es wäre für uns etwas zu optimistisch gewesen, 50 Runden mit dem harten Reifen durchzufahren", so der Franzose.
"Uns haben am Wochenende wohl auch ein paar Runden gefehlt, um das besser einschätzen zu können." Das lag auch übrigens an einem Fehler von Leclerc, der nach einem Unfall am Freitag fast den kompletten Trainingstag inklusive Longruns verpasste.
"Schlechtes Ergebnis lag an mir"
Trotzdem bleibt Leclerc der Überzeugung, dass ein Stopp für ihn besser gewesen wäre. Allerdings glaubt er auch, dass es für ihn am Ende keinen Unterschied gemacht hätte und er ohnehin Fünfter geworden wäre. "P5 war das Beste, was möglich war."
Dass es kein besseres Ergebnis wurde, dafür macht er aber einzig und alleine sich verantwortlich: "Vielleicht hätte die Strategie heute besser sein können, aber letztlich war es die Startposition, die uns heute zurückgeworfen hat", räumt er ein. "Das schlechte Ergebnis lag mehr an meinem Fehler in P1 und dem Verkehr gestern als an allem anderen."
Leclerc war das Rennen nämlich nur von Startposition acht aus angegangen, nachdem er in Q3 hinter Isack Hadjar einen Fehler machte und beinahe in die Mauer gefahren wäre. Ohne das hätte ein besseres Ergebnis möglich sein können, doch Leclerc winkt ab.
"Ich will am Ende des Tages nicht mit 'hätte' argumentieren. Ich habe es einfach nicht komplett zusammengebracht", räumt er ein.
"Ich denke, Mercedes hatte dieses Wochenende wohl die Oberhand, Red Bull ist konstant da, McLaren war ein bisschen ins Hintertreffen geraten, und wir waren da in ihrem Bereich. Wo wir am Ende genau gelandet wären, weiß ich nicht, aber an diesem Wochenende habe ich wohl nicht das Maximum aus dem Auto herausgeholt, denn ich denke, das Potenzial war gut."
Vasseur: In Kanada an sauberer Ausführung gescheitert
Das Potenzial hatte sich mit Leclercs Bestzeit im ersten Sektor in der abgebrochenen Q3-Runde angedeutet, denn dort hatte man laut Vasseur eigentlich seinen Schwachpunkt. "Ich will nicht sagen, dass wir die Pole geholt hätten, aber wir wären gut dabei gewesen", meint er.
Aber: "Wir haben insgesamt zu viele Fehler gemacht, angefangen mit dem Crash in FT1, dem Fehler im Qualifying, dem Murmeltier im Rennen. Am Ende sind die Abstände so eng. Ich spreche nicht nur von Rundenzeiten oder Rennergebnissen, sondern davon, dass sich die Positionen von einem Wochenende aufs nächste schon durch Kleinigkeiten ändern", so Vasseur.
Als gutes Beispiel dafür nimmt er Mercedes. "Die waren die letzten drei Wochenenden nirgendwo, und jetzt haben sie beide Autos auf dem Podium. Ich glaube nicht, dass sie das Auto komplett verändert haben", sagt er. "Sie waren vom ersten Freitagstraining an gut vorbereitet. Ehrlich gesagt war an diesem Wochenende aus verschiedenen Gründen unser Fokus nicht immer da."
In Österreich in zwei Wochen verlangt er von seinem Team ein sauberes Wochenende. "Genau daran sind wir in Kanada massiv gescheitert."


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