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Fisichella: "Immerhin lebe ich noch..."

Ein resignativ wirkender Giancarlo Fisichella über Sauber, die Ferrari-Chance und warum auch Affen Formel 1 fahren können

(Motorsport-Total.com) - Seit 1996 ist Giancarlo Fisichella in der Formel 1 und mindestens ebenso lange gilt er als eines der größten Talente der Königsklasse. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass sich langsam Frustration bei ihm breit macht, weil er den Sprung in ein Top-Team noch immer nicht geschafft hat.

Titel-Bild zur News: Giancarlo Fisichella

Nachdenklich: Giancarlo Fisichella fährt auch 2004 für kein Top-Team

Bei der Präsentation des neuen Sauber C23 gestern in Salzburg stellte er sich dennoch den Fragen einer kleinen Journalistengruppe, darunter auch das 'F1Total.com'-Team. "Fisico" wirkte dabei ? wohlgemerkt nach dreistündigem Interview-Marathon ? ansatzweise resignativ und lustlos, sammelte aber irgendwie noch genügend Humor zusammen, um den berühmten "Affen-Sager" von Niki Lauda zu entkräften...

Frage: "Giancarlo, was kommt dir in den Sinn, wenn du an die Schweiz denkst?"
Giancarlo Fisichella: "Zuerst einmal natürlich Uhren, denn die sind mein Hobby."#w1#

Frage: "Sammelst du Uhren?"
Fisichella: "Ja."

Frage: "Welche?"
Fisichella: "Naja, 'Rolex' ist die beste Uhrenmarke der Welt, aber es gibt auch 'Swatch'. Das ist ein Hobby von mir. Ich denke bei der Schweiz aber auch an Schokolade, um ein weiteres Beispiel zu nennen."

Alles neu in der Schweiz, aber "Fisico" mag das Land

Frage: "Warst du schon öfter dort?"
Fisichella: "Nicht wirklich. Die Schweiz ist sehr nett und ich war auch schon einmal in der Fabrik des Teams, aber nie in meiner Freizeit."

Frage: "Kennst du schon irgendwelche Schweizer, hast du einen Bezug zum Land?"
Fisichella: "Alles ist ganz neu für mich, um ehrlich zu sein. Ich freue mich aber, bei Sauber zu sein, denn die Atmosphäre ist gut und die Ingenieure und Mechaniker sind sehr professionell. Es gibt unter ihnen sogar ein paar Italiener."

Frage: "Und natürlich ist da auch Felipe Massa. Sprichst du mit ihm auch Italienisch?"
Fisichella: "Ja."

Frage: "Du warst schon bei vielen Teams und wirst sicher unterstreichen, dass Peter Sauber ein ganz anderer Chef ist als beispielsweise Flavio Briatore, oder?"
Fisichella: "Ja, und auch ganz anders als Eddie Jordan."

Frage: "Peter Sauber gilt als sehr seriös. Wie kommst du mit dem Wechsel klar?"
Fisichella: "Ich mag Leute wie ihn. Er ist sehr seriös, sehr unkompliziert, mit beiden Füßen auf dem Boden und daher habe ich eine gute Beziehung zu ihm. Ich mag einfach seriöse Menschen, denn es ist heutzutage in der Formel 1 fast unmöglich, so jemanden zu finden."

Frage: "Die Formel 1 ist ein hart umkämpftes Umfeld. Wie kommst du damit zurecht?"
Fisichella: "Es ist schon schwierig, aber nach so vielen Jahren lernst du damit umzugehen. Ich kümmere mich inzwischen ehrlich gesagt gar nicht mehr um diese Dinge, gebe einfach mein Bestes, konzentriere mich auf meine Arbeit."

Frage: "Es ist kein Geheimnis, dass du gerne einmal für Ferrari an den Start gehen möchtest. Ist Sauber in diesem Zusammenhang die zweitbeste Wahl für dich?"
Fisichella: "Nein. Ich bin voll konzentriert auf die Saison 2004 mit dem Sauber-Team. Für mich ist es wichtig, mein Talent zu zeigen und ein paar Punkte zu holen, in der Arbeit mein Bestes zu geben. Während der Saison werde ich dann einmal Gelegenheit haben, für Ferrari irgendwo zu testen. Dabei muss ich einen guten Job machen, den Leuten zeigen, was ich kann. Ich muss auch gut mit dem Auto und den Reifen umgehen und dann sehen wir weiter."

Barrichello-Vertragsverlängerung vorerst nur ein Gerücht

Frage: "Der Vertrag mit Rubens Barrichello wurde ja angeblich verlängert."
Fisichella: "Nein, das ist nur ein Gerücht. Es zählt auch gar nicht, was bei Ferrari oder bei Williams passiert, denn im Moment muss ich einfach mein Bestes für Sauber geben."

