"Versucht, den Helden zu spielen": Tsunoda und Colapinto verunfallen in Q1

Zwei heftige Unfälle machen das Qualifying der Formel 1 in Imola 2025 zur Geduldsprobe - Beide Fahrer überstehen die Unfälle unverletzt

(Motorsport-Total.com) - Lange Unterbrechung schon im Q1 beim Qualifying zum Grand Prix der Emilia-Romagna (hier im Liveticker!): Ein heftiger Unfall von Yuki Tsunoda im Red Bull und dann ein ebenfalls nicht gerade sanfter Einschlag von Alpine-Neuzugang Franco Colapinto sorgten für eine lange Unterbrechung des Qualifyings zum siebten Formel-1-Lauf 2025.

Titel-Bild zur News: Yuki Tsunodas Mechaniker bereiten sich auf eine Nachtschicht vor

Yuki Tsunodas Mechaniker bereiten sich auf eine Nachtschicht vor Zoom

Bereits nach sieben Minuten war das Zeittraining unterbrochen: Tsunoda verlor in der Villeneuve-Schikane die Kontrolle über seinen Red Bull RB21, nachdem er am Kurveneingang den Randstein zu aggressiv überfuhr. Dabei hakte sich das linke Vorderrad in der äußeren Kante des Kerbs ein, woraufhin das Auto in einem untypischen Winkel in den Reifenstapel und Fangzaun geschleudert wurde - inklusive Überschlag.

Die Szene erinnerte unweigerlich an den schweren Unfall von Rubens Barrichello im Jahr 1994, mit dem damals das tragische Imola-Wochenende begann - auch wenn die Streckenführung heute eine andere ist. Aus jüngerer Zeit mit der aktuellen Streckenführung kommt Yuji Ides Überschlag an derselben Stelle im Jahr 2006 in den Sinn.

Tsunoda konnte sein Auto selbstständig verlassen, doch der beschädigte Fangzaun und die Barriere mussten aufwendig repariert werden. Das führte zu einer Unterbrechung des Q1.

Tsunoda frustriert: "Bin so dämlich!"

Der Japaner geht mit sich selbst hart ins Gericht: "Ich bin so dämlich, [auf der ersten Runde] dermaßen zu attackieren! Wir hatten am Auto einiges verändert. Und dann, ohne genug über das [neu abgestimmte] Auto zu verstehen, dermaßen anzugreifen, war einfach unnötig."

"Man weiß [auf der ersten fliegenden Runde nach einer Set-up-Änderung] noch nicht, wie das Auto bei verschiedenen Geschwindigkeiten reagieren wird. Gerade in einer solchen Kurve muss man sich nach einer solch drastischen Änderung von unten rantasten. Ich dachte, ich könnte das kontrollieren. Ich bin fünf Jahre in der Formel 1 und es ist lange her, dass ich einen Unfall in Q1 hatte, aber es ist inakzeptabel."

Das Gefühl, als er neben dem Auto stand, beschreibt er mit den Worten "beschämt, enttäuscht, frustriert. Ich habe noch nicht mit dem Team gesprochen, aber kann mich nur bei ihnen entschuldigen. Ich hoffe, da ist nicht zu viel kaputt, aber ich habe einen großen Schaden gesehen. Die Mechaniker werden also einiges an Arbeit vor sich haben."

Ersatzteilsituation verschärft

Tsunoda steht unter Druck: Seit seinem Aufstieg ins Red-Bull-Werksteam in Suzuka als Ersatz für den enttäuschenden Liam Lawson gilt sein Cockpit an der Seite von Max Verstappen als eine der undankbarsten Aufgaben in der Formel 1. In vier Rennen seit dem Wechsel hat Tsunoda drei WM-Punkte gesammelt - Teamkollege Verstappen im selben Zeitraum 63.

Tsunoda verneint aber, Druck vom Team zu haben: "Das Team unterstützt mich und nimmt mir so viel Druck wie möglich von den Schultern. Das muss reichen. Ich habe einfach unnötigerweise versucht, den Helden in Q1 zu spielen. Ich wollte Q1 mit nur einem Reifensatz hinter mich bringen und hatte wie gesagt zahlreiche Änderungen am Fahrzeug vorgenommen."

Helmut Marko schlägt bei Sky zunächst versöhnliche Töne an: "Gottseidank ist er wohlauf. Er war im Medical Center und es muss aber morgen nochmals untersucht werden. Und dann gibt es eine Freigabe oder nicht. Das ist vor allem wegen des Überschlags."


