• 31.07.2005 19:31

Das große Siegerinterview mit Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönen erklärt, warum er zunächst nicht an Schumacher vorbeikam, dann aber doch überlegen gewann - WM-Chance lebt weiter

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Kimi, in Anbetracht deiner schlechten Ausgangsposition nach dem Ausfall in Hockenheim ist das ein großartiges Resultat, nicht wahr?"
Kimi Räikkönen: "Ja, es war gut. Wir haben mit den Benzinmengen ein kleines Risiko auf uns genommen, weil wir wussten, dass ich als Erster auf der Strecke einen Nachteil haben würde. Das hat sich bezahlt gemacht. Ich bin ziemlich happy, denn ich hatte ein gutes Auto. Das halbe Rennen über steckte ich hinter Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) fest, aber dann konnte ich eine Runde länger als er draußen bleiben und an ihm vorbeigehen. Dann fuhr ich ihm davon und das war es dann auch schon. Für das Team war es ein bisschen enttäuschend, denn es hätte auch ein Doppelsieg sein können, aber ich freue mich dennoch."

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Kimi Räikkönens WM-Chancen sind heute in Budapest wieder ein wenig gestiegen

Frage: "In der Anfangsphase konntest du dich gemeinsam mit Michael Schumacher vom Rest absetzen. Ist dir aufgefallen, wo die Unterschiede zwischen deinem und seinem Auto liegen?"
Räikkönen: "Er zog mir in der letzten Kurve einfach immer zu weit davon, daher kam ich auf der Geraden nie nahe genug an ihn heran, um eine Attacke zu starten. Am Anfang des Rennens war unser Speed vielleicht ähnlich, aber nach dem ersten Stopp war ich deutlich schneller, nur konnte ich nicht überholen. Ich kam nahe an ihn heran, dann gerieten wir in Verkehr, was aber nicht schlimm war, aber zum Glück hatten wir unterschiedliche Strategien. Das hat letztendlich den Unterschied ausgemacht."#w1#

Räikkönen kam einfach nicht an Schumacher vorbei

Frage: "Hättest du Michael Schumacher nicht einfach überholen können?"
Räikkönen: "Nein, sonst hätte ich es ja versucht. Ich würde sagen, dass ich vor dem ersten Boxenstopp nicht schnell genug war, aber nach dem Boxenstopp kam ich auch nicht an ihm vorbei, obwohl ich viel schneller war. Immer, wenn ich nahe an ihm dran war, war er durch die letzte Kurve sehr schnell, also konnte ich nichts tun. Außerdem ist es hier überall so eng, dass man eigentlich kaum mal jemanden überholen kann."

Frage: "Dein erster Stint war ziemlich kurz. Du wärst natürlich gerne vor Michael Schumacher geblieben nach den ersten Stopps, aber es hat dann erst beim zweiten Stopp funktioniert..."
Räikkönen: "Ja. Wir haben uns am Samstag im Qualifying für eine andere Strategie entschieden, denn als Erster auf der Strecke muss man wie gesagt ein ziemlich großes Handicap hinnehmen."

Frage: "Beim zweiten Stopp hast du viel weniger nachgetankt als Michael Schumacher. Habt ihr diese Entscheidung während des Rennens getroffen?"
Räikkönen: "Nein. Wir haben den ersten Stopp gemacht und dann haben sie den zweiten Stopp so festgelegt, wie es das Team für das Richtige hielt. Da haben sie offensichtlich eine großartige Entscheidung getroffen."

Nur eine Runde hat den Grand Prix entschieden

Frage: "Der zweite Stopp hat dann entschieden, nicht wahr?"
Räikkönen: "Ja, wir haben eine Runde später gestoppt. Wir wussten nicht, wann sie anhalten würden, also haben wir gewartet und gewartet. Zum Glück konnte ich eine Runde länger draußen bleiben. Danach attackierte ich volles Rohr und ich blieb auch nach meinem dritten Stopp vorne."

