Das war 2008: Adrian Sutil

Mit unterlegenem Material hatte Adrian Sutil 2008 keine Chance, auf sich aufmerksam zu machen, nur in Monaco machte er Unmögliches möglich

(Motorsport-Total.com) - Viele trauern den "goldenen Jahren" der Formel 1 nach, dabei war die Saison 2008 so spannend wie kaum eine andere zuvor. Speziell das packende Herzschlagfinale in Brasilien ging in die Grand-Prix-Geschichte ein. 'Motorsport-Total.com' rollt die zurückliegenden Ereignisse in Form einer Artikelserie noch einmal auf. Den Anfang machen die elf Teams, dann folgen die fünf Deutschen und zum Abschluss am 1. Januar Weltmeister Lewis Hamilton. Heute: Adrian Sutil.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil wartet vorerst weiterhin auf seine Chance in einem Formel-1-Topteam

Wenn in einer Rückblende auf 2008 der Name Sutil fällt, denkt man unweigerlich sofort an Monaco. Auf dem Stadtkurs an der Cote d'Azur, wo er 2007 im Regen mit einer Trainingsbestzeit erstmals aufzeigen konnte, setzte er auch dieses Jahr wieder ein Highlight: Der Force-India-Pilot ging vom 18. Startplatz in das Regenrennen, profitierte von den Fehlern anderer, fuhr fast perfekt und vor allem schnell und griff schon nach einer absoluten Sensation.#w1#

Vom "Iceman" abgeschossen

Als der Grand Prix nach der letzten Safety-Car-Phase wieder freigegeben wurde, lag Sutil sensationell an vierter Stelle - mit Weltmeister Kimi Räikkönen im Rücken. Der Deutsche hatte den Ferrari-Piloten rein vom Speed her recht gut im Griff und hätte ihn mangels Überholmöglichkeiten wahrscheinlich hinter sich lassen können, doch ausgerechnet dem "Iceman" unterlief beim Anbremsen der Hafenschikane ein Fehler, sodass er ins Schlenkern geriet und dem Force India ins Heck fuhr.

Adrian Sutil

Monaco: Adrian Sutil vor den Topautos der Formel 1 - bis zur Kollision Zoom

Sutil rettete sich noch an die Box, musste dort aber aufgeben - und konnte sein Pech nicht fassen. Zwei Wochen später in Kanada hatte er sich wieder gesammelt: "Die Welt hat es gesehen." In der Tat gab es nach einem schwierigen Saisonauftakt endlich Lob von allen Seiten für den Wahlschweizer, der 2008 mit ein bisschen Glück auch anstelle von Heikki Kovalainen im McLaren-Mercedes hätte sitzen können - an der Seite seines Kumpels Hamilton.

"Es ist besser, einmal zu gewinnen als fünfmal Vierter zu werden. So sehe ich Adrians Fahrt in Monaco", analysiert 'Motorsport-Total.com'-Experte Sven Heidfeld. "Er hat sich einmal richtig in Szene gesetzt. Selbst wenn er Fisichella immer geschlagen hätte, hätte ihm das weniger Aufmerksamkeit gebracht als dieses eine Rennen." Denn Sutil hat seinen Beobachtern gezeigt: Wenn sich ihm die Chance bietet, kann er auch ganz vorne mitfahren.

Trotz Topleistung keine Punkte

Dass er beim Stau in der Mirabeau-Kurve am Rande des Regelwerks an stehenden Fahrzeugen vorbeigegangen ist, ist längst vergessen: "Das schmälert seine Fahrleistung nicht", findet unser zweiter Experte, der ehemalige Grand-Prix-Pilot Marc Surer. "Er war sauschnell unterwegs und hätte sicher Punkte verdient. Es hat am Ende nicht sollen sein, aber das war eines der Highlights, die man mit einem schlechten Auto setzen kann."

Adrian Sutil

Unfall in Singapur: Die vermeidbaren Fehler sind 2008 seltener geworden Zoom

Allerdings sollte Monaco das einzige Highlight dieser Dimension bleiben. Vor allem am Saisonbeginn musste sich Sutil viel Kritik anhören, als er die ersten vier Qualifyings mehr oder weniger deutlich gegen seinen Teamkollegen Giancarlo Fisichella verlor. Ein Grund dafür war, dass der 25-Jährige die Reifen nicht zum Arbeiten bekam - eine Krankheit, an der 2008 auch renommierte Topstars wie Räikkönen oder Nick Heidfeld litten.

