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  • 28.04.2002 11:54

Kluft zwischen Arm und Reich wächst weiter

Der Formel 1 droht eine Pleitewelle der kleinen Teams - Top-Teams sehen keine Veranlassung für große Veränderungen

(Motorsport-Total.com/dpa) - In der Zwei-Klassen-Gesellschaft Formel 1 wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. Schulden, Entlassungen und der Ruf nach Hilfe - die "Kleinen" bangen nach weltweiter Rezession um Sponsorengelder, während für die "Großen" nur das Teuerste gut genug ist. "Es sieht so aus, als wachse der Abstand zwischen finanzschwachen und reichen Teams. Es wird immer schwieriger für Teams ohne Werksunterstützung", beurteilte Ralf Schumacher die allgemeine Lage, die für die größte Entlassungswelle in 52 Jahren Formel 1 sorgt. "Sollen die großen Teams Jordan Geld geben? Das ist nicht wirklich machbar", sagte Michael Schumacher dazu. Und Heinz-Harald Frentzen, als Arrows-Angestellter eher ein Betroffener als die Schumachers, erklärte: "Die ersten Teams, die die Rezession spüren, sind die am Ende der Fahnenstange."

Titel-Bild zur News: Ross Brawn

Brawn glaubt, dass ein Testverbot kaum helfen würde Kosten zu sparen

Geredet wurde in der Formel 1 zwar schon länger übers Sparen, doch am Rande des Grand Prix von Spanien in Barcelona wurden die Anzeichen der Krise deutlich wie lange nicht. "In der Formel 1 erleben wir derzeit einen kleinen Einbruch", sagte der neue BAR-Teamchef David Richards der Zeitschrift 'sportauto'. Jordan und BAR entließen insgesamt 110 Angestellte. BAR soll 230 Millionen Dollar Schulden haben. Prost ging vor der Saison Pleite.

"Wir müssen die Kosten senken, denn sonst wird es die Formel 1, wie wir sie seit 50 Jahren kennen, nicht mehr lange geben", klagte Teamchef Eddie Jordan, bei dem früher die Schumachers und Frentzen angestellt waren, im britischen Magazin 'Autosport'. Jordan verlor zwei Sponsoren, zwei andere kürzten die Gelder. Renault-Teamchef Flavio Briatore mahnte: "Wir müssen auch an die kleinen Teams denken,
denn auch sie braucht die Formel 1."

Die Gegensätze könnten krasser nicht sein. Während Spitzenreiter Ferrari schon jetzt unter Hochdruck am Auto für das Jahr 2003 arbeitet und nach Angaben von Teamchef Jean Todt bereits im Juni mit dem aufwändigen Aerodynamik-Konzept fertig ist, konnte Frentzens Arrows-Team zwischen Februar und April noch nicht einmal das aktuelle Auto testen. Die Budgets der drei Topteams Ferrari, Williams-BMW und McLaren-Mercedes werden auf jeweils über 200 Millionen Dollar pro Jahr geschätzt. Einsteiger Toyota soll gar 400 Millionen Dollar aus der japanischen Zentrale erhalten, Rückkehrer Renault hat angeblich einen Etat von rund einer Viertelmilliarde.

Grundsätzlich gilt: Vertreter großer Autokonzerne sind gut dabei. Wer auf finanzstarken Werks-Rückhalt verzichten und vor allem auf branchenfremde Sponsoren zählen muss, gerät immer weiter ins Hintertreffen.

Noch gehen die Meinungen darüber, wie man die Kosten senken kann, weit auseinander. Die einen rufen nach drastischer Test-Beschränkung, andere halten dies für Unsinn. "Kompletter Nonsens", meinte Ferrari-Technikchef Ross Brawn. Ohne Testfahrten würde eben viel mehr Geld für Simulation ausgegeben. "Es gibt kein Reglement, das zum Testen zwingt", sagte McLaren-Chef Ron Dennis. "Wenn man die Krise vorantreiben will, dann muss man nur laut genug darüber reden. Die Formel 1 war doch schon immer ein Sport, der Geld verbraucht." Die Meinung vieler Teamchefs: Jeder gibt aus, was er zur Verfügung hat.

Neben dem aktuellen Ringen um Sponsoren trägt der Machtkampf um die künftigen Besitzverhältnisse an der Formel 1 zu einer gewissen Verunsicherung bei. Ein Kompromissvorschlag Bernie Ecclestones, wonach die Autohersteller von den Kirch-Banken einen Teil der Anteile an der Holding SLEC umsonst erhalten - die Hersteller dafür von ihrer Drohung mit einer eigenen Serie ab 2008 abrücken sollen, scheiterte nach Informationen der Zeitschrift 'auto, motor und sport' an der Ablehnung des Ferrari-Mutterkonzerns Fiat.