Haug: "Der Trend spricht für unser Team"

Nach dem Sieg in Ungarn ist Mercedes-Sportchef Norbert Haug skeptisch, was die Fahrer-WM angeht - Stimmung sonst aber positiv

(Motorsport-Total.com) - Mit seinem Sieg heute am Hungaroring hat Kimi Räikkönen seinen Rückstand in der Fahrer-WM auf 26 Punkte reduziert. Bei sechs noch ausstehenden Rennen bedeutet dies zwar, dass Fernando Alonso nach wie vor ohne Siege den Titel nach Hause fahren kann, doch immerhin lebt zumindest wieder ein Fünkchen Hoffnung - auch bei Mercedes-Sportchef Norbert Haug.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen und Norbert Haug

Kimi Räikkönen und Norbert Haug feierten den Sieg in Ungarn heute gemeinsam

Der Deutsche betonte zwar, dass er sich "keine Gedanken" über den WM-Titel macht, aber: "Wir müssen nur den Trend fortsetzen, den wir eingeschlagen haben. Wir haben fünf der letzten acht Rennen gewonnen und dabei auch - zugegebenermaßen - einige Siege weggeschmissen, auch zweite Plätze. Der Trend spricht aber für unsere Mannschaft und unser Team", erklärte er im Interview mit 'Premiere'. "Wer weiß: Wenn die Trendwende sich fortsetzt, haben wir gute Karten. Drei Rennen wie dieses - und schon sind wir vorne!"#w1#

MP4-20 ist noch immer nicht zuverlässig genug

Die Achillesferse von McLaren-Mercedes ist allerdings nach wie vor die Zuverlässigkeit, zumal man sich in dieser so entscheidenden Phase der Weltmeisterschaft keine weiteren Ausfälle mehr leisten darf. Heute streikte aber bei Juan-Pablo Montoya wieder einmal die Antriebswelle, was bei den "Silberpfeilen" einer der am häufigsten auftretenden Defekte ist. Haug weiß, dass diesbezüglich Handlungsbedarf besteht: "Wir müssen immer noch zuverlässiger werden, wie Juan-Pablo leider gezeigt hat", sagte er.

Aber: "Von den Möglichkeiten her sind wir jederzeit zu einem Doppelsieg fähig. Hier waren wir das auch, das konnte man sehen. Die Richtung stimmt", ergänzte der Mercedes-Sportchef. "Wenn ich die Wahl habe, ein sehr schnelles Auto zu haben und es dann zuverlässig zu machen, dann ist das sicherlich der bessere Weg als umgekehrt. Dinge wie heute sollten nicht passieren, aber wir haben allen Grund, uns über diesen Sieg zu freuen. Die Fahrer-WM ist in weiter Ferne, bei den Konstrukteuren ist es ein bisschen enger."

Der anstrengende Juli mit vier Rennen in fünf Wochen liegt damit hinter der Formel 1 - und das Titelrennen ist noch immer nicht entschieden: "Ich freue mich sehr für die Jungs, denn die haben sich das wirklich verdient", unterstrich Haug den Motivationsfaktor des heutigen Triumphes. "Wir sind sehr gut über diesen Sprint im Juli gekommen, auch wenn wir nicht alle Rennen gewonnen haben. Das Rennteam hat sich jetzt mal ein paar Tage Pause verdient vor dem nächsten Rennen in der Türkei."

Haug: Montoya hätte gewinnen dürfen

Was das heutige Rennen angeht, fragen sich viele, ob Räikkönen auch gegen Montoya gewonnen hätte. Und: Was, wenn der Kolumbianer kurz vor Schluss knapp vor dem "Iceman" in Führung gelegen wäre? Ein vom Kommandostand angeordneter Positionstausch wäre für McLaren-Mercedes jedenfalls nicht in Frage gekommen: "Teamorder sind verboten - und wir werden doch keine Verbote brechen", grinste Haug in die Kameras.

"Kimi war heute phasenweise fast zu schnell für meine Begriffe", spielte er anschließend auf jene Phase im Rennen an, als der Sieg eigentlich schon sicher in der Tasche war, "aber ich denke, er wollte einfach nichts anbrennen lassen und sich einen Polster sichern für den Fall der Fälle. Kimi kann man da schon vertrauen, er hat bei solchen Gelegenheiten die sprichwörtliche Ruhe weg."

Haug voll des Lobes für Räikkönens Leistung

"Er hatte eine sehr schlechte Ausgangsbasis als Erster im Qualifying auf der Strecke, denn das ist ein Handicap von fast einer Sekunde. Er hat sich aber gut qualifiziert, die Strategie war gut - und sein Speed hat ihn letztlich nach vorne gebracht. Das konnte man sehen. In der zweiten Rennhälfte war er auf jeden Fall deutlich schneller als Michael Schumacher und Ferrari - teilweise bis zu zwei Sekunden. Ferrari war am Anfang sehr stark, denn Michael ist länger gefahren als Kimi und hatte einen besseren Speed, aber eben nur zu Beginn", so Haug weiter.

Abschließend wagte er einen Blick voraus auf Istanbul: "Neuland für alle, sicher eine sehr interessante Strecke. Offensichtlich ist es dort sehr heiß, aber daran sind wir inzwischen gewöhnt in diesem Jahr, denn das war schon sehr, sehr oft so. Bei Hitze haben wir auch immer gut ausgesehen. Ich hoffe, dass wir uns sehr schnell und sehr gut auf die Strecke einstellen können. Keiner hat großartig Daten. Natürlich kennt man das Layout der Strecke, aber man weiß nichts über die Asphaltbeschaffenheit und wie es mit den Reifen gehen wird", erklärte der Deutsche.

"In den letzten acht Rennen hatten wir klar den besten Speed"

"Wir konnten bisher jede Strecke sehr gut handhaben", äußerte er eine gesunde Portion Zuversicht vor dem 14. WM-Lauf der Saison 2005. "In den letzten acht Rennen hatten wir klar den besten Speed. Jetzt müssen wir den nächsten Schritt noch machen: den Speed konservieren und die Zuverlässigkeit verbessern. Wer weiß, vielleicht geht noch was..."

Dieser Meinung ist auch ein anderes Aushängeschild von McLaren-Mercedes, nämlich Mika Häkkinen. Der Weltmeister der Jahre 1998 und 1999 war heute in Budapest und feierte mit seinem jüngeren Landsmann den Sieg am Hungaroring: "Kimi ist motiviert, extrem talentiert und schnell. Das Team muss ihm ein zuverlässiges und schnelles Auto hinstellen, dann kann er es noch schaffen. Die Renaults waren heute jedenfalls nicht allzu schnell", analysierte der DTM-Pilot.

"Der Sieg ist gut für ihn, gut für das Team. Immer, wenn man ein Rennen gewinnt, ist das wichtig für die Weltmeisterschaft, aber ich finde, dass Kimi mit diesem Sieg gezeigt hat, dass er mental unglaublich stark ist, denn er hatte in letzter Zeit wirklich viel Pech. Das gilt auch für das Team, das Rückschläge hinnehmen hat müssen", attestierte Häkkinen seinem Ex-Rennstall beste Qualitäten. Ist der Titel also noch drin, Mika? "Absolut. Ich glaube, Kimi kann es noch schaffen", entgegnete er.