Glock: "Als Fahrer bist du generell nie zufrieden"
Timo Glock im exklusiven 'F1Total.com'-Interview über seinen Test für Jordan, den Crash und seine Chancen auf ein Cockpit im Team
(Motorsport-Total.com) - Neben den Schumacher-Brüdern und Nick Heidfeld drehte bei den Testfahrten in Barcelona auch noch ein vierter Deutscher seine Runden: Timo Glock. Der 21-Jährige durfte überraschend Jordans erste Testkilometer im Jahr 2004 abspulen.

© xpb.cc
Sammelte erste Erfahrungen in der Formel 1 bei Jordan: Timo Glock
"Timo Glock ist vielleicht das viel versprechendste Talent in Deutschland. Ich bin froh, dass wir ihm diese Chance geben konnten", meinte Teamchef Eddie Jordan und attestierte Glock einen guten Einstand in der Formel 1.
Dabei hatte der Test für den Odenwälder am Dienstag mit einem spektakulären Unfall begonnen, der ihn aber ? wie er im Gespräch mit 'F1Total.com' berichtet ? nur noch mehr angespornt hat.#w1#
Extreme Belastung für die Nackenmuskulatur
Frage: "Timo, wie fühlst du dich nach insgesamt 90 Runden in einem Formel-1-Auto?"
Timo Glock: "Ich fühle mich gut. Das war am Dienstag nach meinem Unfall nicht so. Der erste Testtag hatte mich körperlich schon sehr mitgenommen, denn die Nackenmuskulatur wird in einem Formel-1-Auto einfach extrem belastet. Der Donnerstag lief dann ja besser, ohne Unfall. Entsprechend fühle ich mich jetzt auch."
Frage: "Fiel es dir am Donnerstag leichter, mit den physischen Belastungen umzugehen?"
Glock: "Auf jeden Fall. Das habe ich schon gemerkt, als ich die Installationsrunde gefahren bin. Das Gefühl für das Auto und die Strecke war schon ein ganz anderes. Das einzige, was mich störte, war die Erkältung, die ich seit Anfang der Woche mit mir herumschleppe. So etwas behindert dann doch immer ein bisschen. Aber es war kein Problem, so bin ich eben mit Schnupfennase und Husten durch die Gegend gefahren. Ich wusste beim zweiten Test einfach, was auf mich zukommt. Das hat enorm geholfen."
Zweiter Testtag war "eigentlich nicht geplant" - Kompliment ans Team
Frage: "Hat es dich überrascht, dass du gleich am Donnerstag eine neue Chance bekommen hast?"
Glock: "Das war eigentlich nicht geplant. Dass ich noch mal fahren durfte, hat sich dann erst am Mittwoch entschieden. Meine Leistungen beim ersten Test haben da sicherlich geholfen. Dabei hatte ich ? gerade nach dem Crash ? eigentlich nicht daran geglaubt. Das Team hat am Dienstag aber super gearbeitet und das Auto schnell wieder flott bekommen. Das war schon ein tolles Zeichen."
Frage: "Mit dem reparierten Auto bist du aus der Box gefahren und hast kurz vor Schluss noch eine richtig gute Runde hingelegt..."
Glock: "Nach dem Unfall war ich vollkommen enttäuscht. Ich wusste, dass ich den Wagen wegen eines Fehlers von mir verloren hatte. Natürlich ist man in solchen Fällen deprimiert. Alle Leute der anderen Teams kamen heraus, um zu schauen, wer den Unfall gebaut hat. Es war eine blöde Situation. Dann habe ich mir aber gesagt: 'Jetzt zeigst du, dass du es doch kannst und keine Fehler machst.' Das habe ich dann auch getan, alleine schon als Entschuldigung an das Team."
"Hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre sicher eine hohe 1:17er Zeit drin gewesen"
Frage: "Wie würdest du selbst deine Leistung beurteilen?"
Glock: "Speziell am Donnerstag war ich sehr mit mir zufrieden. Natürlich hat es mir schon einen kleinen Dämpfer verpasst, als Nick Heidfeld eingestiegen ist und schneller war. Aber es ist sicher keine Schande, auf Nick vier Zehntelsekunden zu verlieren. Als Fahrer bist du generell nie zufrieden. Hätte ich mehr Zeit gehabt, das Auto und die Strecke kennen zu lernen, dann wäre sicherlich eine hohe 1:17er Zeit drin gewesen. Aber ich war auch mit meiner 1:18 zufrieden."
Frage: "Wie sieht der Tagesablauf eines Testpiloten aus?"
Glock: "Um halb sieben hat am Morgen bei mir der Wecker geklingelt. Danach habe ich ganz normal gefrühstückt. Für acht Uhr war dann das erste Meeting an der Strecke angesetzt. Da wird das Testprogramm für den Tag besprochen und festgelegt. Ungefähr zehn Ingenieure waren bei dem Treffen dabei. Fünf vor neun bin ich ins Auto gestiegen, damit ich auch ja pünktlich um neun auf die Strecke gehen konnte. Jede Minute zählt beim Testen."
Circuit de Catalunya für Glock nur kurze Zeit eine unbekannte Strecke
Frage: "Bist du vor dem Formel-1-Test jemals auf dem Circuit de Catalunya gefahren?"
Glock: "Nein, ich kannte die Strecke nur aus dem Fernsehen und von der PlayStation. Nach ein oder zwei Runden hatte ich mich aber daran gewöhnt. Man weiß einfach, was für Kurven auf einen zukommen. Ich musste mich auf den ersten Runden viel mehr an das Auto gewöhnen. Aber auch das war kein Thema."
Frage: "Hast du dir die Umstellung so einfach vorgestellt?"
Glock: "So einfach war es dann auch wieder nicht. Im Vergleich zur Formel 3 ist es schon ein großer Unterschied, plötzlich in einem Formel-1-Wagen zu fahren. Aber schon in der Formel 3 habe ich oft gezeigt, dass ich mich schnell an neue Situationen gewöhnen kann. Das war in Barcelona nicht anders. Schritt für Schritt versucht man, sich ans Limit heranzutasten. Und das hat auch gut funktioniert."
"Es wird schnell egal, ob nun ein Michael Schumacher oder Juan Pablo Montoya an dir vorbeifährt"
Frage: "Unter anderem war auch Michael Schumacher am Donnerstag auf der Strecke. Wurde damit auch ein Traum für dich wahr, gegen den Champion zu fahren?"
Glock: "Vor dem Test war das sicherlich so. Ich habe aber schnell gemerkt, dass jeder in der Formel 1 einfach seinen eigenen Job macht und seinen eigenen Weg geht. So war es auch bei mir. Ich habe mir das eine Viertelstunde angesehen, dann hatte ich keine Probleme mehr damit. Es wird schnell egal, ob nun ein Michael Schumacher oder Juan Pablo Montoya an dir vorbeifährt. Jeder macht seine Arbeit, und das habe ich auch gemacht."
Frage: "Wie hat dich das Jordan-Team aufgenommen?"
Glock: "Am Anfang haben sich vielleicht schon einige im Team gedacht: 'Was will denn der hier.' Aber schon nach den ersten Runden haben sie ihre Meinung geändert und gemerkt, dass ich den Test sehr ernst nehme."
Frage: "Wie geht es nun mit dir weiter? Sehen wir dich als Stammfahrer bei Jordan wieder?"
Glock: "Dazu kann ich mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern, da heißt es abwarten. Gerade in dieser Phase ist es wichtig, mit Prognosen vorsichtig zu sein. Ich kann aber sagen, dass es mir in Barcelona sehr großen Spaß gemacht hat und es eine tolle Erfahrung war."

