• 02.08.2001 13:51

  • von Marcus Kollmann

Johnny Herbert im ausführlichen Interview

Der Engländer über seinen Test in Rockingham, die neue Strecke und die hohen Geschwindigkeiten der Champ Car-Autos

(Motorsport-Total.com/Haymarket) - Über ein Jahrzehnt lang bestritt Johnny Herbert Formel-1-Rennen und gewann drei Grand Prix. Gleichzeitig fand er Zeit, um am 24-Stundenrennen von Le Mans teilzunehmen. Nun lautet sein großes Ziel in der amerikanischen Champ Car oder Indy Racing League unterzukommen und die 500 Meilen von Indianapolis zu gewinnen. Dazu muss er jedoch mit den schnellen Ovalkursen zurechtkommen. Am Dienstag testete er Englands neuen Ovalkurs Rockingham und fand viele Fragen auf seine Antworten. Nun ist er noch fester davon überzeugt, dass er nächstes Jahr unbedingt in den Staaten Rennen fahren will.

Titel-Bild zur News: Johnny Herbert

Nach der Formel 1 will Herbert nun CART fahren

Frage: "Du musst mit deinem ersten Champ Car-Test auf einem Ovalkurs zufrieden sein oder?"
Johnny Herbert: "Das hat mir einen guten Eindruck darüber verschafft, wie das Rennfahren in der Champ Car-Serie auf einem Oval überhaupt ist. Es war nicht unheimlich oder so, ich hatte keinerlei Probleme. Aber es war anders als ich es mir vorher ausgemalt hatte. Ich dachte, dass die Fahrer mehr Einfluss hätten. Ich habe aber schon immer schnelle Kurven gemocht und muss gestehen, dass ich es genossen habe. Hauptsächlich kommt es auf den Fahrstil an. Man muss sehr vorsichtig und zugleich aber auch entschlossen sein. Es kommt am Ende darauf an, dass man die Geschwindigkeit in die Kurven hineinnimmt, einige Runden fährt und die Zeiten schneller werden. Es muss auch ein wenig mit dem linken Fuß gebremst werden. Ich kann das aber in einem Champ Car besser tun und bin darüber glücklicher als ich es in der Formel 1 war, denn ich hatte mir ja meinen linken Fuß beim Unfall in der Formel 3000 1988 in Brands Hatch gebrochen und fand es seither schwierig da ein Gefühl für das Bremsen zu haben. In einem Oval muss man bei den hohen Geschwindigkeiten nur das Auto stabilisieren, sodass es nicht unruhig hin und her rutscht und das ist in Ordnung."

Frage: "Glaubst du, dass ein Ovalkurs zu deinem Fahrstil passt?"
Herbert: "Ich bin vorsichtig gefahren und alles ist für mich sehr gut verlaufen. Von der ersten Runde an fühlte ich mich wie zu Hause. Ich musste nicht erst Vertrauen fassen und alles locker angehen. Es war mehr wie 'Oh, das ist gut, ich kann hier und dort noch ein wenig schneller fahren'. Ich habe schon aufgepasst, bin trotzdem aber schnell gefahren. Als ich am Montag in einem Ferrari 355 hier gefahren bin, dachte ich, dass es einfach werden würde, jedoch nur weil ich annahm, dass das Auto nicht schnell war. Man muss sich dem total hingeben und daran gewöhnen, wenn man das aber tut, dann macht es viel Spaß."

Frage: "Alex Baron hat gesagt, dass diese Strecke nicht mit denen in Amerika zu vergleichen ist. Was denkst du?"
Herbert: "Nun, Kurve 1 ist von der Steilheit her okay, man scheint dort leicht in eine Kompression hinunterzugehen, welche man zu seinem Vorteil nutzen kann. Hier kann man viel mehr machen als in Kurve 4, welche grundsätzlich gleich ist, nur dass die Kompression dort fehlt. Kurve 4 ist definitiv schwieriger als Kurve 1. Ich habe mich dort mehr am Limit gefühlt als in den anderen Kurven. In Kurve 2 geht es schnell hinein und dann ein wenig nach unten, sodass man die Kompression nutzen kann und die Steilheit gibt einem viel Grip. Kurve 3 ist wie die Blanchimont in Spa. Sie ist schnell aber auch irgendwie nicht, also kein Problem. Dort spürt man ein wenig den Nervenkitzel. Wir haben also vier total verschiedene Kurven, wenngleich zwei sich ähnlich sehen. Solch eine Abwechslung zu haben ist wirklich nett."

Frage: "Wie hat es sich angefühlt, als du mit 200 Meilen pro Stunde (320km/h) so nah an den Betonwänden entlang gefahren bist?"
Herbert: "Ich hatte damit letztes Jahr nie ein großes Problem in Indy [in der Formel 1]. Für mich bedeutet das keinen Unterschied, ob da nun eine Wand ist oder nicht. In Monaco ist man den Leitplanken ja auch so nahe. Für mich ist das kein Problem. Vielleicht währe ein Superspeedway ein bisschen mehr einschüchternd, aber ich fühlte nicht heute nicht eingeschüchtert."

Frage: "Und, wie war dein erster CART-Test bei dem du über 100 Meilen abgespult hast?"
Herbert: "Das war heute eines der Hauptziele. Ich hatte gedacht, dass wir vielleicht nicht genug Zeit hätten, da ich darüber informiert war, dass die CART-Jungs den Tag zum Test der Reifen und für das Daten sammeln für die Teams in Amerika nutzen wollten. Aber ich denke, dass es geholfen hat, dass ich so schnell klar kam und ein paar Stunden fahren konnte. Dadurch habe ich alleine heute eine Menge gelernt."

Frage: "Du bist mit verschiedenen Flügeln gefahren, wie haben die sich angefühlt?"
Herbert: "Die beste Balance hatte ich mit dem Standard-Handford-Flügel. Als ich die anderen beiden Flügel getestet habe, merkte ich, dass durch den ersten Flügel das Heck unruhiger lag. Deshalb musste ich auch etwas das Tempo reduzieren. Dann haben wir noch eine darauf basierende Variante probiert bei der ich aber immer noch Probleme hatte. Anschließend haben wir den Originalflügel montiert. Mit dem war ich zwar auf der Geraden langsamer, jedoch konnte ich schneller in die Kurven fahren. Es war wirklich gut und interessant aus diesem Blickwinkel betrachtet."

Frage: "Hasut du überhaupt mitbekommen, dass du nur 1,5 Meilen pro Stunde von einem Rundenschnitt von 200 Meilen entfernt warst?"
Herbert: "Wirklich? Also ich hätte das schaffen können."

Frage: "Und du hast auch die schnellste, je auf einer englischen Strecke gefahrene Rundenzeit erzielt..."
Herbert: "Ja toll, aber es wird nicht lange dauern bis die unterboten wird."

Frage: "Alles in allem ein produktiver Tag?"
Herbert: "Es war eine gute Gelegenheit, um zu erfahren was zu erwarten ist. Es war auch gut, dass Alex [Barron] hier war, weil er ja kein schlechter Fahrer ist. Zuerst war es gut, dass er da war, weil ich vorher noch nie auf einem Oval gefahren bin und zweitens weil ich auch noch schneller als er war. Ich bin darüber zufrieden. Jetzt bin ich noch entschlossener das nächstes Jahr zu machen. Ich will es jetzt mehr als vorher."