Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Jonathan Rea

Bei der Superbike-WM in Portimao verspielt Jonathan Rea die wohl letzte Chance auf einen Sieg mit Kawasaki: In vier Wochen wird die einstige Traumehe geschieden

Liebe Freunde der Superbike-WM,

Titel-Bild zur News: Jonathan Rea

Jonathan Rea konnte in der laufenden Saison erst ein Rennen gewinnen Zoom

haben wir gestern das beste Rennen der laufenden WSBK-Saison gesehen? Was Alvaro Bautista und Toprak Razgatlioglu im zweiten Hauptrennen gezeigt haben, war wirklich etwas Besonderes (zum Rennbericht). Für mich war der Superbike-Thriller in Portimao der perfekte Beweis, dass die Superbike-WM im Moment den wohl besten Motorsport bietet.

Oder in welcher anderen Weltmeisterschaft duellieren sich Fahrer verschiedener Hersteller derart hart und fair bis zur Ziellinie? Also mir fällt da spontan keine andere Rennserie ein, die für ähnlich aufregende Unterhaltung sorgt.

Toprak Razgatlioglu; Alvaro Bautista

Episches WSBK-Duell: Toprak Razgatlioglu vs. Alvaro Bautista Zoom

Schade, dass Toprak Razgatlioglu schlussendlich nicht für einen unermüdlichen Einsatz belohnt wurde. Es hat sicher nicht nur mich begeistert, was der Ex-Champion alles versucht hat, um sich immer wieder vor die Ducati von Weltmeister Alvaro Bautista zu behaupten. Entsprechend groß war der Frust, doch wieder gescheitert zu sein (zur Reaktion des Yamaha-Piloten am Sonntagabend).

Der Rekord-Champion wird zum Nebendarsteller

Superbike-Legende Jonathan Rea war einer der Fahrer, die mit dem Geschehen an der Spitze zumindest am Sonntag nichts zu tun hatten. Erinnern Sie sich noch an die Jahre, in denen die Kawasaki mit der Nummer 1 in Portimao praktisch unschlagbar war? So lange ist das gar nicht her.

Am zurückliegenden Wochenende beeindruckte Rea in der Superpole, konnte in den Rennen aber nicht das Maximum aus seinen Möglichkeiten herausholen.


Fotos: Superbike-WM 2023: Portimao (Portugal)


Nach einem soliden dritten Platz im Samstags-Rennen folgte am Sonntagvormittag im Sprint nach etwa einem Kilometer ein heftiger Rückschlag. Rea stürzte ohne Fremdeinwirkung in Kurve 5 und ruinierte sich damit auch die Ausgangslage für das zweite Hauptrennen.

Der Wunsch nach einem finalen Sieg mit dem Kawasaki-Werksteam

In der heutigen Kolumne übernimmt Rea die Hauptrolle. Ich befürchte, dass dem sechsmaligen Weltmeister einige Gedanken durch den Kopf gingen und er deshalb nicht gut geschlafen hat. Das liegt weniger am verpassten Podium oder den verloren gegangenen Punkten. Nein, am Sonntag verpasste Rea die wohl letzte Chance, mit Kawasaki ein WSBK-Rennen zu gewinnen.

Jonathan Rea

Jonathan Rea verlässt Kawasaki nach dem Saisonfinale in Jerez Zoom

Nur noch drei Mal geht Rea für Kawasaki an den Start. Beim Saisonfinale in Jerez ist er aber lediglich Außenseiter. Der Kurs in Andalusien zählt nicht zu den Paradestrecken des ehemaligen Serien-Weltmeisters. Sollte das Wetter nicht verrückt spielen, dann wird Rea kein Sieganwärter sein. Dessen ist sich der 36-jährige Brite bewusst.

In Portimao hätte ich Rea im Superpole-Rennen durchaus einen Sieg zugetraut. Es wäre ein schöner letzter gemeinsamer Triumph mit seiner langjährigen Kawasaki-Crew auf einer seiner Lieblingsstrecken gewesen.

Jonathan Rea reißt zwei weitere Fahrer mit ins Verderben

Statt mit Feierlichkeiten ging der Sonntag mit einem Ausfall und einem zehnten Platz zu Ende, denn im Hauptrennen kollidierte Rea in Kurve 3 mit der Honda von Xavi Vierge. Dass er das Rennen des Spaniers und auch das Rennen von BMW-Pilot Scott Redding so zeitig ruinierte, wurmte Rea zusätzlich. "Ein Tag zum Vergessen", lautete das Fazit am Sonntagabend.

Gespannt sein darf man, wann Kawasaki wieder in der Lage sein wird, in der Superbike-WM aus eigener Kraft Rennen zu gewinnen. Im kommenden Jahr pilotiert Axel Bassani die zweite Werks-Kawasaki. Das verkündete der japanische Hersteller im Rahmen des Portimao-Events (die Gründe für den Bassani-Deal). Doch auch Bassani erlebte in Portugal ein Wochenende zum vergessen.

Jonathan Rea

Jonathan Rea schrieb mit Kawasaki die Geschichte der Superbike-WM um Zoom

In der Superbike-WM prägte Kawasaki wie kein anderer Hersteller die zurückliegenden zehn Jahre. Jonathan Rea und die Kawasaki ZX-10RR werden sich noch viele Jahre als die erfolgreichste Paarung der WSBK-Geschichte an der Spitze behaupten.

Große Vorfreude auf die WSBK-Saison 2024

Doch in vier Wochen wird das Kapitel final geschlossen. Ich bin sehr gespannt, wie gut Rea mit der Yamaha R1 harmonieren wird. Kann er 2024 vielleicht sogar die Erfolgsserie von Alvaro Bautista beenden? Oder sorgt Toprak Razgatlioglu auf der BMW für die große Überraschung?

Jonathan Rea

Die Crew von Jonathan Rea wird in vier Wochen aufgelöst Zoom

Auch wenn die Saison 2023 noch nicht zu Ende ist, freue ich mich bereits auf das neue Jahr. Nur Kawasaki macht mir ehrlich gesagt große Sorgen. Die Entwicklung der ZX-10RR stagniert. In gewisser Weise wurde man Opfer des eigenen Erfolgs.

Toprak Razgatlioglu, Jonathan Rea

WSBK 2024: Jonathan Rea übernimmt die Yamaha R1 von Toprak Razgatlioglu Zoom

Denn warum sollte ein Hersteller viele Millionen in die Entwicklung stecken, wenn man ohnehin Titel in Serie feiert? Diese Nachlässigkeit warf die "Grünen" weit zurück. Gelingt ohne Zugpferd Rea der Neustart? Eine gewisse Skepsis kann ich nicht kaschieren.

Axel Bassani

Kawasaki startet mit Axel Bassani einen Neuanfang Zoom

Was denken Sie? Kann Axel Bassani das Kawasaki-Werksteam zum Erfolg führen? Was trauen Sie Jonathan Rea bei Yamaha zu? Teilen Sie mir Ihre Meinung auf Facebook unter "Sebastian Fränzschky - Motorsport-Journalist" mit. Dort gibt es meine Texte, Insiderinfos, Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Themen. Und natürlich die Möglichkeit, diese Kolumne zu diskutieren!

Sportliche Grüße,

Sebastian Fränzschky