• 22.05.2025 10:53

  • von Bellwood, Co-Autoren: Cleeren, Hunt, Übersetzung: Ehlen

Yuki Tsunoda: Ausgerechnet Monaco wird zu seiner Bewährungsprobe

Yuki Tsunoda muss sich als Teamkollege von Max Verstappen bei Red Bull beweisen, aber es darf bezweifelt werden, dass ihm das in Monaco gelingt

(Motorsport-Total.com) - Yuki Tsunodas beeindruckende Aufholjagd vom Boxenstart bis auf Platz zehn in Imola war zweifellos eine gute fahrerische Leistung. Doch wenn er sich wirklich für ein dauerhaftes Cockpit bei Red Bull empfehlen will, braucht Tsunoda vor allem eines: ein fehlerfreies Rennwochenende.

Titel-Bild zur News: Yuki Tsunoda im Interview beim Formel-1-Rennen in Imola 2025

Yuki Tsunoda im Interview beim Formel-1-Rennen in Imola 2025 Zoom

Denn Tsunoda wurde nach nur zwei Grands Prix der Saison 2025 von Racing Bulls ins Red-Bull-Werksteam befördert. Die Mission war klar: Punkte holen und das Team im Kampf gegen McLaren unterstützen.

Doch seit seinem Aufstieg tut sich Tsunoda schwer, ein Wochenende ohne Zwischenfälle abzuliefern: Unfälle und enttäuschende Ergebnisse gefährden seine Stellung im gnadenlosen Umfeld von Red Bull.

Die Tsunoda-Bilanz bei Red Bull

Tsunoda ersetzte den Neuseeländer Liam Lawson, der in seinen ersten beiden Rennen für Red Bull mit einem Ausfall und einem zwölften Platz den hohen Erwartungen nicht gerecht geworden war. Tsunoda musste also eigentlich nur besser abschneiden - und das gelang ihm, wenn auch nur knapp.

In seinen bisherigen fünf Rennen für Red Bull holte Tsunoda als bestes Resultat einen neunten Platz und insgesamt vier WM-Punkte. Zum Vergleich: Teamkollege Max Verstappen fuhr in denselben fünf Grands Prix - Sprints ausgenommen - zwei Siege ein und sammelte 88 Punkte.

Tsunoda fliegt ab im Qualifying in Imola

In Imola wurde der Leistungsunterschied zwischen Verstappen und Tsunoda besonders deutlich: Tsunoda flog im Qualifying bereits in Q1 heftig ab und musste das Rennen aus der Boxengasse aufnehmen, während Verstappen den zweiten Startplatz erreichte.

"Das war ein heftiger Unfall", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
"Das Wichtigste war, dass er unversehrt aus dem Auto steigen konnte."

Das Unfallauto von Yuki Tsunoda wird abtransportiert

Das Unfallauto von Yuki Tsunoda wird abtransportiert Zoom

Tsunoda übernahm die volle Verantwortung für den Unfall, der einen kompletten Neuaufbau seines RB21 notwendig machte, und bezeichnete den Vorfall selbst als "unnötig" und "dumm".

... und fehlt als Helfer für Verstappen im Rennen

Aufgrund der engen Streckenführung in Imola war an eine starke Aufholjagd kaum zu denken: Verstappen musste sich im Kampf gegen die McLarens allein behaupten, ein Teamkollege stand ihm nicht zur Seite.

"Die Konstrukteurswertung ist im Moment ein sehr fernes Ziel", meint Horner. "Deshalb konzentrieren wir uns voll auf die Fahrerwertung. Aber Yuki wieder im Spiel zu haben, ist sehr wichtig. Wäre er von seiner eigentlichen Position gestartet, wäre er viel weiter vorn gelandet. Ich hoffe, das kommt in den nächsten Rennen."

In der Tat zeigte Tsunoda in Imola eine starke Leistung und fuhr von ganz hinten noch auf Platz zehn vor - ein Punkt, der ihm zumindest moralisch Rückenwind geben dürfte. Bis dahin war sein größter Sprung im Rennen ein Positionsgewinn von zwei Plätzen beim Heimrennen in Japan von P14 auf P12.

Nach P10 in Imola sagte Horner: "Yuki hat sich im Rennen sehr gut verkauft und den Punkt geholt. Das war nicht einfach, aber er ist clever gefahren und war im entscheidenden Moment entschlossen genug, um seine Manöver zu setzen."

Helmut Marko scherzt nach P10 in Imola

Auch Red-Bull-Berater Helmut Marko lobte Tsunoda nach dem Rennen in Imola mit einem aufmunternden "Gratulation! Das nächste Mal aber ohne Unfall", als er ihm im Fahrerlager begegnete.

Tsunoda selbst sprach von einem Schritt in die richtige Richtung, betonte aber auch, dass er ohne den Qualifying-Crash viel weiter vorn hätte landen können. Der eine Punkt für P10 sei immerhin "besser als nichts".


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"Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen und sich das Selbstvertrauen langsam wieder aufbauen", sagt er. "Es ist leicht, in diesem Umfeld zu viel zu wollen und sich selbst unter Druck zu setzen. Ich muss über mich nachdenken, aber ich bin froh, dass ich neues Selbstvertrauen sammeln konnte. Meine Entwicklung geht weiter und es gibt noch viel zu verbessern."

Gelingt Tsunoda der Durchbruch in Monaco?

Doch jetzt braucht Tsunoda dringend ein fehlerfreies Wochenende, um Red Bull davon zu überzeugen, dass er die erhoffte Verstärkung ist. Doch bisherige Zwischenfälle wie der Crash mit Pierre Gasly in Saudi-Arabien oder das punktelose Rennen in Japan wirken diesem Ziel entgegen.

Seine starke Leistung in Imola dürfte zumindest etwas zur Beruhigung bei ihm selbst und auch bei Red Bull beigetragen haben, aber mit dem nächsten Rennen in Monaco steht ihm die wohl härteste Prüfung seiner bisherigen Zeit im Team bevor.

Die engen Gassen des Stadtparcours, die nahen Mauern und fehlenden Auslaufzonen verzeihen keine Fehler. Und selbst ein schneller Red Bull wird sich schwertun, im Feld nach vorn zu kommen, wenn er weiter hinten startet - egal, wie wohl sich der Fahrer im Auto fühlt.

Mit welcher Einstellung Tsunoda nach Monaco fährt

Tsunoda ist überzeugt, den Unfall von Imola bereits abgehakt zu haben, was seine Leistung am Sonntag in Imola unterstreicht. Dennoch räumt er ein, dass "noch etwas im Kopf ist" - keine gute Ausgangslage für einen Grand Prix, den Horner als "das Rennen mit dem größten Bedarf an Selbstvertrauen" bezeichnet.

Doch nicht nur das Vertrauen ins Auto ist ein Thema. Auch der Materialverbrauch macht Red Bull Sorgen: Der Crash in Imola zog eine aufwendige Reparatur nach sich, inklusive neuem Chassis und (altem) Unterboden, der erst einen Tag zuvor ans Auto kam. Zusätzlich mussten zahlreiche Motorenteile ersetzt werden, darunter Verbrennungsmotor, Turbo, MGU-H, MGU-K, Energiespeicher und Steuergeräte.

Da die Nutzung dieser Komponenten pro Saison limitiert ist, drohen Tsunoda bei weiteren Schäden bald Startplatz-Strafen. Also ausgerechnet dann, wenn er beginnt, sich im Team einzufinden. Sollte es so weit kommen, könnte Tsunoda womöglich nie das Potenzial einlösen, das Red Bull einst in ihm gesehen hat.