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Keine reine Mercedes-Show: Wie nah ist Ferrari 2015 dran?

Ferrari scheint 2015 in fast allen Bereichen auf Mercedes aufgeholt zu haben - Können die Roten allerdings auch dauerhaft eine Bedrohung für die Silberpfeile sein?

(Motorsport-Total.com) - Beim Saisonauftakt in Australien deutete noch alles darauf hin, dass Mercedes auch die Formel-1-Saison 2015 wieder nach Belieben dominieren würde. Im Qualifying distanzierte Lewis Hamilton die Konkurrenten aus den anderen Teams um rund 1,4 Sekunden, im Rennen lag der Vorsprung von Hamilton und Teamkollege Nico Rosberg auf das restliche Feld bei mehr als einer halben Minute. Doch mittlerweile ist klar: Ein Selbstläufer wird die Saison 2015 nicht werden.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg, Sebastian Vettel

Ferrari sitzt Mercedes in der Formel-1-Saison 2015 dicht im Nacken Zoom

In Malaysia hatte Sebastian Vettel plötzlich die Nase vorne und bescherte Ferrari den ersten Sieg seit Barcelona 2013. Zuletzt in China setzte sich der Aufwärtstrend der Roten fort. Zwar hatte man die Nase dieses Mal nicht vor den Silberpfeilen, doch zumindest hatte die Scuderia die beiden führenden Autos stets in Sichtweite. Am Ende landeten Vettel und Teamkollege Kimi Räikkönen auf den Rängen drei und vier.

Eine "Formel Mercedes" scheint es in diesem Jahr also nicht zu geben. Ferrari mag die Silberpfeile zwar noch nicht überholt haben, doch immerhin ist man so nah dran, dass man jeden Fehler und jede Schwäche von Mercedes eiskalt ausnutzen kann. Gegenüber 'Auto motor und sport' erklärt ein Mercedes-Ingenieur: "Bei den nächsten beiden Rennen in Bahrain und Barcelona kann es wieder eng für uns werden."

Ferrari-Antrieb deutlich verbessert

Die Silberpfeile nehmen die Konkurrenz aus Maranello ernst. Doch wie kommt es, dass Ferrari in diesem Jahr fast auf Augenhöhe mit Mercedes ist, nachdem man 2014 nicht einmal ansatzweise einen Sich gegen Hamilton und Rosberg sah? Zunächst einmal ist da der Ferrari-Motor, der ganz offenbar einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat.

"Alle sagen 'Mercedes, Mercedes', aber so ist es nicht mehr. Ferrari ist sehr stark, sie haben einen sehr starken Motor", weiß beispielsweise Felipe Massa, der in seinem Williams selbst auf Mercedes-Power setzt. Ein Blick auf die Topspeeds gibt dem Brasilianer recht. Im Qualifying in China war Sebastian Vettel (331,6 km/h) fast auf Augenhöhe mit Lewis Hamilton (332,1). Zum Vergleich: 2014 hatten Fernando Alonso in der China-Qualifikation noch fast 10 km/h auf den Briten gefehlt.


Fotostrecke: Ferrari SF15-T vs. Ferrari F14 T

SF15-T überzeugt als Reifenflüsterer

Doch auch in anderen Bereichen haben die Roten Fortschritte gemacht. So scheint der SF15-T ein echter Reifenflüsterer zu sein. In Sepang konnte Vettel auch deshalb gewinnen, weil er das Rennen mit zwei Stopps beenden konnte, während Hamilton und Rosberg dreimal zum Service mussten. Bereits in der Vergangenheit galten die Vorgängermodelle des Mercedes W06 häufig als Reifenfresser.

Eigentlich schien man diese Probleme mittlerweile im Griff zu haben. Doch 2015 haben die Silberpfeile in Sachen Reifenbehandlung offenbar klar das Nachsehen gegenüber Ferrari. Grund dafür scheint zu sein, dass Mercedes mit viel Abtrieb unterwegs ist. Das ist für die Hinterreifen ein echtes Problem. Der bereits genannte Ingenieur erklärt: "Mehr Abtrieb bedeutet mehr Energie, die in den Reifen eingebracht wird."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von China


"Das Auto rutscht zwar nicht. Damit bleibt die Oberflächentemperatur im grünen Bereich. Doch der Anpressdruck kann den Reifen überfordern, weil er sich durch zu starkes Walken von innen her erwärmt. Wenn das Gleichgewicht zwischen äußerer und innerer Temperatur nicht stimmt, baut der Reifen ab." Ferrari scheint dieses Problem besser gelöst zu haben als die Silberpfeile.

"Ferrari ist sehr stark, sie haben einen sehr starken Motor." Felipe Massa

"Krieg der Sterne" sorgt für Probleme

In Sachen Zuverlässigkeit nehmen sich beide Teams nicht viel. Von den insgesamt vier Piloten sah in den bisherigen drei Saisonrennen lediglich Räikkönen einmal nicht die Zielflagge. In Australien beendete allerdings nicht der SF15-T sein Rennen, sondern ein verpatzter Boxenstopp. Und es erscheint unwahrscheinlich, dass seiner Crew noch einmal solch ein Fehler unterlaufen wird.

Und schließlich sind da natürlich auch noch die teaminternen Spannung, die bei Mercedes immer mal wieder für Unruhe sorgen. Regelmäßig geraten Hamilton und Rosberg aneinander. Zuletzt in China warf der Deutsche seinem Teamkollegen vor, ihn bewusst eingebremst zu haben. Zwar ist dieser Vorfall laut den Beteiligten mittlerweile abgehakt, doch erfahrungsgemäß scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis es wieder kracht.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von China


Solche Probleme hat man bei Ferrari (noch) nicht. Die Scuderia befindet sich noch immer in der Verfolgerrolle, weshalb alle an einem Strang ziehen, um den Rückstand auf Mercedes zu verringern. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich das Verhältnis zwischen Vettel und Räikkönen abkühlen wird, sobald diese einmal gegeneinander um einen Sieg kämpfen. Bisher war das noch nicht der Fall.

Wer macht den nächsten Schritt?

Spannend wird in den kommenden Wochen und Monaten außerdem sein, wer sein Auto effektiver weiterentwickeln kann. "Alle Faktoren müssen zusammenpassen: Abtrieb, Aero-Balance, Fahrwerkskinematik, Motorcharakteristik, Schaltstrategie, Reifendruck. Jedes Auto hat sein eigenes Fenster, in dem du dich als Ingenieur bewegen kannst. Wenn du aus dem Puzzle ausbrechen willst, geht der Schuss nach hinten los", verrät der Silberpfeil-Insider.

So wird man bei Mercedes wohl auf radikale Änderungen verzichten, die den W06 reifenschonender machen könnten. Im Umkehrschluss wird allerdings auch Ferrari Vorsicht walten lassen müssen, um genau diesen Vorteil in Zukunft nicht aus der Hand zu geben. Der Mercedes-Ingenieur weiß: "Der Schlüssel wird sein, wer von uns seine Schwachpunkte besser umschiffen kann."


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Ferrari wird auf jeden Fall weiter darauf lauern, Mercedes das ein oder andere Mal zu ärgern. In der Weltmeisterschaft liegt Vettel lediglich 13 Zähler hinter Spitzenreiter Hamilton, bei den Konstrukteuren hat die Scuderia 40 Zähler Rückstand. Noch sind die Silberpfeile also in Sichtweite und bei Ferrari wird man alles dafür tun, damit sich das auch in den kommenden Monaten nicht ändert.

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