Der Große Preis von Deutschland in der Analyse
Wer war topp, wer war Flop? Lesen sie die große Analyse zum Grand Prix von Deutschland auf dem Hockenheimring
(Motorsport-Total.com) - Für die deutschen Fans war der Große Preis von Deutschland wohl ein Traumwochenende ? zumindest für den Großteil, schließt man von der vorherrschenden Farbe auf der Tribüne auf die Fangruppe. Aber auch allen Nicht-Michael-Schumacher-Fans war jede Menge geboten, wenn man die schwarz-rot-goldene Fraktion vertrat. Eine doppelte Schumacher-Pole, zwei deutsche Fahrer im Rennen auf dem Podium, und zwei BMW- und ein Mercedes-befeuertes Auto in den Punkten. Nur wenn Michael Schumacher in einem BMW oder Mercedes säße, hätte man das noch toppen können, aber das ist ja bekanntlich ein anderes Thema, das in die Kategorie "abgehakt" einzusortieren ist.

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Für Michael Schumacher war es ein perfektes Rennwochenende
Der neue Hockenheimring hat seine Feuerprobe bestanden, klar vermissen viele die langen Waldgeraden, die auch ihren Flair hatten, aber bei Rad-an-Rad-Duellen muss man nun nicht mehr um das Leben der Fahrer bangen, da die Höchstgeschwindigkeiten gesenkt und größere Auslaufzonen geschaffen wurden. So konnte man den packenden Zweikampf zwischen Juan-Pablo Montoya und Kimi Räikkönen ganz entspannt beobachten. Die verflixte Haarnadelkurve sorgte vor allem am Freitag für viele Ausrutscher, aber auch ansonsten hat sich das Layout als Überholmanöver-fördernd erwiesen, natürlich kann es aber auch keine Wunder bewirken.
Ferrari ? 141 Punkte ? Platz 1
Michael Schumacher scheint alles Glück von Rubens Barrichello auf sich rüberzuziehen. 17 Mal in Folge sah der Ferrari-Pilot nun die Zielflagge, damit egalisiert er einen alten Rekord, den einst Niki Lauda aufstellte. Rubens Barrichello hingegen war das ganze Wochenende einen Tick langsamer als Michael Schumacher, er leistete sich einen Fahrfehler, der am Samstag notwendige Vorbereitungszeit kostete und im Rennen fuhr er ebenfalls langsamer als Michael Schumacher. Da half es nicht, dass er an der Box wieder einmal Pech hatte, als die Tankklappe im Ersatzwagen nicht funktionieren wollte.
Michael Schumacher hingegen fuhr bis auf einen kleinen Ausrutscher auf die Asphaltauslaufzone perfekt, auf blasenwerfende Hinterreifen reagierte der Routinier mit taktisch kluger Fahrt. Der Sieg war etwas knapper als zuletzt, aber dennoch war das Rennen abgesehen vom ersten Rennabschnitt, als die Reifen Probleme bereiteten, nicht gefährdet. Zusätzlich gelang dem Kerpener ein Hattrick aus Pole Position, Sieg und schnellster Rennrunde (1:16.462 Minuten). Der Weltmeister ließ auch nach seinem fünften WM-Titel keinen Zweifel daran, dass er motiviert wie immer ist.
Rubens Barrichello fuhr noch auf den vierten Platz, ohne sein Problem mit der Tankklappe wäre mindestens der dritte Platz möglich gewesen. In seiner schnellsten Rennrunde fehlten dem Brasilianer 0,383 Sekunden auf seinen Teamkollegen, das bedeutete ebenfalls Rang vier. Auf Grund der Hitze war Ferrari dieses Mal nicht überlegen, aber man hatte erneut das beste Paket. Und wie immer war der Ferrari zuverlässig ? zumindest jener von Michael Schumacher.
