• 10.09.2006 11:08

  • von Fabian Hust

Montezemolo: "Sind verpflichtet, das Rennen zu gewinnen"

Der Ferrari-Präsident über Michael Schumacher, Felipe Massa, die Zukunft und Vergangenheit von Ferrari und die Berichterstattung der Presse

(Motorsport-Total.com) - Traditionell besucht Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo den Italien-Grand-Prix in Monza, ansonsten ist der Italiener nur selten vor Ort an der Formel-1-Rennstrecke anzutreffen. Im Königlichen Park stellt sich der 59-Jährige ebenso traditionell alljährlich der Presse, die diesmal angesichts der bevorstehenden Bekanntgabe zur Zukunft von Michael Schumacher mit noch mehr gespitzten Ohren im Motorhome der Italiener anzutreffen war.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo

Luca di Montezemolo: Ohne Druck ist Ferrari nicht mehr Ferrari

"Wir sind verpflichtet, dieses Rennen zu gewinnen und ein paar Punkte gutzumachen, die wir in den ersten drei Rennen der Saison verloren haben", spricht Montezemolo Klartext. "Natürlich bin ich ein wenig enttäuscht, dass wir die Pole Position mit zwei Tausendstelsekunden verloren haben, aber auf der anderen Seite sind wir mit den Autos sehr zufrieden. Wir haben zwei Ferrari in den ersten beiden Reihen stehen, unser Hauptgegner Alonso steht weiter hinten, es sieht für das Rennen also vielversprechend aus."#w1#

Warum Ferrari erst nach dem Rennen das Geheimnis lüftet

Erst nach dem Rennen wird Ferrari die Fahrer für 2007 vorstellen "weil ich wollte, dass sich mein Team auf das Rennen konzentriert", wie Montezemolo erläutert. "Und wie gewöhnlich werden wir am Ende des Jahres die gesamte Ferrari-Organisation vorstellen. Ich habe seit vielen Wochen an der neuen Organisation gearbeitet und am Ende des Jahres werden wir in der Lage sein, alles bekannt zu geben. Ferrari schaut nach vorn."

Michael Schumacher

Macht er weiter oder nicht? Diese Frage beschäftigt heute die Sportwelt Zoom

Ferrari hat zu lange Urlaub gemacht

Man habe vergangenes Jahr "einen langen Urlaub eingelegt", spielt der Ferrari-Präsident auf das sportliche Debakel im vergangenen Jahr an. Und leider habe man auch zu Saisonbeginn noch "geurlaubt": "Nun sind wir erneut voll konzentriert und seit Imola sind wir bei weitem das beste Team. Ich hoffe also, dass wir in den letzten vier Rennen gute Chancen haben. Für mich war es wichtig, Ferrari wieder an der Spitze stehen zu haben und ich bin glücklich, dass Ferrari wieder bei der Musik ist."

Montezemolo baut auch in Zukunft auf Schumacher

Montezemolo hofft, dass Michael Schumacher "15 Jahre oder mehr" weitermacht, denn "er ist der beste Fahrer der Welt". "Ich kann sagen, dass er ein wichtiger Teil meines Lebens ist. Wir sind 1996 in schwierigen Zeiten zusammen gekommen, haben fantastische und schwierige Momente erlebt. Aber er war gegenüber dem Team immer loyal, stand ihm sehr nahe und er hat immer unter allen Bedingungen alles gegeben, auch wenn das Auto nicht konkurrenzfähig war. Und er ist ein Fahrer, der nun in der Geschichte von Ferrari mehr gewonnen hat als jeder andere."

Michael Schumacher und Kimi Räikkönen

Auch wenn ihn Kimi Räikkönen ablöst, Schumacher soll bei Ferrari bleiben Zoom

Die Worte Montezemolos klingen sehr nach einer Verabschiedungsrede, auch wenn Montezemolo das Wort Rücktritt gezielt umschifft: "Wann auch immer er aufhören wird - wir werden ihn vermissen und ich werde natürlich mein Bestes geben, um eine Zusammenarbeit auf einer anderen Art und Weise mit ihm zu realisieren."

Lauda war super, aber Schumacher war der Beste

Michael Schumacher ist für Montezemolo "definitiv" mehr als nur ein Angestellter. Und auf der Strecke war er sowieso außergewöhnlich, genauso wie einst Niki Lauda: "Beide sind absolute Vollprofis, widmen sich dem Detail, verfügen über Konzentration und stehen dem Team sehr nahe, wenn es um Unterstützung geht, ob das Techniker oder Mechaniker sind. Sie haben immer alles gegeben, bis auf dem letzten Meter haben sie im Rennen versucht, zu gewinnen."

