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  • 20.07.2013 18:10

  • von Dominik Sharaf

Surtees gedenkt Henry: Er wollte weder Geld noch Namen

Die Motorsport-Legende erinnert sich an glückliche Tage mit seinem verstorbenen Sohn und erklärt, warum er in dessen Namen Stiftungsarbeit betreibt

(Motorsport-Total.com) - Das Leben schreibt Geschichten, die fast zu grausam sind, um wahr zu sein. Der Tod von Henry Surtees, Sohn des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters John, ist so eine. Vor vier Jahren verunglückte der 18-Jährige auf den Spuren seines Vaters bei einem Formel-2-Rennen in Brands Hatch tödlich, erschlagen von einem Reifen. John hat einen Weg gefunden, mit dem Schicksalsschlag umzugehen: Er gründete eine Stiftung, die den Namen seines Sprösslings trägt, und spricht offen über seine Erinnerungen.

Titel-Bild zur News: Henry Surtees

Sein Vater beschreibt Henry Surtees als fröhlichen und bescheidenen Menschen Zoom

Gegenüber 'stoodonthepodium.com' berichtet John über Henry: "Ich freue mich, sagen zu dürfen, dass er ein guter Kerl war. Er war unabhängig und tat das, was ihm sein Herz sagte, nicht sein Vater." Die gemeinsamen Momente, die der Nachwuchs-Motorsport für das von Norden bis Süden über die britischen Inseln tourende Surtees-Gespann bereithielt, will er nicht missen: "Wir erlebten kleine Abenteuer. Manchmal war ich Chauffeur, manchmal Mechaniker und manchmal Koch", dreht John die Zeit zurück.

"Daddy, das ist das, was ich machen will", sagte Henry seinem Vater, nachdem er in der britischen Ginetta-Junior-Meisterschaft sein erstes Rennen bestritten, die Pole-Position eingefahren und den dritten Platz belegt hatte. Allerdings hatte auch die Familie Surtees die größte Hürde für Motorsport-Talente zu meistern: das liebe Geld. John räumt ein, finanziell nicht auf Rosen gebettet gewesen zu sein und die 600.000 Euro, die es auf dem Weg in die Formel Renault brauchte, nicht in der Portokasse gehabt zu haben.

Keine Karriere des Namens wegen

Sein Sohn wollte auf keinen Fall, dass seine Eltern Dinge verkaufen, um ihm die Fortsetzung seiner Karriere zu ermöglichen - genauso wenig, wie eine Laufbahn auf seinem prestigeträchtigen Nachnamen aufzubauen. Doch das Glück war auf Henrys Seite, als eine weitere Legende des britischen Motorsport in die Presche sprang: Jonathan Palmer, dessen Sohn Jolyon derzeit selbst in der GP2-Serie aktiv ist, machte ein Angebot. Der Weg führte schließlich in die Formel 2, der Rest ist traurige Geschichte.

Der Schicksalsschlag hätte John fast für immer von dem entzweit, was er Jahrzehnte lang mit Herzblut verfolgte: "Ich hätte dem Motorsport beinahe komplett den Rücken gekehrt", so der heute 79-Jährige. Die Familie Surtees hat mit Stiftungsarbeit ihren Weg gefunden, um mit dem Tod des Sohnes umzugehen. Die Henry Surtees Fundation hat sich vielen Zielen verschrieben: Zum einen will sie Unfallopfern mit Hirn- und anderen Verletzungen den Weg zurück ins Leben ermöglichen, zum anderen die Ausbildung und Sicherheit junger Motorsportler verbessern.

"Ich hätte dem Motorsport beinahe komplett den Rücken gekehrt." John Surtees

Investitionen in medizinische Ausstattung

So floss etwa ein großer Betrag in Equipment für Bluttransfusionen an Rennstrecken in Südengland. "Das ist eine Befriedigung", sagt John, der schon anlässlich der Beerdigung seines Sohne um Spenden statt um Blumen bat. 32.000 Pfund Sterling (umgerechnet rund 37.000 Euro) kamen damals zusammen, im Laufe der Jahre hat sich der Betrag vervielfacht. "Mir wurde klar, dass ich mit ihm arbeiten könnte und er so weiterleben würde", erklärt der Brite, was ihn zu dem gemeinnützigen Projekt motiviert.

John Surtees

John Surtees ist im Namen der guten Sache wieder im Motorsport unterwegs Zoom

Seit 2010 wird von der Stiftung außerdem der Henry-Surtees-Award für besonders fördernswerte Talente vergeben. Erster Preisträger war im Jahre 2010 der aktuelle Formel-3-Pilot Tom Blomqvist. Surtees fällt eine weitere Episode ein, die den Charakter seines Sohnes beschreibt. Als Schüler hatte der das Notebook eines Lehrers auf Vordermann gebracht. "Danke, dass du alles aus meinem Laptop herausgeholt hast", hatte der Pauker ihm daraufhin schriftlich mitgeteilt. Er unterrichtete Informatik.