Frage: "Du hast in Runde 40, kurz vor dem Ausfall deines Teamkollegen, der zu dem Zeitpunkt ungefähr sieben Sekunden vor dir lag, die schnellste Runde gedreht. Glaubst du, dass du ihn auch geschlagen hättest?"
Räikkönen: "Ich weiß es nicht und wir werden es nie erfahren. Ich hatte ein sehr gutes Auto. Nach dem letzten Boxenstopp hatte ich einen großen Vorsprung. Ich musste nicht mehr attackieren, habe nichts riskiert, hätte aber viel schneller fahren können, wenn ich gewollt hätte."

Frage: "Habt ihr eigentlich auch eine Vierstoppstrategie in Betracht gezogen?"
Räikkönen: "Nein. Wir hatten die Wahl zwischen zwei und drei Stopps. Am Ende haben wir uns für drei entschieden."

Frage: "Glaubst du, dass dein Auto heute das schnellste war?"
Räikkönen: "Montoya hatte natürlich Pech, aber ich habe das Rennen gewonnen. Niemand weiß, wie es anders gekommen wäre."

WM-Situation: "So geht es immer auf und ab..."

Frage: "Siehst du diesen Sieg auch ein bisschen als Entschädigung für dein Pech am Nürburgring und in Hockenheim?"
Räikkönen: "Nicht wirklich. Wenn wir ein schlechtes Rennen haben und in Führung liegend ausscheiden, dann gewinnen wir meistens beim nächsten Mal und Alonso gibt uns die zehn Punkte wieder zurück. So geht es immer auf und ab, aber ich empfinde es nicht so, dass ich mir etwas zurückgeholt habe heute. Wir haben heute hart für den Sieg gearbeitet - und vielleicht waren wir auch ein bisschen glücklich. Als Team hatten wir Pech, denn wir hätten beide Autos vorne haben müssen. Wir haben hart gearbeitet und sind belohnt worden."

Frage: "In der Weltmeisterschaft hast du heute zehn fette Punkte von deinem Rückstand weggehobelt. Wie siehst du die Situation jetzt?"
Räikkönen: "Natürlich sieht es jetzt besser aus als nach dem letzten Rennen, aber es ist einfach unglücklich, dass wir immer wieder zehn Punkte aufholen, sie dann aber beim nächsten Rennen wieder wegwerfen. Wir bewegen uns da ständig auf und ab, aber es sieht jetzt definitiv besser aus. Es sind noch sechs Rennen zu fahren. Wenn wir diese Resultate weiterhin erreichen und wenn ihm (Fernando Alonso; Anm. d. Red.) auch mal was zustößt, können wir immer noch um den WM-Titel fighten. Das haben wir auch vor!"

Räikkönen will Alonso noch einmal unter Druck setzen

Frage: "Glaubst du, dass die Titelchance noch lebt?"
Räikkönen: "Ja, viel mehr als vor dem Start dieses Rennens, daher werden wir unser Bestes geben. Vielleicht können wir den Rückstand in den nächsten beiden Rennen verringern, dann werden wir ihn noch einmal unter Druck setzen."

Frage: "Heute ist dein erster Hochzeitstag mit Jenni. War das das beste Geschenk für sie?"
Räikkönen: "Ja, ich denke schon. Vielleicht könnte ich ihr aber auch etwas anderes geben! Mal schauen, was wir heute Abend unternehmen werden..."

Frage: "Deine Frau und deine Eltern waren heute auch da. Wie war es, ihnen vom Podium aus zuwinken zu können?"
Räikkönen: "Natürlich bin ich happy, denn als wir hierher gekommen sind, wussten wir, dass es ein schwieriges Wochenende werden könnte. Jetzt habe ich aber gewonnen. Das ist der beste Abschluss, bevor ich in die Ferien gehe, also bin ich glücklich."