In Montezemolos Augen war Schumacher der Stärkere: "Ich habe noch nie zuvor in meinem Leben im Rennen einen Fahrer gesehen, der in der Lage war, 70 Runden lang im Pole-Position-Tempo zu fahren, immer auf dem höchsten Niveau, ohne Höhen und Tiefen."

Michael Schumacher

Michael Schumacher lebte auf Schritt und Tritt für Ferrari Zoom

"Michael war der erste Fahrer der Welt, der hart an seiner körperlichen Verfassung gearbeitet hat um fit zu sein. Das hat mich immer beeindruckt. Michael hat etwas Einzigartiges für Ferrari getan, tut das noch immer und wird es auch in Zukunft tun. Er wird ohne Zweifel für viele, viele Jahre der beste Fahrer der Welt bleiben."

Wurde Ferrari durch die Spekulationen zu sehr abgelenkt?

Es sei "eine gute Frage", wie sehr Ferrari im Titelkampf durch die Spekulationen um die Fahrer abgelenkt wird: "Ferrari steht immer unter Druck. Heute Morgen kam ich mit dem Flugzeug aus Rom und las in den italienischen Zeitungen und hörte hier in der Boxengasse die Leute sagen, wie das kommende Ferrari-Team aussehen wird, was Ferrari und Michael tun werden. Ferrari steht immer im Mittelpunkt, aber das ist unser Leben."

Man sei "echte Experten" in dieser Beziehung, sei in den 90er Jahren unter Druck gestanden, als man keinen Erfolg hatte und auch ab 1999, als sich dann langsam die Erfolge einstellten: "Dies ist also unser Leben und Ferrari ohne Druck ist nicht mehr Ferrari. Auch ohne Michaels Entscheidung bedeutet Monza für Ferrari einen großen Druck, denn wir sind verpflichtet, zu gewinnen."

Ferrari braucht den frischen Wind

Die neue Struktur von Ferrari soll das Team voranbringen, es werden junge Leute nachkommen: "Wenn man sich die vergangenen zehn Jahre anschaut, dann hat Ferrari ein paar Mal wenn - auch keinen starken - frischen Wind ins Team gebracht. Das ist für mich wichtig. Wir müssen die Stabilität aufrechterhalten, den Geist erhalten und 80 bis 90 Prozent der Leute behalten. Dieses Jahr ist besonders wichtig, denn viele, viele Verträge werden nach vielen Jahren auslaufen. Ich will eine gute Balance zwischen Innovation und Stabilität."

Ross Brawn

Ross Brawn: Bleibt er oder nicht? Und was macht Jean Todt? Zoom

Montezemolo ist froh, wenn die Katze am Sonntagabend endlich aus dem Sack ist, hören die Spekulationen dann doch endlich auf: "Wird Michael zurücktreten? Wird jemand zu Ferrari kommen - vielleicht Alonso? Er wird sich aus seinem Vertrag mit McLaren freikaufen und zu Ferrari kommen? Zu diesem Zeitpunkt der Saison ist es eine Nachricht wert, ob wir etwas bekannt geben oder nicht. Es ist aus diesem Grund besser, an der traditionellen Bekanntgabe in Monza festzuhalten, so wie wir das normalerweise in der Vergangenheit getan haben."

Montezemolo ist ein Massa-Fan

Montezemolo ließ nur den Hinweis fallen, dass man an Felipe Massa festhalten wird, der Name Kimi Räikkönen fiel nicht: "Ich bin mit Massa zufrieden. Wir haben ihn 2001 als junges Talent unter Vertrag genommen. Dann ging er zu Sauber, anschließend zu uns als Testfahrer. Er kennt alle Leute, er kennt die Techniker, er ist jung, er ist schnell und gut unterwegs. Wir sind mit ihm nicht nur als Fahrer sondern auch als ein Mitglied des Teams sehr zufrieden."

Felipe Massa

Mit seinen starken Leistungen hat Massa Montezemolo überzeugt Zoom

Klar ist ebenso, dass am Sonntag niemand erfahren wird, ob Rennleiter Jean Todt und/oder Technikdirektor Ross Brawn 2007 bei Ferrari an Bord sein werden: "Wir geben immer zuerst nur die Fahrer bekannt. Ich möchte mehr Zeit bis zum Ende des Jahres haben, denn Ferrari ist nicht nur ein oder zwei Fahrer, das ist eine komplexere Angelegenheit und ich möchte eine komplette Bekanntgabe treffen. Das haben wir schon immer so gemacht."