• 10.09.2006 13:45

Mosley: "Regeln sind Regeln"

FIA-Präsident Max Mosley verteidigt das Urteil der Rennleitung in Monza gegen Fernando Alonso - keine Bevorzugung von Ferrari

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Ist es schlecht für die Formel 1, wenn der Weltmeister sich hinstellt und sagt, dass er die Formel 1 nicht länger als Sport ansieht?"
Max Mosley: "Nein. Solche Dinge werden immer wieder gesagt. Genau solche Dinge sagt jeder Sportler, wenn er emotional erregt ist. Wenn er mit ein wenig Abstand darüber nachdenkt, dann wird er das nicht mehr denken. Es wird eines Tages eine Situation geben, in der es umgedreht ist. Dann ist es hart für jemand anderen, er wird dann sehr zufrieden sein. Wenn man sich vorstellt, dass Fisichella auf einer Pole-Runde gewesen wäre und Schumacher ihn aufgehalten hätte, dann würde sich Renault nicht so äußern. Es ist eben ein Sport, in dem die Emotionen hochkochen. Man muss erwarten, dass Leute etwas sagen, das sie nicht sagen würden, wenn sie vorab darüber nachgedacht hätten."

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Max Mosley verteidigte die Entscheidung der Rennkommissare in Monza

Frage: "Aber sollte man nicht auch auf die Rahmenbedingungen achten? In der Meisterschaft gibt es einen engen Kampf, der nun durch die Strafe beeinflusst werden könnte."
Mosley: "Was sollte man denn tun? Sollte man, weil es sich um einen Kampf um den Weltmeistertitel handelt, anders verfahren? Dieses Argument kann man gleich in den Mülleimer werfen. Die Rennkommissare haben sich gefragt, ich habe das mit ihnen diskutiert, ob man zum Saisonbeginn, wenn es nicht um die Meisterschaft geht, irgendetwas anders gemacht hätte. Und da muss man mit Nein antworten, denn Regeln sind Regeln. Das Argument der Meisterschaft zählt nicht."#w1#

Frage: "Also kann man nicht auf Grundlage der Vernunft argumentieren?"
Mosley: "Wenn man Regeln im Sport hat, dann kann man diese entweder anwenden oder eben auch nicht. Die Regel ist, egal ob richtig oder falsch, dass man auf der Runde aus den Boxen einem anderen, der auf seiner schnellen Runde ist, Platz machen muss. Nun, das hat er nicht getan. Ein Fahrer hat darunter gelitten, er selbst hatte einen Vorteil daraus. Letztlich kann man mit Alonso sympathisieren. Auch ich, ich würde Alonso lieber auf Rang fünf sehen, denn das würde ein besseres Rennen ergeben. Aber Tatsache ist, dass es Regeln gibt, und die muss man anwenden, auch wenn man sie nicht mag. Man kann das von beiden Seiten aus sehen, aber ich denke, die Rennkommissare lagen richtig."

Unabsichtlichkeit hilft Alonso nicht

Frage: "Und was ist mit der Aussage der Rennkommissare, dass er es nicht absichtlich gemacht hat?"
Mosley: "Es gab strafmildernde Umstände. Wenn man in der Haut von Felipe Massa steckt, dann könnte man sagen: 'Er hat es vielleicht nicht absichtlich getan, aber ich war auf einer Runde für die Pole Position, die ich verloren habe. Das ist nicht fair. Er hätte Platz machen sollen, ich hätte das auch für ihn getan.'"

Frage: "Aber Renault meint, dass Massa durch einen Fehler die Zeit verloren hat. Er war hundert Meter entfernt und hat die Zeit in der letzten Kurve verloren."
Mosley: "Das ist deren Meinung. Die Fragen, die man sich stellen muss, lauten: Hat er Massa behindert? Und ist es richtig, die Strafe zu verhängen, wenn er Massa behindert hat? Alonso hat Massa behindert, das wir anhand der Daten ersichtlich, die den Rennkommissaren vorliegen. Diese haben sie mit größter Sorgfalt ausgewertet. Wenn man das nicht akzeptieren würde, würde man den Rennkommissaren ja Unehrlichkeit unterstellen. Diese ganze Diskussion hat also keinen Wert, solange man nicht akzeptiert, dass Alonso Massa die schnelle Runde gekostet hat. Und sollte Alonso bestraft werden? Diese Frage ist sehr interessant, aber die Frage zu stellen, ob die Daten das klar belegen, ist es nicht. Wir haben die Daten und wir wissen genau, was sie beinhalten."

Frage: "Was ist mit dem Argument das Alonso sich beeilen musste, um noch rechtzeitig über Start-Ziel zu kommen?"
Mosley: "Dass er die Bahn nicht frei gemacht hat, lag daran, dass er kaum noch Zeit hatte. Die Frage dabei ist, ob er es sich erlauben kann, etwas zu tun, das er unter anderen Umständen nicht gemacht hätte. Die Rennkommissare sind der Meinung, er hätte Massa aus dem Weg gehen müssen."

Keine Ferrari-Bevorzugung

Frage: "Aber ist das nicht ein Präzedenzfall für viele andere Fahrer, die sich in Zukunft über Ähnliches beschweren werden? Wie groß darf die Lücke zwischen zwei Boliden sein?"
Mosley: "Um den Abstand müssen wir uns nicht kümmern. Die Daten verraten uns, ob das nachfolgende Auto behindert wurde oder nicht. Wir denken jetzt aber darüber nach, ab der kommenden Saison nur noch Strafen zu verhängen, wenn der Vorgang absichtlich eingeleitet wurde."

Frage: "Was ja hier nicht der Fall war."
Mosley: "Ich denke auch nicht, dass es Absicht war, aber die Regeln sind nun einmal aktuell so. Natürlich ist dieser Fall besonders schwierig, aber wir können nicht mitten in der Saison unsere Meinung ändern, nur weil es in der Weltmeisterschaft eng wird. Ich glaube nicht, dass es für die Kommissare besonders einfach war. Das ist so ein Fall, in dem es nett gewesen wäre, ein Auge zuzudrücken. Aber das wäre inkonsequent."

Frage: "Aber wie unglücklich mag es von außen aussehen, wenn man das Gefühl hat, es wären höhere Mächte am Werk, damit Michael Schumacher und Ferrari noch den Titel holen?"
Mosley: "Das sind eine Art von Verschwörungstheorien aus den Kneipen. So ist es doch nicht. Wenn man sich ansieht, was mit Michael in Monte Carlo passierte oder auch in Ungarn. Fakt ist, Massa war auf einer Runde für die Pole Position und er wurde behindert. Es war nicht Alonsos Schuld, aber sicher auch nicht die von Massa."