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Das große Präsentations-Interview mit Willy Rampf

Saubers Chefdesigner im 'F1Total.com'-Interview über den neuen C23, die Kooperation mit Ferrari, Bridgestone und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - 1994 trat Willy Rampf, geboren 1953 im deutschen Thalheim, verheiratet und dreifacher Familienvater, als Renningenieur erstmals in den Dienst des Sauber-Teams, seit 2000 ist er nach einem kurzen BMW-Intermezzo als Technischer Direktor in Hinwil engagiert. In einer ruhigen Lounge am Salzburger Flughafen nahm er sich gestern auch für die Fragen von 'F1Total.com' einige Minuten Zeit.

Titel-Bild zur News: Willy Rampf

Sauber-Chefdesigner Willy Rampf gestern beim Gespräch mit 'F1Total.com'

Frage: "Willy, die Nase des BMW-Williams ist momentan das bestimmende Thema in den Medien. Was sagst du dazu und besteht die Möglichkeit, dass wir so eine Variante auch am C23 früher oder später sehen werden?"
Willy Rampf: "Zunächst einmal möchte ich sagen, dass es eine sehr angenehme Überraschung war, dass sie mit einem komplett anderen Konzept aufgekommen sind, weil die Autos heutzutage dazu tendieren, sehr ähnlich auszusehen. Ich meine, wenn man die Lackierung abschaben würde und alle Autos dieselbe Farbe hätten, hätten wahrscheinlich alle immense Probleme, die Autos überhaupt zu identifizieren. Es gab kaum Regeländerungen und dadurch sind sich die Autos immer ähnlicher geworden. Was Williams gemacht hat, ist gut für die Formel 1, es ist eine ganz andere Vorgehensweise. Sobald unser Windkanal fertig ist, werden wir uns dieses Konzept natürlich auch anschauen und evaluieren, was die Vorteile sind."#w1#

"Hammerhai"-Konzept könnte auch von Sauber getestet werden

Frage: "Auch auf der Rennstrecke?"
Rampf: "Wenn der Windkanal positive Ergebnisse bringt, dann ja. Alles, was im Windkanal funktioniert, testen wir auf der Rennstrecke."

Frage: "Du kennst natürlich die genauen Details auch nicht, aber was ist deine Meinung zum Konzept dieser Frontpartie?"
Rampf: "Sie sind einen sehr konsequenten Weg gegangen, haben auch eine Doppelkiel-Aufhängung umgesetzt. Wir hatten das auch drei Jahre lang, sind aber jetzt wieder zu einer Einzelkiel-Variante zurückgekehrt. Die Steifheit ist ein wichtiger Faktor, vielleicht für Bridgestone noch mehr als für Michelin, was ich aber nicht beurteilen kann, weil ich ja keine Erfahrung mit Michelin-Reifen habe. Wir sind jedes Jahr mit der Steifheit nach oben gegangen und fanden dabei jedes Jahr eine Verbesserung. Ohne Zweifel gibt dir ein Einzelkiel die steifste Radaufhängung und daher haben wir uns so entschieden. Das heißt aber nicht, dass das Einzelkiel-Konzept für die nächsten zehn Jahre geeignet sein muss."

Frage: "Durch das neue Reglement ist der Motor vermutlich ein wenig größer und schwerer geworden. Wie hat sich das auf das Design ausgewirkt?"
Rampf: "Eigentlich ist der Motor nicht schwerer geworden, sondern eher leichter."

Frage: "Um wie viel?"
Rampf: "Ein paar Kilogramm."

Ferrari-Getriebe "kürzer und kompakter" als 2003er-Sauber-Version

Frage: "Trägt dazu auch das neue Ferrari-Getriebe bei oder ist das genauso schwer wie euer letztjähriges Modell?"
Rampf: "Wir hatten ein sehr leichtes Getriebe, das bleibt sich in etwa gleich. Es ist kürzer und kompakter, aber das Gewicht ist in etwa gleich geblieben."

Frage: "Wie sieht es mit der Leistung aus?"
Rampf: "Das Ziel musste sein, die Leistung gleich zu halten und dabei den Motor für 750 oder 800 Kilometer zu bauen, ihn standfester zu machen, und dann damit zu beginnen, wieder an Leistung zu gewinnen. Der C23, den wir hier haben, ist ein fertiges Rennauto. Wir fliegen damit nach Valencia und beginnen dort mit den Tests."

Frage: "Und ihr habt dieses PS-Ziel erreicht?"
Rampf: "Ja."

Frage: "Welche Bereiche des Fahrzeugs nehmt ihr euch vor Saisonbeginn in Melbourne am genauesten vor, um noch einmal die eine oder andere Verbesserung zu erzielen?"
Rampf: "Der Heckflügel gehört sicher dazu, denn dieses Jahr sind nur noch zwei Elemente erlaubt, und auch wegen der langen Endplatten. Alle werden versuchen, da noch Performance zu finden. Die Endplatten sind um 100 Millimeter länger geworden und das eröffnet den Aerodynamikern Spielraum, wo sie ein wenig tüfteln können. Dadurch, dass nur noch zwei Elemente erlaubt sind, sind wir dazu gezwungen, auf einigen Strecken mit einer Full-Downforce-Konfiguration zu fahren. Alle suchen nach zusätzlichem Abtrieb. Auf Strecken wie Monaco oder Ungarn kann es gut sein, dass wir wieder irgendwelche überraschenden Flügelkonstruktionen sehen werden, weil man einfach mehr Downforce auf Kosten der Effizienz benötigt."

