• 14.08.2002 19:14

  • von Fabian Hust

Arrows vor dem Aus

Für den 1978 gegründeten, ewig erfolglosen Rennstall Arrows, steht das Aus in der Formel 1 kurz bevor

(Motorsport-Total.com) - Der Name Arrows könnte nach rund 24 Jahren Formel 1 demnächst nur noch in den Geschichtsbüchern auftauchen. Die Anzeichen mehren sich, wonach der Name Arrows, im schlimmsten Fall sogar das ganze Team aus der Königsklasse des Motorsports verschwinden könnte. Rund 100 Millionen Euro Schulden soll das Team von Teamchef Tom Walkinshaw angehäuft haben. Da das Team faktisch zahlungsunfähig ist, entscheiden die Gerichte und Gläubiger, was das Team tun darf und was nicht. Für Ungarn heißt das erste einmal: In England bleiben, abwarten und auf einen Start verzichten.

Titel-Bild zur News: Arrows-Box

Bleibt die Arrows-Box für immer verschlossen?

Doch genau hier liegt der Hund begraben. Nachdem das Team in Silverstone das Freitagstraining ausließ, in Frankreich gar nur im Qualifying fuhr und man sich dann auch noch absichtlich nicht qualifizierte, erhielt das Team vom Motorsportweltverband FIA eine schriftliche Verwarnung. Sollte man noch einmal gegen das Concorde Agreement verstoßen, in dem man dem Image des Sports schadet, wird man nicht mehr ungestraft davonkommen. In Hockenheim war das Team dann prompt von Freitag bis Sonntag auf der Strecke.

Doch nun geht es für die Gerichte nur noch darum, die Gläubiger so günstig wie möglich aus der Misere davonkommen zu lassen, und so lange kein Käufer für das Team feststeht, muss die Mannschaft auf absoluter Sparflamme operieren, dazu gehört der Rennverzicht dazu, auch wenn dieser große Folgen haben könnte. Alles Geld, das das Team nun noch einnimmt ? wenn es das denn überhaupt tut ? erhält Hauptanteilseigner Morgan Grenfell. Die Tochterbank der Deutschen Bank soll zuletzt mit den Plänen von Tom Walkinshaw nicht einverstanden gewesen sein und dürfte sich aus diesem Grund quer stellen.

Teamchef Tom Walkinshaw, der das Team 1996 übernahm, ist in seinem Rennstall damit praktisch machtlos geworden. Die Tatsache, dass die LKWs des Teams England schon auf ihrem Weg nach Ungarn verlassen hatten, um dann wieder zurückgerufen zu werden, ist mehr als bezeichnend. Da Arrows in Hockenheim noch regulär fuhr, dachten viele, dass die Kündigung von Heinz-Harald Frentzen vielleicht etwas voreilig war, aber das Management des Mönchengladbachers wusste offenbar, wie schlecht es um das Team bestellt ist. Seit Monaten sollen weder die Mechaniker noch die Fahrer Geld gesehen haben, seit Juli soll gar kein Geld mehr geflossen sein.

Mit dem Startverzicht in Ungarn hat sich das Arrows-Team einen Schritt näher an den tiefen Abgrund gebracht. Eigentlich bleibt dem Motorsportweltverband FIA nichts anderes übrig, als dem Team die Lizenz zu entziehen. Nur in Ausnahmefällen kann man laut Reglement dem Team die Lizenz in einer solchen Situation nicht entziehen, aber eigentlich nur dann, wenn nicht in der Macht des Teams stehende Umstände einen Startverzicht erzwungen haben. Zahlungsunfähigkeit oder Gerichtsbeschlüsse als Folge decken das nicht ab.

Und ein Verlust der Lizenz hätte böse Folgen. Sollte es überhaupt noch einen Kaufinteressenten geben, so würde er zwar ein Formel-1-Team kaufen, nicht aber eine Startberechtigung. Stattdessen müsste der neue Besitzer rund 49 Millionen Euro als Sicherheitszahlung bei der FIA hinterlegen, um eine Starterlaubnis zu erhalten und man könnte auch nicht mehr in dieser Saison an den Rennen oder offiziellen Testfahrten teilnehmen. Und natürlich würde das Team keine Fernsehgelder mehr ausgezahlt bekommen. Alles also Faktoren, die den Wert des Teams drastisch reduzieren würden.

Zurzeit suchen die potenziellen Investoren nach Unstimmigkeiten in den Geschäftsberichten von Arrows und man soll auf erste negative Punkte gestoßen sein. Dies ist wohl auch der Grund, warum die Gerichte und Anteilseigner keine Chance auf eine schnelle Einigung sahen und das Team zurückzogen. Ein weiteres Problem: Ein nicht unerheblicher Teil der Formel-1-Fabrik scheint nicht dem Arrows-Team zu gehören sondern der Mutterfirma Tom Walkinshaw Racing (TWR), was die ganze Angelegenheit verkompliziert.

Der Motorsportweltverband FIA lässt noch nicht durchblicken, wie man sich im Fall Arrows entscheiden wird. Wenn man dem Team die Lizenz nicht zurückzieht, könnte das zur Folge haben, dass kränkelnde Teams in Zukunft einfach Rennen auslassen, was nicht im Sinne des Sports sein kann. Die FIA muss Veranstaltern nämlich eine Entschädigung zahlen, wenn nicht 22 Autos am Start sind ? von Nichtqualifikationen oder anderen Umständen abgesehen. Bei Arrows selbst gibt man sich zurzeit komplett bedeckt, erst wenn es Neuigkeiten gibt, wird man sich über eine Pressemitteilung melden, bis dahin bleiben alle Fragen unbeantwortet.

Vielleicht war der Große Preis von Deutschland das letzte Rennen des Arrows-Teams gewesen. Seit dem Debüt 1978 in Brasilien hat das Team drei Mal den ersten Sieg knapp verpasst: 1978, als Riccardo Patrese in Südafrika und in Long Beach die Rennen anführte und nur wegen technischer Probleme ausfiel und 1997, als Damon Hill sensationell in Führung lag und dann wegen Getriebeproblemen seinen ehemaligen Teamkollegen Jacques Villeneuve nicht halten konnte.