• 13.03.2015 12:26

  • von Dieter Rencken

Honda verspricht: "Wollen noch 2015 ein Rennen gewinnen"

Motorsportchef Yasuhisa Arai im 'Motorsport-Total.com'-Interview: Warum Honda nicht auf weitere Kundenteams angewiesen ist und das Token-System begrüßt

(Motorsport-Total.com) - Die Eindrücke der Formel-1-Testfahrten in Jerez und Barcelona lassen die Vermutung zu, dass Honda die Lust auf die Königsklasse vergangen wäre, ehe die Japaner überhaupt ihr erstes Rennen nach dem Comeback an der Seite McLarens bestritten haben. Pustekuchen! Motorsportchef Yasuhisa Arai zeigt sich motivierter als je zuvor und betont, dass sein Unternehmen von seinen hohen Zielen nicht abgerückt ist. Er spricht sogar davon, noch im Jahr 2015 zu siegen und eines Tages Mercedes zu überflügeln.

Frage: "Herr Arai, was will Honda in der Formel 1 erreichen?"
Yasuhisa Arai: "Wir wollen in der Formel 1 als Antriebslieferant gewinnen. Auf der anderen Seite wollen wir uns in Sachen Umweltfreundlichkeit als führendes Unternehmen präsentieren, indem wir Hybridmotoren liefern und gute Straßenautos produzieren."

Frage: "Hat Ihr Engagement eher Imagegründe, gibt es einen technischen Anlass oder geht es darum, Geld zu verdienen?"
Arai: "Von allem etwas. Natürlich gibt es technische Gründe. Das neue Reglement ist eine sehr große Herausforderung, was das Haushalten mit Energie betrifft. Für Ingenieure sind das Technologien, die ihnen alles abverlangen. Das ist die Vision unseres Unternehmens. Der Motorsport ist ein Teil unseres Erbes. Die neue Technologie bietet eine besondere Herausforderung. Die Formel 1 ist überhaupt die größtmögliche Aufgabe, der wir uns stellen können."

Mitarbeiterzahl bleibt ein Firmengeheimnis

"Vielleicht wissen Sie, dass Soichiro Honda der Vater unseres Unternehmens ist. Als es noch jung war, haben wir uns der Formel 1 und dem Motorradsport verschrieben - damals als kleines Licht. Wir haben die Strecke in Suzuka gebaut. Für eine so kleine Firma ist das gewaltig! Wir wollten im Rennsport wirklich angreifen."

Frage: "Honda hat die Formel 1 früher genutzt, um Ingenieure zu schulen, sie dann wieder abberufen und so für rege Fluktuation gesorgt. Passiert das wieder?"
Arai: "Ja. Der Sinn ist es, etwas an der Strecke zu lernen. Ich würde die Ingenieure gerne wieder so oft wie möglich austauschen."

Frage: "Wie viele Ingenieure arbeiten in Japan und in Großbritannien am Formel-1-Projekt?"
Arai: "Das ist ein Firmengeheimnis. Aber es sind nicht so viele wie in der jüngsten Ära, als wir noch ein Werksteam waren und ein eigenes Chassis bauten. Jetzt konzentrieren wir uns auf den Antriebsstrang."


Fotostrecke: Honda-Meilensteine in der Formel 1

Frage: "Sind es 300 Leute?"
Arai: "Wir kümmern uns um das Design, um die Tests, um die Simulatoren. Da ist nicht mehr so viel nötig wie zu den Zeiten, in denen 'Testen, Testen, Testen' die Maxime war. Es hat sich in diesem Punkt etwas massiv geändert. Wenn man nur ein Team hat, dann braucht es nicht so viel."

Neue Kundenteams: Honda wartet, wirbt aber nicht

Frage: "Was genau wird an den Standorten gemacht? Die Produktion ist in Japan?"
Arai: "Ja, die Teile für den Antrieb werden nach Woking geliefert oder direkt an die Rennstrecke verschifft. In Milton Keynes befindet sich unsere britische Dependance. Sie ist sehr klein. Dort soll nur auf dem Prüfstand sichergestellt werden, dass die Antriebe funktionieren. Fast alle Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind, kommen an die Rennstrecke. Wenn irgendetwas passiert, können wir dort produzieren, aber normalerweise ist das nicht vorgesehen."