Dass dann das eine oder andere Mal ein übermotiviertes Manöver zu Kollisionen führte, liegt in der Natur der Sache: "Wenn man da hinten startet, kann man ohne Risiko nichts gutmachen", nimmt Surer Sutil in Schutz. "Er ist manchmal nach einem Start aus der letzten Reihe auf Platz zwölf aufgetaucht - da passieren im hinteren Feld Sachen, die man im Fernsehen nicht sieht, haarsträubende Geschichten. Dass das manchmal schief geht, ist klar."

Fehlerquote deutlich gesenkt

Und auch Heidfeld findet: "Er hat viel weniger Fehler als im ersten Jahr gemacht, auch wenn noch ein paar vermeidbare dabei waren. Was das angeht, ist er auf einem guten Weg." Denn 2007 war Sutil oftmals durch vermeidbare Fehler aufgefallen, auch wenn diese meistens keine Rolle spielten, weil er mit unterlegenem Material sowieso keine Chance gehabt hätte, Punkte zu holen. War er mal vorne dabei, dann blieb er fehlerfrei. Das spricht für einen jungen Fahrer.

Giancarlo Fisichella vor Adrian Sutil

In der zweiten Saisonhälfte stand Adrian Sutil dem Teamkollegen um nichts nach Zoom

Ab dem Türkei-Grand-Prix bekam Sutil die Saison 2008 in den Griff. Dreimal hintereinander startete er vor Fisichella in ein Rennen, womit er im Qualifyingduell wieder bis auf 3:4 dran war. Erst durch das knapp verlorene Duell beim WM-Finale in Brasilien fiel die Entscheidung gegen ihn: 7:9. Das heißt eigentlich: Ziel verfehlt. Doch die Art und Weise, wie er seinen Teamkollegen in der zweiten Saisonhälfte manchmal besiegte, lässt darüber hinwegblicken.

"Als Junger muss man seinen älteren Teamkollegen klar schlagen. Klar war das auf das ganze Jahr gesehen auf keinen Fall", findet Heidfeld. Dafür fügt Surer lobend an: "Man muss Adrian mit Fisichella vergleichen. Da hat er in der zweiten Jahreshälfte richtig aufgeholt und ein paar Highlights gesetzt. Was ich von ihm erwartet habe, hat er voll umgesetzt. Er hat das Trainingsduell gegen Fisichella nur knapp verloren. Das war in Ordnung."

Zurecht in der Formel 1

Zweifel am fahrerischen Talent - speziell auf Stadtkursen und im Regen, was viele Große der Formel-1-Geschichte auszeichnet - gibt es nach Sutils ersten beiden Jahren in der Königsklasse kaum noch. Das sieht Heidfeld genauso: "Adrian fährt mit Sicherheit zurecht in der Formel 1. Ich bin gespannt, ob er die Leistung, die er in Monaco abrufen konnte, in einem Topauto immer abrufen kann", so der Bruder von "Quick Nick" über seinen Landsmann.

Adrian Sutil

Platz 13, bestes Saisonresultat: In Belgien fühlt sich Adrian Sutil pudelwohl Zoom

Sein bestes Saisonresultat fuhr Sutil in Belgien ein: Als es am Ende zu regnen begann, wagte er zwar im Gegensatz zu manch anderen Piloten keinen Wechsel auf Regenreifen mehr, aber er ging dennoch an Jenson Button vorbei und sicherte sich den 13. Platz. Teamkollege Fisichella, eigentlich der Routiniertere der beiden Force-India-Piloten, kam mit kaputtem Frontflügel an die Box. Das zeigt, dass mit unterlegenem Material selbst alte Hasen ins Trudeln kommen.

Als großer Wehrmutstropfen bleibt hängen, dass Sutil nur sieben von 18 Rennen beenden konnte. Sechsmal litt er an der unzuverlässigen Technik seines Boliden, zweimal wurde er in Kollisionen verwickelt, dreimal scheiterte er an sich selbst. 2009 hat er noch einmal die Chance, Fisichella zu knacken und die Topteams auf sich aufmerksam zu machen. Vielleicht kann er dann 2010 endlich mit gleichen Waffen gegen seinen Freund Hamilton kämpfen...

Saisonstatistik:

Fahrerwertung: 20. (0 Punkte)
Siege: 0
Pole-Positions: 0
Schnellste Rennrunden: 0
Durchschnittlicher Startplatz: 19,2
Bestes Ergebnis Qualifying: 16.
Bestes Ergebnis Rennen: 13.
Ausfallsrate: 61,1 Prozent (22.)