Red Bull hält sich alle Optionen offen: Superlizenz für Arvid Lindblad beantragt

Während Max Verstappen unter Umständen eine Rennsperre drohen könnte, hat Red Bull für Formel-2-Talent Arvid Lindblad eine Fahrerlaubnis für die Formel 1 beantragt

(Motorsport-Total.com) - Red Bull hat bei der FIA eine Ausnahmegenehmigung von den Superlizenz-Regeln für Arvid Lindblad beantragt. Das Team hofft auf grünes Licht, damit Lindblad bereits vor seinem 18. Geburtstag an Rennwochenenden an offiziellen Formel-1-Sessions teilnehmen kann.

Titel-Bild zur News: Arvid Lindblad

Arvid Lindblad soll seine Superlizenz schon vor dem 18. Geburtstag erhalten Zoom

Während Red Bulls Ersatzfahrer und Nachwuchstalente derzeit im Fokus stehen, unter anderem wegen der elf Strafpunkte von Max Verstappen, die bei einem weiteren vergehen bei den Grands Prix in Kanada und Österreich theoretisch zu einer Rennsperre führen konnten, wurde nun bekannt, dass Red Bull eine entsprechende Anfrage für Lindblad gestellt hat.

Wichtig ist: Dieser Antrag steht laut Helmut Marko nicht im direkten Zusammenhang mit Verstappens Strafpunkten und wurde schon deutlich früher eingereicht. Red Bulls Antrag soll in der kommenden Woche bei der Sitzung des FIA-Motorsport-Weltrats in Macau diskutiert werden.

Lindblad fährt derzeit in der Formel 2 und erfüllt alle weiteren Voraussetzungen für eine Superlizenz, also das Dokument, das zur Teilnahme an offiziellen Formel-1-Sessions berechtigt. Er hat genügend Superlizenzpunkte in Nachwuchsserien gesammelt, doch formal kann die Lizenz erst ab dem 18. Geburtstag ausgestellt werden.

Diese Altersregel wurde eingeführt, nachdem Max Verstappen im Alter von 17 Jahren sein Formel-1-Debüt gegeben hatte - damals noch ohne gültigen Führerschein. Um ähnliche Fälle zu verhindern, setzte die FIA ein Mindestalter als Bedingung für die Superlizenz fest.

In Antonellis Fußstapfen?

Im vergangenen Jahr wurde diese Tür jedoch ein Stück weit wieder geöffnet, als Mercedes eine Ausnahmegenehmigung für Andrea Kimi Antonelli beantragte. Ähnlich, wie es nun Red Bull tut. In der Folge wurde das Internationale Sportgesetzbuch der FIA überarbeitet, konkret Artikel 13.1.2.

Anhang L lautet nun: "Nach alleinigem Ermessen der FIA kann einem Fahrer, der kürzlich und kontinuierlich außergewöhnliches Können und Reife im Formelsport unter Beweis gestellt hat, bereits mit 17 Jahren eine Superlizenz erteilt werden."

Da Lindblad bereits vor seinem 18. Geburtstag genügend Punkte gesammelt hat und derzeit als Rookie auf Rang 3 der Formel-2-Gesamtwertung liegt (mit zwei Siegen, darunter dem Hauptrennen in Barcelona), erfüllt er offenbar die Kriterien dieser Ausnahmeklausel.

Die FIA wird den Red-Bull-Antrag kommende Woche auf die Tagesordnung setzen, wenn in Macau getagt wird. Sollte die Ausnahme genehmigt werden, dürfte Lindblad an Formel-1-Trainings teilnehmen und könnte sogar als Ersatzfahrer einspringen.

Für Red Bull wäre das angesichts der aktuellen Lage eine zusätzliche Option. Sollte Verstappen gesperrt werden und Red Bull einen der Racing-Bulls-Fahrer ins A-Team holen, könnte Lindblad theoretisch entweder Isack Hadjar oder Liam Lawson im Schwesterteam ersetzen. Neben Lindblad (sofern die Ausnahme gewährt wird) steht Red Bull weiterhin Ayumu Iwasa als Reservefahrer zur Verfügung.

Lindblad wird am 8. August 18 Jahre alt - wenige Tage nach dem Grand Prix von Ungarn. Damit wäre der britisch-schwedische Nachwuchsfahrer ohnehin ab der Formel-1-Sommerpause für die Superlizenz qualifiziert.

Lindblad direkt statt Tsunoda? Unwahrscheinlich ...

Dass Lindblad, wie von manchen spekuliert, direkt bei Red Bull Racing einsteigen könnte, um dort Yuki Tsunoda zu ersetzen, der seit seinem Wechsel von den Racing Bulls ins A-Team erst sieben WM-Punkte geholt hat, gilt indes als unwahrscheinlich. Schließlich hatte Helmut Marko bereits im März in einem Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de angekündigt: "Yuki Tsunoda wird die Saison zu Ende fahren. Wir gehen davon aus, dass er das meistern wird."


Und auch wenn Tsunodas Leistungen an Verstappens Seite bisher unter den Erwartungen geblieben sind, sei die Situation mit dem Japaner "insofern besser" als zuvor mit Liam Lawson, als er "teilweise nur eine Zehntel weg" ist, "solange Freie Trainings sind", sagt Marko in einem Interview mit ServusTV, aufgezeichnet am Montag nach dem Grand Prix von Spanien in Barcelona.

Aber: "Wenn dann das Qualifying kommt, wo sich Max eben noch steigert, da kommt er nicht mit. Und im Versuch das auszugleichen, macht er Fehler." Außerdem komme Verstappen mit den teilweise umfangreichen Set-up-Änderungen von Freitag auf Samstag schneller zurecht als Tsunoda: "Max adaptiert das sofort. Yuki würde ein paar Runden brauchen, die du im Qualifying aber nicht hast."

"Wir hoffen, dass er sich langsam weiter steigert", sagt Marko und erwähnt zu Tsunodas Verteidigung: "In Barcelona hatte er nicht die gleiche Spezifikation wie Max, wegen seines Crashs in Imola. So ein Unterboden, der braucht drei Wochen, bis du den fertigst. Und das ist einfach von der Zeit her nicht gegangen." Verstappens RB21 sei daher "um zwei, drei Zehntel" schneller gewesen als der von Tsunoda.

Dass das zweite Cockpit bei Red Bull Racing aber weiterhin ein Thema bleibt und der Lawson-Tsunoda-Wechsel nicht alle Probleme gelöst hat, ist Marko klar: "Wir brauchen einen mental richtig stabilen Mann, der seinen eigenen Weg geht und nicht versucht, den Max zu schlagen. Da scheitern sie alle, wenn sie mithalten wollen."