Kurzprognose:
Der Weltmeistertitel ist längst im Sack und der Konstrukteurstitel nur eine Formsache. Michael Schumacher wird den Rekord für die meisten Siege in einer Saison ebenso brechen wie den Rekord für die meisten Punkte in einer Saison. Und wenn die endlose Pechserie von Rubens Barrichello endlich ein Ende finden sollte, dann darf er sich zu Saisonschluss Vize-Weltmeister nennen.
BMW-Williams ? 76 WM-Punkte ? Platz 2
Die Weiß-Blauen waren in Hockenheim seit langem wieder einmal dicht an Ferrari dran. Ralf Schumacher fuhr eines seiner besten Wochenenden der bisherigen Saison, er hatte Juan-Pablo Montoya das ganze Wochenende über im Griff. Dass er am Ende Dritter und der Kolumbianer Zweiter wurde, war Pech. Technische Probleme zwangen "Schumi II" vier Runden vor Schluss zum Zwangsstopp. Im Rennen fehlten Ralf Schumacher in der schnellsten Rennrunde nur 0,051 Sekunden auf Bruder Michael, Montoya in der Bestenliste auf Platz 3 liegend 0,231 Sekunden.
Kurzprognose:
BMW-Williams hat die Möglichkeit, in der Konstrukteurswertung auf den zweiten Platz zu kommen. Auch der Vizetitel und Rang drei für die Fahrer ist im Bereich des Möglichen, je nachdem, wie viel Punkte Rubens Barrichello in den nächsten Rennen einfahren kann. Und wenn es im Hochsommer so richtig heiß ist, dann wird man wohl auch noch das zweite Saisonrennen gewinnen.
McLaren-Mercedes ? 49 WM-Punkte ? Platz 3
Die McLaren-Mercedes waren an diesem Wochenende nicht so stark wie noch vor einer Woche in Magny-Cours, dennoch zeigte das Team erneut eine solide Leistung. David Coulthard war in seiner schnellsten Rennrunde allerdings 1,068 Sekunden langsamer, was eindeutig zeigt, dass man auf deutschem Boden nur die dritte Kraft war. Platz fünf für "DC" war damit das Maximum.
Kimi Räikkönen war weitere 0,4 Sekunden in seiner schnellsten Runde langsamer als Coulthard. Der Finne hatte Pech und hätte Coulthards Position eingenommen, wäre ihm nicht der Reifen geplatzt. Der Ausrutscher, mit dem das Rennen für den Finnen beendet war, geht auf einen Folgeschaden durch den Reifenplatzer zurück.
Kurzprognose:
BMW-Williams und McLaren-Mercedes liefern sich einen Zweikampf um Platz zwei, aber die bayerische-britische Allianz scheint im Großen und Ganzen die Oberhand behalten zu können. Dennoch ist es nicht undenkbar, dass die Silbernen dieses Jahr noch einen Sieg feiern.
Renault ? 15 WM-Punkte ? Platz 4
Für das Renault-Team war Hockenheim ein Wochenende zum Vergessen. Schon am Freitag war klar, dass das Auto auf dem Hockenheimring nicht besonders gut passte, die Fahrer und Ingenieure verrannten sich im Setup-Dschungel. Im Rennen schieden beide Piloten zum Überfluss auch noch aus: Button, der das ganze Wochenende über eine enttäuschende Leistung bot, wegen technischer Probleme, Trulli nach einem Fahrfehler.
Im Rennen kämpften beide Fahrer mit stark abbauenden Reifen und mussten Gegner für Gegner passieren lassen. Mit 1,818 Sekunden Rückstand drehte Jarno Trulli die achtschnellste Rennrunde, Jenson Button war mit 3,233 Sekunden Rückstand nur auf dem 19. Platz zu finden, allerdings fiel der Brite bereits früh aus.
Kurzprognose:
Das Renault-Team ist nach einigen guten Rennen nun seit ein paar Grand Prixs arg ins Straucheln geraten. Offenbar denkt man bei den Franzosen schon stark an das kommende Jahr, dabei dürfte man aber gleichzeitig großes Interesse haben, vor Sauber den vierten Platz zu verteidigen. Trotz aller Probleme hat man dieses Ziel noch fest im Visier.
