Hammermonat Juli: WM-Vorentscheidung für Alonso

Fernando Alonso konnte in den vier Rennen im Juli sein Guthaben in der WM ausbauen und hat nun 26 Punkte Vorsprung auf Räikkönen

(Motorsport-Total.com) - Der seit heute endgültig hinter uns liegende Juli war der anstrengendste Monat, den die Formel-1-Weltmeisterschaft in ihrer 55-jährigen Geschichte bisher zu bewältigen hatte. An fünf Wochenenden wurden nicht weniger als vier Rennen ausgetragen und somit insgesamt 156 WM-Punkte vergeben. Dabei ist im Kampf um die Fahrerkrone zumindest eine Vorentscheidung gefallen, auch wenn der Abstand zwischen den beiden Spitzenreitern gestern in Ungarn wieder ein bisschen geschrumpft ist.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen und Fernando Alonso

Räikkönen und Alonso haben im WM-Fight noch sechs Grands Prix vor sich

Fernando Alonso setzte sich am Start am Hungaroring mit einem etwas zu optimistischen Manöver neben Ralf Schumachers Toyota und bekam dafür glatt die Nase poliert, um es bildlich auszudrücken. Der Renault-Pilot musste zurück an die Box, um sich eine neue Frontpartie abzuholen, und konnte anschließend nicht mehr in die Vergabe der WM-Punkte eingreifen. Gleichzeitig fuhr Erzrivale Kimi Räikkönen ein strategisch gewitztes und fehlerfreies Rennen zum für ihn so wichtigen vollen Erfolg.#w1#

Alonso im Juli: 28 Punkte aus vier Rennen

Dennoch ist Alonso insgesamt der Sieger der Juli-Rennen, denn nachdem er mit einem Vorsprung von 59 zu 37 in diese Serie an Grands Prix gegangen war, liegt er nun schon mit 87 zu 61 voran. Die Differenz ist also um vier Zähler größer als vor einem Monat. Bei noch sechs zu fahrenden Rennen bedeutet dies, dass Alonso nur noch fünfmal Dritter und einmal Vierter werden muss, um Weltmeister zu werden - selbst wenn Räikkönen von nun an alles gewinnen sollte.

Dabei war McLaren-Mercedes so zuversichtlich in den Juli gegangen. Selbst nach dem bitteren Alonso-Triumph in Magny-Cours hatte sich Norbert Haug noch in Kampfansagen geübt: "Es gibt in diesem Monat noch 30 Punkte zu gewinnen für einen Fahrer, wenn er alles richtig macht und immer der Schnellste ist", so der Deutsche am 3. Juli. Allerdings schwante ihm offenbar schon damals Böses: "Das heißt nicht, dass ich sage, dass das gelingen wird..."

Inzwischen klammert er sich nur noch an einen Strohhalm: "Wir müssen nur den Trend fortsetzen, den wir eingeschlagen haben. Wir haben fünf der letzten acht Rennen gewonnen und dabei auch - zugegebenermaßen - einige Siege weggeschmissen, auch zweite Plätze. Der Trend spricht aber für unsere Mannschaft und unser Team", erklärte Haug gestern gegenüber 'Premiere'. Aber: "Die Fahrer-WM ist in weiter Ferne, bei den Konstrukteuren ist es ein bisschen enger."

Whitmarsh will den WM-Titel noch nicht aufgeben

McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh sieht in Räikkönen hingegen weiterhin "einen werdenden Weltmeister", auch wenn er zugeben musste, dass der gestrige Tag "kein perfekter" für sein Team war: "Perfekt wäre ein Doppelsieg für uns ohne Punkte für Renault. Das lag heute sogar in unserer Reichweite, aber es hat nicht ganz geklappt. Wir hätten seit zehn Rennen eigentlich solide alle Punkte abstauben müssen", seufzte der Brite.

"Wir verbessern aber das Auto und den Motor weiter, wir haben Entwicklungspakete in der Pipeline. Wir werden immer stärker, aber wir müssen sicherstellen, dass wir nicht immer diese Zuverlässigkeitsprobleme haben", fuhr er fort. "Dennoch bin ich sicher, dass wir die Saison stark beenden werden. Wir werden noch einige Grands Prix gewinnen. Renault hat einen guten Job gemacht. Es wird schwierig, sie zu schlagen, aber wir sind einen Schritt näher gekommen und werden nicht aufgeben."

Renault-Teamchef Flavio Briatore zeigte sich in den ersten TV-Interviews nach dem Rennen am Hungaroring indes ziemlich verärgert, von einem Rückschlag in der Weltmeisterschaft wollte er aber nichts wissen: "Habt ihr das Rennen nicht gesehen?", meckerte er einige Journalisten an. "Fernando hat in der ersten Kurve den Frontflügel verloren, ansonsten wäre es ganz anders gelaufen. Beim nächsten Rennen werden wir zurückschlagen."

Zwei alte Streithähne: Alonso und Ralf Schumacher

Und auch Alonso betonte, er sei lediglich "unglücklich" gewesen. Die Schuld an dem Malheur in der ersten Kurve sah er übrigens - wie bei einem Rennfahrer nicht anders zu erwarten - bei "Schumi II", mit dem er vergangenes Jahr in Monaco schon einmal aneinander geraten ist. Der Toyota-Pilot wiederum zeigte dafür kein Verständnis: "Ich habe das gar nicht mitbekommen. Ich wusste gar nicht, dass er mir reingefahren ist", so Schumacher.

Formel-1-Experte Christian Danner glaubt indes, dass Renault in Ungarn zwar ein schwieriges Wochenende hatte, aber durchaus noch einmal zurückschlagen kann, denn: "Die waren heute mit einer wesentlich härteren Mischung unterwegs als die Konkurrenz. Als Ergebnis sind sie hinterhergefahren", analysierte er. Darüber hinaus prognostizierte der ehemalige Grand-Prix-Pilot und heutige 'RTL'-Kommentator ein WM-Finale "vom Feinsten" zwischen Alonso und Räikkönen.

Fest steht, dass Alonso im Moment die wesentlich besseren Karten in der Hand hält, denn selbst wenn sein R25 nicht mehr das schnellste Auto der Formel 1 ist, reichen ihm ja Zielankünfte, die er aufgrund der fast perfekten Zuverlässigkeit im Prinzip nur abholen muss. Räikkönen steht im Gegensatz dazu unter Druck, möglichst viel zu gewinnen, muss daher ans Limit gehen - und wer sagt, dass die Technik seines "Silberpfeils" nicht noch einmal den Dienst quittieren wird?