Honda-Ausstieg auch für Brawn ein Schock

Teamchef Ross Brawn erfuhr nur eine Woche vor der Öffentlichkeit von den Honda-Plänen - Frust groß, weil alles auf 2009 ausgerichtet war

(Motorsport-Total.com) - Am Freitag hat Honda völlig überraschend den sofortigen Ausstieg aus der Formel 1 bekannt gegeben - eine Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise, mit der man in dieser drastischen Form kaum gerechnet hätte. Sogar die Führungsetage in Brackley wurde von der Entscheidung des Konzerns in Tokio auf dem falschen Fuß erwischt.

Titel-Bild zur News: Ross Brawn

Ross Brawn erfuhr am Freitag vor einer Woche von Hondas Entscheidung

Teamchef Ross Brawn informierte am Donnerstag seine Mitarbeiter und die Konkurrenzteams, dabei hatte er selbst auch erst am Freitag vor einer Woche von der Hiobsbotschaft erfahren. Er und Geschäftsführer Nick Fry waren darauf eingestellt, dass sie einen Sparkurs einschlagen müssen, doch die Nachricht vom Totalausstieg war ein Schock für die beiden. Anschließend begannen sie sofort mit der Suche nach potenziellen Käufern.#w1#

Aus Kürzungen wurde ein Totalausstieg

"Es war ein großer Schock", erklärte Brawn gegenüber 'autosport.com'. "Uns war bewusst, wie schlecht es um die Wirtschaft bestellt ist, also hatten wir bereits Budgetkürzungen ausgearbeitet. Durch die FOTA- und FIA-Initiativen zur Kostensenkung waren wir zuversichtlich, dass sich diese nicht auf unsere Wettbewerbssituation auswirken würden - unterm Strich sind wir hier, um zu gewinnen. Umso größer war der Schock, als wir es am Freitag erfahren haben."

"Uns war bewusst, wie schlecht es um die Wirtschaft bestellt ist, also hatten wir bereits Budgetkürzungen ausgearbeitet." Ross Brawn

Doch der Brite raffte sich rasch auf, um nach Interessenten für das Team zu suchen. Drei haben sich angeblich bereits gemeldet - und zwei davon sind inzwischen bekannt: Favorit ist David Richards mit seinem Motorsportunternehmen Prodrive, außerdem soll auch Dubai International Capital (DIC) um Ex-Ford-Manager Martin Leach im Rennen sein. Anstatt um Aerodynamik, KERS und Co. geht es für die Truppe in Brackley nun um das nackte Überleben.

Diese Situation ist für Brawn völlig neu, aber: "Im Motorsport und in der Formel 1 wird man immer wieder vor Herausforderungen gestellt. Oftmals sind es Herausforderungen, mit denen man nicht gerechnet hätte", sagte er und stellte eine Parallele zu Malaysia 1999 her. Damals war der heutige Honda-Teamchef Technischer Direktor von Ferrari, als Abweichungen bei den Barge-Boards beinahe zu einer WM-entscheidenden Disqualifikation geführt hätten.

Immerhin kann Brawn dem Ausstieg von Honda auch etwas Gutes abgewinnen: "Ich habe Ferrari verlassen, weil ich gelangweilt war. Diese Entwicklung stellt wenigstens sicher, dass mir nicht langweilig wird!" Zumindest der Galgenhumor ist ihm also noch nicht abhanden gekommen. Das kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Frust tief sitzt, schließlich hatte man sich bei Honda so viel für nächstes Jahr ausgerechnet.

Brawn hofft auf einen Käufer

"Wir haben 2008 durchgestanden, um 2009 zu profitieren." Ross Brawn

"Wir haben 2008 durchgestanden, um 2009 zu profitieren. Jetzt nicht die Früchte dieser Arbeit ernten zu können, ist unglaublich frustrierend", seufzte Brawn. "Ich hoffe, dass wir jemanden finden, der diese Sache fortführt und die Früchte unserer Arbeit erntet. Das Auto ist fix und fertig - und ich glaube, dass es ein sehr konkurrenzfähiges Auto sein wird. Es wäre sehr schade, wenn es nie das Licht der Welt erblicken würde."

Der 54-Jährige hofft, dass der RA109 - die Typenbezeichnung könnte sich unter neuen Eigentümern natürlich noch ändern - auf ähnlichem Niveau performen wird wie BMW. Allerdings bringt der Honda-Ausstieg Handicaps mit sich: Anstatt im Januar wird das Auto aufgrund des notwendig gewordenen Motorwechsels wohl erst im März rennbereit sein. Welcher Motor im Heck des Boliden stecken wird, steht ohnehin noch in den Sternen.

Und auch ob Brawn langfristig weitermachen wird, ist keineswegs entschieden: "Das hängt vom Level des Teams ab und davon, ob ich mit den neuen Eigentümern zusammenarbeiten will", so der Brite. "Ich werde dem Team definitiv helfen, diese Phase zu überstehen, aber ich habe kein großes Interesse daran, am Ende des Feldes herumzugurken." Festlegen will er sich erst nach der Übernahme durch die neuen Eigentümer.