Sauber ? 11 WM-Punkte ? Platz 5
Als Sechster konnte Nick Heidfeld erneut einen WM-Punkt holen, Felipe Massa ging als Siebter ohne Punkte eingesammelt zu haben über die Ziellinie. Heidfeld hinterließ das ganze Wochenende den stärkeren Eindruck als Massa, den Teamchef Peter Sauber anwies, Heidfeld vorbeizulassen, damit dieser nach vorne fahren kann. Obwohl diese Tatsache ein wenig Unruhe in das Team brachte, können die Schweizer zufrieden sein, denn einmal mehr erwies sich das Auto als zuverlässig.
Kurzprognose:
Das Sauber-Team zeigt, dass man weiterhin ein Kandidat ist, alle paar Rennen ein oder zwei Punkte einzufahren. Somit ist es nicht ganz ausgeschlossen, dass man noch den vierten Platz in der Konstrukteurswertung erreichen kann, auch wenn Renault über einen recht großen Vorsprung verfügt, der mit kleinen Punktesprüngen nur schwer einzuholen ist.
Jordan-Honda ? 6 WM-Punkte ? Platz 6
Im Qualifying topp, im Rennen Flop. Mit einem Motorschaden musste Giancarlo Fisichella seinen Jordan abstellen, mit dem er sich im Qualifying sogar auf Rang sechs hatte stellen können. Zu Beginn schien der Römer mit Reifenproblemen zu kämpfen und konnte seinen Platz deshalb nicht verteidigen. Mit 1,591 Sekunden Rückstand drehte "Fisico" dann die siebtschnellste Rennrunde, was zeigt, dass der Italiener hätte Punkte holen können.
Takuma Sato zeigte seit langer Zeit endlich wieder einmal eine solide Leistung im Rennen. Der Japaner fuhr ohne Dreher ordentlich mit und sah als Achter die Ziellinie. Von einer besseren Startposition wäre es dem Japaner vielleicht sogar gelungen, zum ersten Mal in seiner Karriere einen WM-Punkt einzufahren. Mit 1,986 Sekunden Rückstand war er in der Liste der schnellsten Rennrunden auf dem elften Platz zu finden.
Kurprognose:
Jordan profitiert wie BAR von mehr Motorenpower, allerdings ist das neue Honda-Aggregat zu unzuverlässig. Wenn man dies erst einmal in den Griff bekommt, dann kann das Team in dieser Saison noch weitere WM-Punkte einfahren. Wenn Sato weiterhin so starke Rennen fährt, kann er seine Formel-1-Zukunft vielleicht retten.
BAR-Honda ? 5 WM-Punkte ? Platz 7
Das BAR-Honda-Team bleibt auf seinen fünf WM-Punkten aus Silverstone sitzen, dennoch ging es auch für das Team von David Richards dank mehr Honda-Power nach vorne. Die Vorstellung von Jacques Villeneuve im Vergleich zur starken Leistung von Olivier Panis (Platz sieben im Qualifying) zeigt, wie sehr der Franzose um seinen Platz im Team kämpft. Beide Fahrer sahen wegen technischer Probleme die Zielflagge nicht, Panis hatte eine Chance auf einen WM-Punkt. Der Franzose war in seiner schnellsten Rennrunde 1,943 Sekunden langsamer als Schumacher (Platz zehn), Villeneuve um 2,938 Sekunden (Platz 16).
Kurzprognose:
Dank mehr Honda-PS ist das Team Sauber näher gekommen, und wenn die Fahrer gut aufgelegt sind und die Umstände passen, so kann man in dieser Saison vielleicht noch den einen oder anderen WM-Punkt einfahren.