Bis Melbourne kommt noch ein weiterentwickelter Frontflügel

Frage: "Der Frontflügel des C23 sah heute noch sehr konservativ aus. Tretet ihr damit auch in Melbourne an oder kommt da noch etwas nach?"
Rampf: "Nein, nein, da wird man noch sehr unterschiedliche Flügel sehen."

Frage: "Das heute ist also quasi nur für die Präsentation?"
Rampf: "Es ist einer der Flügel, die wir einsetzen werden."

Frage: "Wie geht man eigentlich vor, wenn man mit dem Bau eines Rennwagens beginnt?"
Rampf: "Prinzipiell beginnen wir mit der Entwicklung eines neuen Autos immer im Mai. Nach den ersten vier, fünf Rennen des Jahres kennen wir die Schwachstellen und dann setzen sich die Techniker an einen Tisch und definieren ein neues Konzept oder neue Lösungsmöglichkeiten."

Frage: "Kann man da von Stunden sprechen oder läuft das total aus dem Ruder?"
Rampf: "Im Mai und Juni läuft die Entwicklung parallel, das heißt, man muss das bestehende Auto während den Rennen weiter verbessern und gleichzeitig am neuen Auto arbeiten. Dabei setzt man oft auch neue Komponenten ein, zum Beispiel haben wir Teile des C23 am C22 verwendet."

Frage: "Ist der C23 eine konsequente Weiterentwicklung des C22?"
Rampf: "Das Neufahrzeug ist eigentlich immer eine Weiterentwicklung des Vorgängerfahrzeugs, wenn es keine extrem großen Änderungen im Reglement gibt. Der C23 ist eine sehr konsequente Entwicklung, auch was die Vorgaben beim Design angeht, nämlich die Aerodynamik noch effizienter zu machen, die Komponenten steifer zu machen und das Fahrzeug wesentlich kompakter."

Motorenabdeckung und Heckbereich waren Rampf am wichtigsten

Frage: "Welche Ziele setzt man sich, damit der neue Wagen wirklich ein Fortschritt werden kann?"
Rampf: "Die Konstruktionsziele habe ich eigentlich ja schon definiert. Das Hauptaugenmerk galt beim C23 sicher dem Heckbereich, die Motorenabdeckung ist wegen des Reglements größer geworden. Den Verlust von Abtrieb durch den Heckflügel muss man auch irgendwie zu kompensieren versuchen. Darauf werden sich die meisten Teams konzentrieren."

Frage: "Stichwort Reifen. Bist du besorgt?"
Rampf: "Wenn man sich die Rundenzeiten bei den Tests anschaut, dann müssen wir uns Sorgen machen, aber wir sind auch sehr zuversichtlich, dass Bridgestone bei der Reifenentwicklung noch einen großen Schritt nach vorne machen wird. Uns ist klar, dass Michelin in den letzten Wochen riesige Fortschritte gemacht hat, aber wir wissen auch, dass Bridgestone sehr hart am Arbeiten ist. Alles geht in die richtige Richtung und wir sind da recht optimistisch."

Frage: "Michelin hat drei Top-Teams, muss also in drei Richtungen entwickeln und wird damit vermutlich ein sehr breites Spektrum an Bedürfnissen abdecken, während sich Bridgestone gezwungenermaßen auf Ferrari konzentrieren muss. Habt ihr euch aus diesem Grund vorgenommen, mit dem Design des C23 einen ähnlichen Weg wie Ferrari einzuschlagen?"
Rampf: "Ich denke, das musste so gemacht werden. Das war eines der Ziele. Es würde überhaupt keinen Sinn machen, ein Auto nach einem völlig anderen Konzept zu bauen oder mit einer ganz anderen Gewichtsverteilung, denn dann hätten wir nichts von der Reifenentwicklung gehabt."

"Ferrari ist der beste Motorenhersteller, den du kriegen kannst"

Frage: "Bei den Reifentests gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit mit Ferrari und das erscheint den Journalisten immer wieder ungewöhnlich, weil man so eine Kooperation zwischen zwei Teams nicht kennt..."
Rampf: "Man muss das so sehen: Ferrari ist der beste Motorenhersteller, den du kriegen kannst. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis auf der Motorenseite und ich finde auch nicht, dass es da allzu viele Angebote gibt. Ich meine, wenn du selbst ein Formel-1-Team gründen würdest, welchen Motor würdest du dir wünschen?"

Frage: "Aber ihr bekommt einen schlechteren Motor als Ferrari. Macht das auf Dauer überhaupt Sinn?"
Rampf: "Naja, 2004 haben wir genau denselben Motor. Wir beginnen mit demselben Motor und bekommen auch die Entwicklungsstufen während der Saison."

Frage: "Die gleichen Ausbaustufen wie Ferrari?"
Rampf: "Vielleicht ein bisschen später, nicht im selben Rennen, aber im Prinzip ja. Es ist jedenfalls nicht so, dass unser Motor das ganze Jahr über nicht weiterentwickelt wird. Jedes Jahr bekommen wir ein paar Ausbaustufen. Ferrari ist auf uns zugegangen und hat gesagt, wenn wir den Motor noch einmal wollen, dann bekommen wir den neuen, weil sie sich dann aufgrund des neuen Reglements Entwicklungskosten sparen. Ein Motor, der ein Jahr hinten ist, hätte extra entwickelt werden müssen. Das hätte keinen Sinn gemacht."