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Kevin Magnussen sorgte in Melbourne für Kleinholz, nicht für neuen Glanz Zoom

Frage: "Wie viele Mitarbeiter sind in Großbritannien?"
Arai: "Weniger als 20 und weniger als 15 kommen mit zu den Rennen."

Frage: "Ziehen Sie es in Betracht, weitere Teams zu beliefern?"
Arai: "Das weiß ich momentan nicht. Natürlich könnten wir das, sofern wir die Anfrage eines Teams erhalten. Wir ziehen das in Betracht. Aber es ist doch erst das erste Rennen! Niemand weiß, ob überhaupt jemand unseren Antriebsstrang haben will!"

Frage: "Sie warten also darauf, dass Teams an Sie herantreten. Oder werden Sie auch selbst aktiv?"
Arai: "Wir sind mit McLaren im Bunde. Das ist McLaren-Honda. Also tun wir das nicht."

Frage: "Und nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob Sie 'Ja' oder 'Nein' sagen?"
Arai: "Das weiß nicht! Einerseits ist es eine geschäftliche Entscheidung. Mich berührt das nicht. Die Firma muss darüber nachdenken. Schwer vorstellbar, wie solche Kriterien aussehen könnten."

"Wir sind McLaren verschrieben." Yasuhisa Arai

Frage: "Aber würde es nicht bei der Entwicklung helfen und darüber hinaus Kosten sparen?"
Arai: "Wir sind McLaren verschrieben. Alles andere kommt danach. Die Daten reichen aus, um unseren Antrieb voranzubringen. Wir würden von einem anderen Team kaum mehr Daten bekommen, sodass es am Ende keinen Unterschied macht."

McLaren baut nur das Getriebe selbst

Frage: "Hat es Sie überrascht, dass sich das System mit den Token geändert hat und Honda plötzlich im Nachteil war?"
Arai: "Ich weiß nicht, wie sich die Situation jetzt gerade entwickelt hat (FIA-Zuweisung der durchschnittlich offenen Token anderer Hersteller an Honda, Anm. d. Red.). Das System ist sehr gut. Es ist vernünftig und wir sind damit einverstanden."

Frage: "Werden es genug Token sein, um das gesamte Jahr über zu entwickeln?"
Arai: "Wir treiben die Entwicklung immer voran und forcieren neue Technologie. Wenn wir mit unserem Konto auf Null sind, geht es trotzdem weiter, um sich auf die nächste Saison vorzubereiten. Die anderen sind in der gleichen Situation. Ich verstehe das System so: Man kann zwar nur begrenzt Neuerungen bringen, aber der Entwicklung sind keine Grenzen gesetzt."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Australien


Frage: "Liefern Sie alle Komponenten des Antriebsstrangs an McLaren? Auch die Batterien?"
Arai: "Ja, alles."

Frage: "Aber nicht das Getriebe?"
Arai: "Nein."

Mercedes einholen oder sogar überflügeln

Frage: "McLaren hat viel Erfahrung mit Hybridtechnik. Kooperieren Sie in gewissen Punkten auch?"
Arai: "Ja, und sie haben zwei Piloten, die schon Weltmeister waren. Sie wissen sehr genau, wie man ein Hybridsystem auf der Strecke bewegt und haben das schon oft getan."

Frage: "Wann erwarten Sie, regelmäßig an der Spitze mitmischen zu können? In dieser Saison?"
Arai: "Ja, in diesem Jahr. Unser Antrieb ist vor dem ersten Rennen noch nicht ausgereift, obwohl das unser ursprüngliches Ziel gewesen ist. Wir wissen das und kennen die Probleme der Wintertests. Unser Ziel ist es jetzt, ein Rennen zu gewinnen. Im ersten Viertel der Saison wollen wir reifen, im letzten dann gewinnen."

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Frage: "Wie ist dazu gekommen, dass es während der Tests so viele Probleme gab?"
Arai: "Wir wollten immer mit den Topteams Schritt halten, wenn wir sie nicht sogar überflügeln. Zum Beispiel Mercedes. Daran hat sich nichts geändert. Mit den Problemen konnten wir in dieser Form nicht rechnen. Solche Dinge sind wie ein Reaktionsspiel, bei dem irgendwo unverhofft etwas aufleuchtet."

Frage: "Auf dem Posten des Vorstandsvorsitzenden gibt es einen neuen Mann: Takahiro Hachigo. Ändert das etwa bezüglich des Formel-1-Projekts?"
Arai: "Nein, das ändert nichts. Er ist genauso der Formel 1 verschrieben."