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  • 28.04.2002 11:46

  • von Fabian Hust

Villeneuve sieht für seine Formel-1-Zukunft schwarz

Villeneuve erklärt, warum sein Image angeknackst ist, welche Fehler er gemacht hat und warum ihn kein Top-Team haben möchte

(Motorsport-Total.com) - Wer redet noch von Jacques Villeneuve? Ferrari dominiert die Formel 1, BMW-Williams möchte die Roten vom Thron stoßen und McLaren-Mercedes als absteigendes Top-Team sorgt für die Negativschlagzeilen. Selbst ein Newcomer wie Toyota sorgt für mehr positive Schlagzeilen als ein Jacques Villeneuve, der mit einem schlechten Auto starke Rennen fährt und dank fehlerfreier Fahrt als Siebter nur ganz knapp die WM-Punkte verpasst.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Jacques Villeneuve: Kann er noch Rennen gewinnen?

"Eine Überlebensfrage"

Doch Villeneuve versichert, auch in seiner momentan so aussichtslosen Situation alles zu geben: "Das ist eine Überlebensfrage", gibt der Kanadier in einem Interview mit der 'Welt am Sonntag' zu. Er bereite sich körperlich wie mental sogar noch härter vor als 1996 und 1997, als er im Williams siegte und einen WM-Titel einfahren konnte: "Ich habe noch einiges vor", so der Mann aus St. Jean-sur-Richelieu. Natürlich will er Rennen gewinnen und WM-Titel holen. Doch in einem Team wie BAR stellt sich die Frage, ob dies nicht nur Wunschdenken ist.

"Eine dumme Entscheidung"

Jacques Villeneuve gibt zu, dass er eine "dumme Entscheidung" getroffen hat, als er 1999 von Williams zu BAR wechselte: "Ich wollte mit meinem Manager Craig Pollock ein Team nach unseren eigenen Vorstellungen aufbauen. Es war am Anfang auch toll und hat viel Spaß gemacht. Leider hat es nicht funktioniert. BAR ist wegen der vielen Politik von Anfang an krank gewesen und geblieben." Und scheinbar wird der heute 31-Jährige auch weiterhin in diesem "kranken Team" fahren müssen, denn gute Alternativen gibt es nicht.

Kein Top-Team will Villeneuve

Der Kanadier gibt zu, dass seine Zeit bei BAR sein Image zerstört hat. Will da noch ein Top-Team einen Mann wie Villeneuve verpflichten? Der 1 Meter 68 große Mann gibt die Antwort gleich selbst: "Bei so viel Misserfolg habe ich wenig Chancen. Warum sollte mich jemand in so einer Situation für viel Geld in sein Auto setzen, wenn er glaubt, dass ein junger Fahrer wie Massa das genauso gut kann?" Teams wie Renault oder Toyota haben bereits "Nein" gesagt. Villeneuve ist als Ex-Champion zu teuer und man ist der Meinung, dass billigere Fahrer genauso gute Leistungen bringen. Was Teamkollege Olivier Panis immer wieder beweist.

PR-Wert von Villeneuve ist gleich Null

Und Villeneuve muss zugeben, dass er in der Branche als "schwierig" gilt, weil er ungern PR-Terminen nachgeht, die er als "unnötig" bezeichnet. Doch die Öffentlichkeitsarbeit ist in der Formel 1 von immenser Bedeutung, gerade wenn man einen klangvollen Namen wie Jacques Villeneuve verpflichtet hat. Doch wer zahlt schon einem Fahrer das zweitbeste Gehalt nach Michael Schumacher, wenn dieser nicht bereit ist, ein vernünftiges Maß an öffentlichen Auftritten zu absolvieren? BAR jedenfalls war die ganze Zeit über dumm genug dazu.

Somit wird Jacques Villeneuve in der Zukunft nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin im BAR-Team zu fahren. Dort ist Teamchef Craig Pollock längst gefeuert worden, der auch Villeneuves Manager war und das Gehalt seines Schützlings mitbestimmte, an dem er dann wieder beteiligt wurde. Die Luft für den furchtlosen Rennfahrer wird bei BAR-Honda immer dünner und sein Gehaltscheck in den nächsten Jahren mit Sicherheit kleiner ausfallen. Das Team, an dem Villeneuve beteiligt ist, soll mit rund 250 Millionen Euro verschuldet sein.

Williams, Ferrari und McLaren für Villeneuve keine Perspektive

"Ich würde nur wechseln, wenn ich mit dem Team wieder Rennen gewinnen könnte", so Villeneuve gegenüber der 'Welt am Sonntag'. "Trotzdem sind die drei Teams keine Perspektive für mich. Williams hat einen jungen deutschen Fahrer und dazu einen deutschen Motor. Damit gewinnt Ralf Schumacher Rennen. Juan-Pablo Montoya ist ebenfalls jung, schnell und ein guter Typ. Im Übrigen zahlt Williams nur ungern hohe Fahrergagen. Am liebsten würde ich mit BAR den Sprung in die erste Startreihe schaffen."

Jacques Villeneuve gibt weiterhin an, motiviert zu sein, auch eine Rückkehr in die USA schließt der Kanadier aus. Und so wird er auch in den kommenden Jahren bei BAR-Honda sicherlich besser verdienen als bei einem Top-Team wie Williams. Ob er aber die erwünschten Erfolge haben wird, ist mehr als fraglich. Nach 11 Siegen zwischen 1996 und 1997 ist es um den Kanadier ruhig geworden. Aber das ist ja das, was er eigentlich mag. Den Preis, den er für die weniger gewordene PR-Arbeit zahlen muss, ist aber verdammt hoch.