Frage: "Was erwartest du dir von der neuen Saison?"
Fisichella: "Es wird sicher nicht einfach. Da sind Teams wie McLaren, Ferrari oder Williams, die einfach viel stärker sind als wir. Alleine schon das Budget und die Ressourcen sind viel größer und sie können auch viel mehr testen. Wir müssen daher wirklich zurückhaltend bleiben. Mein Ziel ist, immer mein Bestes zu geben, vielleicht auf das Podest zu kommen. Mein Traum ist natürlich, ein Rennen zu gewinnen, ich weiß aber, dass das unmöglich ist."

Frage: "Kannst du Sauber nach so kurzer Zeit mit Jordan vergleichen?"
Fisichella: "Ja, schon ein bisschen. Es ist ein sehr nettes, aber professionelles Team. Ich habe mit ihnen in Barcelona schon einmal getestet. Mit den Ingenieuren und Mechanikern komme ich sehr gut aus und es gibt auch ein paar Italiener im Team, was gut für mich ist. Das Auto ist ein bisschen besser als der Jordan, aber so groß ist der Unterschied auch wieder nicht. In den schnellen Kurven und mit viel Downforce funktioniert der Sauber besser, aber wie gesagt, von Welten reden wir da nicht."

Frage: "Du hast so lange auf deinen ersten Sieg warten müssen und dann ist es letztes Jahr in Brasilien so unrühmlich passiert. Bereust du, dass es auf so eine Art und Weise geklappt hat? Fühlte es sich überhaupt wie ein echter Sieg an?"
Fisichella: "Es war fantastisch für mich. Leider konnte ich den Sieg nicht auf dem Podium feiern, das fand ich sehr schade. Sie haben da einfach einen Fehler gemacht, einen großen Fehler. Aber genau deswegen möchte ich noch mehr Rennen gewinnen."

Frage: "Wie kommst du mit deinem neuen Teamkollegen aus?"
Fisichella: "Ich habe ihn vor ein paar Jahren zum ersten Mal getroffen. Er ist ein netter Kerl, noch jung. Wir haben so etwas wie eine Freundschaft, denn es ist sehr wichtig, zusammen an einem Strang zu ziehen, was das Team und die Ingenieure angeht."

Fisichella: "Habe kein Problem damit", Massa zu helfen

Frage: "Du bist viel erfahrener als er. Wirst du ihm Ratschläge geben?"
Frage: "Wenn er Hilfe braucht, habe ich kein Problem damit, aber er ist ein sehr guter Fahrer und konnte letztes Jahr bei Ferrari viel von Michael und Rubens lernen."

Frage: "Du bist immer schneller gewesen als deine Teamkollegen, hast es aber nie in ein Top-Team geschafft. Was sind die Gründe dafür?"
Fisichella: "Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht. Mir bleiben aber Gott sei Dank noch ein paar Jahre, um es weiter zu versuchen."

Frage: "Glaubst du noch daran?"
Fisichella: "Oh ja. Immerhin lebe ich noch..."

Frage: "Würdest du im Nachhinein etwas anders machen, wenn du noch einmal die Gelegenheit dazu hättest?"
Fisichella: "Vielleicht schon."

Frage: "Niki Lauda hat einmal gesagt, dass jeder Affe einen Formel 1 fahren kann. Was hältst du ihm dagegen?"
Fisichella: "Nachdem er das gesagt hat, ist er selbst in Valencia gefahren. Er hat sich gedreht und war 15 Sekunden langsamer als wir. Vielleicht stimmt es, vielleicht kann jeder Affe einen Formel 1 fahren, nur halt 15 Sekunden langsamer... (lacht)."

"Ich habe zwei Kinder und mag öfter bei ihnen sein"

Frage: "Stimmt es, dass du wieder nach Rom gezogen bist?"
Fisichella: "Ja, das stimmt. Meine Familie lebt in Rom und so habe ich wieder mehr Zeit für sie. Ich habe zwei Kinder und mag öfter bei ihnen sein."

Frage: "Konntest du die Feiertage bei der Familie verbringen?"
Fisichella: "Ja, ich war in meinem Haus mit meiner ganzen Familie und meinen Eltern. Es war sehr schön."

Frage: "Vermisst du deine Familie während der Saison, ärgert es dich, dass du nicht mehr Zeit für sie hast?"
Fisichella: "Manchmal schon, aber ich liebe meine Arbeit sehr."

Frage: "Wie entspannst du dich, wenn du einmal von der ganzen Hektik abschalten willst?"
Fisichella: "Dann fahre ich heim, verbringe Zeit mit meiner Frau, spiele mit den Kindern. Natürlich schaue ich mir auch öfter Spiele des AS Roma an, das ist eines meiner Hobbys. Jetzt läuft es ja gerade besonders gut, wir führen in der Tabelle."

Frage: "Gehst du auch ab und zu ins Stadion?"
Fisichella: "Manchmal. Es ist sehr schwierig, aber wenn die Zeit bleibt, mache ich das gerne."

Frage: "Du spielst ja auch selbst Fußball, nicht wahr?"
Fisichella: "Genau, im Fahrerteam. Wir spielen ungefähr einmal im Monat für einen guten Zweck. Michael ist auch einer der Fahrer, die sehr oft spielen."

Frage: "Auf welcher Position spielst du?"
Fisichella: "Im Sturm."