• 09.04.2004 10:40

  • von Fabian Hust

Briatore: "Bislang lief alles nach Plan"

Der Renault-Teamchef erklärt, wie er sein Team führt und warum es ihm wichtig ist, dass man auch Spaß an der Formel 1 hat

(Motorsport-Total.com) - Zufrieden hat sich Renault-Teamchef Flavio Briatore in einem Interview mit der 'L'Equipe' über den bisherigen Saisonverlauf geäußert. Vor allem von der Arbeit seiner Motorentruppe ist der Italiener begeistert: "Viele waren davon überzeugt, dass du mindestens zwei Jahre brauchst, um einen guten Formel-1-Motor zu entwickeln. Wir haben gezeigt: Stimmt nicht." Innerhalb von nur neun Monaten habe man vom Weitwinkelkonzept auf einen konventionellen Motor umgerüstet - seitdem ist die Zuversicht bei Briatore gestiegen.

Titel-Bild zur News: Renault-Teamchef Flavio Briatore

Briatore: Auch in der Formel 1 darf der Spaß nicht zu kurz kommen!

Bisher hat Renault in den Rennen noch keinen Motorschaden oder Ausfall erleben müssen und damit ist das Ziel für die ersten drei Überseerennen erreicht: "Auf Basis der außergewöhnlichen Zuverlässigkeit können wir nun aufbauen und die Entwicklung in puncto Leistung vorantreiben. Bereits beim Großen Preis von San Marino in Imola erwarten wir erste Ergebnisse in dieser Richtung. Und bis zum Ende der Saison wollen wir noch viele Entwicklungsschritte folgen lassen."#w1#

Renault will 2005 um den WM-Titel fahren

Bisher liegt das Team nach Aussage des 53-Jährigen damit im Soll: "Ich hoffe, dass wir 2005 um die Weltmeisterschaft fahren können. Wir verfügen über eine gute Basis, dies zu erreichen: die Strukturen, die Workshops, ein stabiles Team, die richtigen Mitarbeiter in den richtigen Positionen, die Unterstützung der gesamten Renault-Gruppe und - nicht zu vergessen - die Sponsoren. Bislang lief alles nach Plan. Der nächste Schritt lautet: Am Ende des Jahres in der Konstrukteurs-WM unter den ersten drei landen."

Eine der Stärken von Renault ist laut Flavio Briatore die Tatsache, dass Renault neue Wege einschlägt. Dabei denkt Briatore nicht nur an die Tatsache, dass man in weniger als einem Jahr einen neuen Motor entwickelt hat: "Bei vielen Leuten in der Formel 1 hat durch uns ein Umdenken stattgefunden. Das Gleiche gilt auch für die privaten Testfahrten zu Beginn eines Grand-Prix-Wochenendes im Rahmen des Heathrow-Abkommens in der vergangenen Saison: Die so genannten 'großen Drei' haben darauf verzichtet und uns 'Straßenkehrer' genannt. Sie mussten ziemlich schnell umdenken, denn plötzlich haben wir gegen sie um die Podestplätze gekämpft - obwohl wir weniger testeten und deutlich weniger Geld ausgaben."

Briatore ist mit dem Arbeitsklima zufrieden

Innerhalb des Teams herrscht nach Aussage des Teamchefs ein Klima, wie er sich das wünscht: "Wir geben auch Fehler offen und ehrlich zu - nur so kannst du sie abstellen und dich weiterentwickeln. Wir sind ein bunter Haufen unterschiedlichster Nationalitäten und Kulturen. Innerhalb des Teams gibt es keinerlei Konkurrenzdenken oder Vorurteile. Wir haben auch keine starre Hierarchie: Jeder Einzelne bringt sich und sein Wissen ein. Das ist unsere Stärke."

Der Italiener versucht den Grat zwischen Spaß und harter Arbeit zusammen mit seinem Team hinzubekommen: "Wir haben Spaß in der Formel 1 - und trotzdem denkt niemand, wir wären nicht ehrgeizig genug. So sollten es alle machen. Wir müssen aufhören, der Welt verkaufen zu wollen, wir hätten den vielleicht anstrengendsten Job der Welt. Das stimmt einfach nicht. Es gibt so viele Menschen, die mehr Stress und anstrengendere Berufe haben als wir - dabei haben sie noch nicht einmal all die Annehmlichkeiten, die uns der Motorsport bringt."

"Jeder darf Fehler machen"

Wenn seine Mitarbeiter gute Arbeit leisten, dann gibt Briatore ihnen alle Freiheiten: "Freiheit ist wichtig, um Kreativität zu fördern. Jeder darf Fehler machen - denn nur so lernst du etwas. Allerdings dürfen sie nicht zu oft vorkommen. Auch ich lerne jeden Tag dazu und mache dabei Fehler. Es ist wichtig, zu seinen Fehlern zu stehen und sich die Meinung der anderen anzuhören. Ich verfolge eine sehr demokratische Linie und bin immer offen für Diskussionen. Aber ich verlange Disziplin."

Nicht akzeptieren kann der Italiener jedoch Leute, die nicht die Wahrheit sagen: "Wenn sie sich hinter einer falschen Maske aus Sicherheit und Optimismus verstecken. Ich bin mit Sicherheit kein Pessimist - eher ein Realist. Doch um optimistisch sein zu können, brauchst du gute Gründe. Ansonsten ist es Lug und Trug. Und das kann ich nicht ausstehen. Optimismus führt in unserem Job sehr schnell dazu, die Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen. Und das ist der größte Fehler. Denn die Realität schlägt gnadenlos zurück."

Spaß muss sein

Auch der Spaß dürfe in der Formel 1 nicht fehlen, es müsse erlaubt sein zu lachen und sich mal nicht ganz so ernst zu nehmen: "Es hilft, besser mit dem Druck umzugehen. Ich liebe meine Arbeit. Aber genau so gönne ich mir hin und wieder eine Auszeit. Und dann mache ich einen klaren Schnitt und schalte komplett ab. Das muss einfach sein. Ich gehe gerne aus. Aber sicher nicht so oft, wie viele denken. Eher so alle zwei Wochen. Im Sommer mache ich Urlaub: zehn Tage Ausspannen pur. Das muss reichen. Und hin und wieder gönne ich mir ein langes Wochenende."