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Versuch gescheitert: Zweiklassen-WM für die Formel 1 geplant

Force India ist mit dem Vorstoß, für sechs Teams eine zweite WM-Division mit Budgetobergrenze zu schaffen, am Nein von Williams und Toro Rosso gescheitert

(Motorsport-Total.com) - Aufgrund der explodierenden Kosten, die sich insbesondere die unabhängigen Teams wie Force India, Manor oder Sauber kaum noch leisten können, gibt es in der Formel 1 immer wieder Initiativen, um die Ausgaben zu senken. Der vielleicht berühmteste Vorschlag in diesem Zusammenhang ist die ursprünglich vom ehemaligen FIA-Präsidenten Max Mosley ausgeheckte Budgetobergrenze, die erst kürzlich im Zuge einer neuen Initiative wieder auf den Tisch gebracht wurde, wie 'Motorsport-Total.com' erfahren hat.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone und Robert Fernley

Bernie Ecclestone im Gespräch mit Robert Fernley von Force India Zoom

Robert Fernley, der Stellvertretende Teamchef von Force India, war es, der für sein Team, Haas, Manor, Sauber, Toro Rosso und Williams den Plan ausgetüftelt hat, innerhalb der Formel-1-WM eine zweite Division einzurichten, ähnlich etwa der LMP2-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans. Die daran teilnehmenden Teams kämpfen gegeneinander um Klassensiege, können aber natürlich theoretisch auch Gesamtsiege gegen Mercedes, Ferrari und Co. herausfahren.

Jeder Teilnehmer dieser zweiten Division hätte sich aber an eine Budgetobergrenze von 100 Millionen US-Dollar (umgerechnet knapp 90 Millionen Euro) pro Jahr halten müssen. Ausgaben für Marketing, Hospitality und Fahrergagen wären nicht in die 100 Millionen eingerechnet gewesen. "Ich war der Initiator des Konzepts", bestätigt Fernley auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com'. Gleichzeitig stellt er aber klar, dass die Idee schon wieder "gestorben" sei.

Treffen vor Hockenheim abgesagt

"Wir hätten in der Woche vor Hockenheim ein Meeting mit allen sechs Teams organisiert, wenn es einen Konsens gegeben hätte. Den gab es aber nicht", bedauert er. Zuerst hat Toro Rosso ausgeschert, nachdem das zunächst bekundete Interesse des Teams von Red Bull abgewürgt wurde. Und dann sagte auch Williams ab. "Die meisten waren angetan von der Idee", ärgert sich Fernley, dass es zu dem Meeting vor Hockenheim nie gekommen ist.

Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost erklärt seine Bedenken: "Interessiert sich irgendjemand für das LMP2-Ergebnis in Le Mans? Ich weiß nur, dass Porsche gewonnen hat", meint er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Aus Red-Bull-Sicht ergibt die Idee keinen Sinn, weil es eine Zweiklassengesellschaft ist. Und mit 100 Millionen kannst du nichts mehr entwickeln. Damit deckst du nur die Kosten für den Einsatz der Autos."

Franz Tost

Franz Tost: Budgetobergrenze ja, aber wenn, dann gleich für alle Teams Zoom

Das sieht Fernley anders: Mit 100 Millionen könne man den Betrieb des Teams sichern und gleichzeitig noch "in signifikantem Ausmaß" weiterentwickeln - auch wenn es nicht reicht, um die großen Teams mit 350+ Millionen Budget ernsthaft herauszufordern. Bernie Ecclestone und die FIA waren in die Gespräche aber nicht involviert. Fernley: "Solange wir keinen Konsens haben, wird es sowieso nicht stattfinden. Und dann nerve ich den Rechteinhaber und die FIA gar nicht damit."

Tost glaubt: Obergrenze wäre kontrollierbar

"Es ist eine Idee, die es sich zu untersuchen lohnt", findet Manor-Eigentümer Stephen Fitzpatrick. "Aber die Teams mit einem fast unlimitierten Budget würden trotzdem Wege finden, ihr Geld auszugeben." Tost widerspricht: "Es gibt die Argumente, dass man das nicht kontrollieren kann. Nonsens! Man kann alles kontrollieren. Sie wollen es nur nicht, weil sie genug Geld haben." Aber wenn, dann sollte in seinen Augen eine einheitliche Budgetobergrenze für alle eingeführt werden.

"Die Herstellerteams haben mehr Geld, als sie ausgeben können. Was sollen sie damit sonst tun? Also geben sie es aus", sagt Tost und fordert: "Wir sollten einen Weg finden, die Kosten ab 2020 durch das Reglement zu senken. Es ist möglich." Bis 2020 laufen die aktuellen Concorde-Verträge zwischen den Teams und Ecclestone, aber danach kann das Grundgerüst der Formel 1 theoretisch völlig neu aufgesetzt werden.

Fernley: Große Teams wollen nicht sparen

"Wir wollen keine Zweiklassenmeisterschaft, sondern eine verantwortungsvolle und nachhaltige Formel 1, was die Kosten angeht", erklärt Fernley seinen Vorstoß. "Da war es mir ein Anliegen, mich mit dem Thema Anreize für die unabhängigen Teams auseinanderzusetzen, weil wir wissen, dass die Herstellerteams keinerlei Interesse an Kostenkontrolle haben. Das haben wir in den vergangenen beiden Jahren ja sehr deutlich gesehen."

Die FIA-Initiative, die Kosten für Kundenantriebe zu senken (eine Million weniger ab 2017, weitere drei Millionen weniger ab 2018), sei gut gemeint, aber in Wahrheit nur ein Tropfen auf dem heißen Stein: "Das ist weniger als ein Prozent unseres Budgets", rechnet Fernley vor und plädiert dafür, seiner Idee mit der Budgetobergrenze noch eine Chance zu geben, denn: "Wir haben ja sowieso schon eine Zweiklassenmeisterschaft, wenn man sich die Budgets anschaut."

"Wir haben ja sowieso schon eine Zweiklassenmeisterschaft." Robert Fernley

Ein billigeres Antriebskonzept neu zu entwickeln, sei jedenfalls nicht notwendig: "Die aktuelle Antriebseinheit ist fantastisch", wirft Tost ein und plädiert stattdessen für einen anderen Sparansatz: "Die können wir bis 2025 verwenden! Wenn das Reglement stabil ist, sinken die Kosten. Und wir brauchen eine fairere Verteilung der Formel-1-Einnahmen. Es ist nicht notwendig, dass einige Teams fast alles bekommen und die anderen fast nichts."