Brawn: "Der wichtigste Titel ist immer der aktuelle"
Der Technische Direktor von Ferrari über Reifenprobleme, Psychospielchen im Kampf um den Titel und Rivale Fernando Alonso
(Motorsport-Total.com) - In der zweiten Saisonhälfte konnte Ferrari viel Boden auf Renault und Fernando Alonso gutmachen, doch ausgerechnet jetzt, wo Schumacher dank nur noch zwei WM-Punkten Rückstand am Spanier vorbeiziehen könnte, dreht die Windrichtung. Auf regennasser Straße hatte man in der Qualifikation keine Chance und bei Felipe Massa musste zu allem Überfluss auch noch der Motor gewechselt werden.

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Brawn hofft, dass er am Ende mit Schumacher den Titelgewinn feiern kann
Die "Roten" kämpften wie die Bridgestone-Kollegen mit Graining, das heißt mit Gummiabrieb, der sich auf der Laufoberfläche wie Miniwalzen ansammelt und die Haftung verschlechtert. Vor allem auf einer "grünen" Strecke tritt das Problem verstärkt auf - und Shanghai ist derzeit aufgrund des Regens mehr als "grün", da der Gummi von der Strecke gewaschen wird. Dass die Temperaturen kühler sind, als man das erwartet hatte, trägt sein übriges dazu bei.#w1#
Das Problem ist, dass die Teams wegen des schlechten Wetters die Trockenreifen nicht vernünftig austesten konnten. Ross Brawn, Technischer Direktor des Rennstalls aus Maranello, befürchtet, dass man es im Rennen mit Graining zu tun bekommen könnte. Nicht zuletzt deshalb dürfte man eine konservative Reifenwahl getroffen haben, auch wenn diese in gewisser Weise "ins Blaue" getroffen wurde.
Der Kampf mit Renault in den letzten drei Saisonrennen wird nach Ansicht des Briten "eng" werden: "Es wird davon abhängen, wie gut die Reifen während des Wochenendes funktionieren", so Brawn. "Renault ist ein starkes und kompetentes Team und ich hoffe, dass wir das auch sein werden. Es wird davon abhängen, wie die Reifen zu der Strecke passen. Der Leistungsunterschied zwischen beiden Teams ist nicht groß, da braucht es also nicht viel, um das Blatt zu wenden."
Die "Psychospielchen", die derzeit gespielt werden, lassen den 51-Jährigen kalt, auch die Aussage seines Renault-Kollegen Pat Symonds, wonach Fernando Alonso besser mit Druck umgehen könne: "Er sagte das, was er zu sagen hat, aber ob er das glaubt oder nicht, weiß ich nicht. Ich bin von Michaels Fähigkeit, Druck zu widerstehen, sehr überzeugt. Das hat er schon sieben Mal zuvor bewiesen. Das hätte Pat sagen sollen."
Unter dem Druck hat Ferrari an der Herangehensweise an die Rennen nichts geändert - man setzt bei den Reifen wie bisher zum Beispiel auf eine aggressivere und eine konservativere Variante: "Jeder im Team ist sich bewusst, dass ein Fehler zu diesem Zeitpunkt der Weltmeisterschaft für beide Teams kritisch werden könnte."
Der WM-Titel wäre ein schönes Abschiedsgeschenk an Michael Schumacher, doch der Tatsache, dass es die letzte Saison des Rekordsiegers ist, misst Brawn im Zusammenhang mit dem Titel nichts bei: "Jede neue Meisterschaft ist wichtig, denn der Rest ist alles Geschichte. Wir hatten sehr viel Glück, dass wir die Meisterschaften in der Vergangenheit gewinnen durften, aber wenn du sie einmal gewonnen hast, dann hakst du sie ab und kümmerst dich um die nächste. Die wichtigste Meisterschaft ist immer jene, in die du involviert bist."
Mit Fernando Alonso habe der Deutsche jedenfalls einen würdigen Gegner in seiner letzten Formel-1-Saison: "Er ist im Moment einer der Top-3-Fahrer in der Formel 1. Er hat alle Fähigkeiten, die man braucht, um Weltmeister zu sein, das hat er ja schon bewiesen. Er ist schnell, macht keine Fehler und weiß seine Position zu verteidigen. Er ist also ein kompletter Formel-1-Fahrer. Mehr muss man dazu nicht sagen."