Jaguar ? 3 WM-Punkte ? Platz 8
Nachdem man sich Hoffnungen gemacht hatte, dass der R3B auf allen Strecken besser ist, folgte in Hockenheim ein Rückschlag. Eddie Irvine drehte sich im Rennen mehrfach und fiel wegen Bremsproblemen aus, Pedro de la Rosa musste sein Auto schon in der ersten Runde mit einem Getriebeschaden parken. Vermutlich hatte das Team über das neue Auto noch zu wenig Daten, um es auf einer unbekannten Strecke abzustimmen, was einen letzten Hoffnungsschimmer erhalten kann. Im Rennen fehlten Eddie Irvine in seiner schnellsten Runde 2,397 Sekunden auf die Spitze, das bedeutete Rang 14.
Kurzprognose:
Die Grünen können nicht durch besonders gute Leistungen überraschen und man wird wohl auch in der restlichen Saison dem Feld hinterherfahren. Eine Platzierung knapp außerhalb der Punkte wäre für das Team von Niki Lauda schon ein großer Erfolg.
Minardi-Asiatech ? 2 WM-Punkte ? Platz 9
Noch immer ist das kleinste Team der Formel 1 auf dem neunten Platz, was für die Truppe von Paul Stoddart ein Erfolg wäre, sollte man diesen Rang bis zum Ende der Saison halten können. Alex Yoong konnte sich zum dritten Mal in dieser Saison nicht qualifizieren, es war zwar knapp, der Rückstand auf den eigenen Teamkollegen war aber einmal mehr riesig. Webber drehte mit 3,023 Sekunden Rückstand eine schnellste Rennrunde, die zu Platz 17 reichte, der Australier schied aber bereits vorzeitig mit einem Hydraulikschaden aus.
Kurzprognose:
Auch wenn die Gefahr gering ist, dass das Team noch auf den letzten Platz abrutscht, überdenkt Teamchef Paul Stoddart, den enttäuschenden Alex Yoong noch in der Saison auszutauschen. Es ist ebenso unwahrscheinlich, dass Toyota und Arrows noch jeweils einen WM-Punkt holen wie es dem Minardi-Team noch gelingen könnte, einen WM-Zähler einzufahren.
Toyota ? 2 WM-Punkte ? Platz 10
Die Vorstellung der Japaner auf deutschem Boden war nicht berauschend, nicht auf jeder Strecke scheint das Auto gut zu funktionieren und es ist natürlich für einen Formel-1-Neuling nicht leicht, das Auto auf eine unbekannte Strecke abzustimmen. Während Allan McNish mit einem Hydraulikschaden ausschied, sah Mika Salo als Neunter und damit Letzter die Zielflagge. Im Rennen war Salo mit 2,035 Sekunden Rückstand immerhin auf Platz 12 der schnellsten Rennrunden gefahren.
Kurzprognose:
Auch das Toyota-Team besitzt kaum eine realistische Chance, in diesem Jahr noch in die WM-Punkte zu fahren. Stattdessen wird das Team dringend an der Zuverlässigkeit arbeiten müssen, die in den letzten Rennen stark nachgelassen hat.
Arrows-Cosworth ? 2 WM-Punkte ? Platz 11
Das Team mit den derzeit größten Problemen bildet das Schlusslicht. Einst als überraschend stark gefeiert, wirken sich nun die fehlenden Renn- und Testkilometer aus. Da kann auch ein Heinz-Harald Frentzen keine Wunder bewirken. Der Deutsche blieb am Start stehen und musste dann mit technischen Problemen aufgeben, auch Teamkollege Enrique Bernoldi war gezwungen, sein Auto vorzeitig mit einem Motorschaden abzustellen. Der Brasilianer war in seiner schnellsten Rennrunde mit 2,622 Sekunden Rückstand immerhin auf Platz 15 liegend schneller als ein Jacques Villeneuve.
Kurzprognose:
Das Team dürfte mangels Geldes die Weiterentwicklung des Autos eingestellt haben und Testfahrten sind wohl für die Mannschaft auch Luxus. Aus diesem Grund ist zu befürchten, dass das Team weiter zurückfallen gibt, zumal es zwischen dem Teamchef und den Fahrern Unstimmigkeiten geben soll, die wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Gehalt mehr überwiesen bekommen.