Fotos: F1: Grand Prix der Emilia-Romagna (Imola) 2025, Samstag


Kritik gibt es dann aber auch noch: "Es war ein Fehler von ihm. Für uns ist es ein großer Rückschlag, denn es sind jetzt drei Rennen hintereinander. Vor allem Monaco verzeiht nicht gerade viel, wenn man da einen Ausrutscher hat. Und die Ersatzteil-Situation ist dadurch echt kritisch geworden." Ob sogar ein neues Chassis aufgebaut werden muss, wird derzeit noch untersucht.

Colapinto sorgt für vorzeitiges Q1-Ende

Q1 lief dann bis zum Ende durch, doch als die Uhr schon auf 0 gelaufen war, kam es zum nächsten Unfall: Alpine-Neuling Franco Colapinto kam in der schnellen Tamburello-Schikane in Kurve 3 mit zwei Rädern aufs Gras. Der A525 brach sofort aus und schlug frontal in die TecPro-Barriere ein - erneut rote Flagge.

Auch Colapinto blieb unverletzt, doch sein Unfall sorgte für eine weitere halbstündige Pause, da die Barriere instandgesetzt werden musste.

Der Argentinier, der in Imola sein Formel-1-Debüt gibt, steht unter besonderer Beobachtung: Er ersetzt den bisherigen Ersatzfahrer Jack Doohan in einem umstrittenen Wechsel und hat nur fünf Rennen Zeit, sich für ein Stammcockpit zu empfehlen - obschon Flavio Briatore öffentlich anderes behauptet. Ein Unfall zum Einstand ist da kein gutes Zeichen.

Zudem wurde Colapinto nachträglich noch bestraft, weil er während der Unterbrechung nach dem Tsunoda-Unfall aufgrund eines Missverständnisses mit dem Team zu früh rausfuhr. Er muss einen Platz nach hinten in der Startaufstellung auf P15. George Russell und Andrea Kimi Antonelli hatten in Bahrain dieselbe Strafe für das gleiche Vergehen erhalten.

"Es ist einfach sehr schwierig, wenn man bei null anfängt", sagt Colapinto in einer ersten Reaktion nach dem Unfall. "Ich habe sechs Rennen Rückstand auf alle anderen. Ich bin noch dabei, mich ans Fahrzeug, die Reifen und die Balance zu gewöhnen." Er fügt hinzu, dass das Auto "sehr anders" gewesen sei als das, was er gewohnt sei.

Erstes Mal am Limit - und darüber hinaus

Der Fehler ähnelt dem von Tsunoda: Zu viel Randstein auf der Innenseite. Anders beim Red-Bull-Piloten verhakte sich das kurveninnere Rad nicht, stattdessen wurde das Auto nach außen geschleudert, wo es ins Gras geriet.

"Im Qualifying bin ich zum ersten Mal wirklich ans Limit des Autos gegangen", so der 21-Jährige weiter. "Ich war immer ein kleines Stückchen drunter, auch in meiner ersten fliegenden Runde. Es passiert schnell, dass man es dann übertreibt. Ich bin einfach mehr ans Limit gegangen, weil es im Qualifying sehr eng zugeht. Deshalb habe ich versucht, mehr Randstein mitzunehmen. Das war wohl zu viel."

Eine Entschuldigung an die Mechaniker gibt es auch von ihm: "Da wird viel Arbeit in der Garage heute Nacht anstehen. Es tut mir sehr leid fürs Team - nicht schön, so einzusteigen. Aber insgesamt fühlte ich mich wohler im Auto und mich ein bisschen besser mit ihm verbunden."

Auch Colapinto bekräftigt, vom Team große Unterstützung zu genießen: "Ich genieße es, mit den Jungs zusammenzuarbeiten. Wir ziehen alle am gleichen Strang. Ich lerne das Auto mit jeder Runde kennen. Ich muss noch viel lernen."

Den Anfang soll das Rennen am Sonntag machen: "Ich denke, das Rennen morgen sollte mir dabei helfen, ein paar Faktoren kennenzulernen, die etwas anders sind als das, was ich gewohnt bin: Reifenverschleiß, Motor und viele andere Dinge. Es mag von außen schlimm aussehen, aber es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, wie ich mich ans Auto gewöhne. Ich fühle mich wohler als gestern und das macht mich happy."