Fix: Verkürzte Flag-to-Flag-Rennen beim WSBK-Auftakt auf Phillip Island

Die Verantwortlichen der Superbike-WM gehen auf Phillip Island kein Risiko ein: In den Hauptrennen der WSBK und WSSP wird es Boxenstopps geben

(Motorsport-Total.com) - Nach der Auswertung der Daten vom Test am Montag und Dienstag haben sich die Verantwortlichen der Superbike-WM dazu entschieden, die beiden Hauptrennen in der Superbike-WM und in der Supersport-WM als Flag-to-Flag-Rennen auszutragen. Der Grund: Der neue Asphalt beansprucht die Hinterreifen stark und stellt ein Sicherheitsrisiko dar.

Titel-Bild zur News: Jonathan Rea

Die Pirelli-Hinterreifen dürfen maximal elf Runden am Stück verwendet werden Zoom

Am Mittwoch vor dem Saisonauftakt kamen die Verantwortlichen von Motorrad-Weltverband FIM, Rechteinhaber Dorna, Reifenlieferant Pirelli und der Rennstrecke zusammen und einigten sich auf die Lösung mit den Pflicht-Boxenstopps "zur Gewährleistung der Sicherheit aller Teilnehmer".

In der Superbike-WM dürfen die Hinterreifen maximal elf Runden am Stück verwendet werden, in der Supersport-WM sind es lediglich zehn Runden. Außerdem wurde die Renndistanz für die beiden Hauptrennen der Superbike-WM auf 20 Runden verkürzt.

Der griffige neue Asphalt beansprucht die Reifen zu stark

WSBK-Sportdirektor Gregorio Lavilla lobt den Grip des neuen Belags auf Phillip Island, bedauert aber gleichzeitig, dass das aggressive Haftungsniveau die Pirelli-Hinterreifen zu stark beansprucht. Besonders die linke Reifenflanke kommt in den schnellen Vollgaskurven an ihre Grenzen.

Lavilla stellt sich schützend vor WSBK-Reifenlieferant Pirelli: "Da die Reifen für das erste Rennwochenende bereits Ende November verschickt wurden, gab es nicht genug Zeit, um spezielle Reifen zu entwickeln, die auf die aktuellen Asphaltbedingungen zugeschnitten sind."

Gregorio Lavilla

Gregorio Lavilla erklärt, warum Pirelli keine Schuld trifft Zoom

Zur vorgeschlagenen Lösung mit den Pflicht-Boxenstopps gab es keine Alternative. "Wir haben die Situation unter Berücksichtigung der ersten beiden Testtage auf dem neuen Asphalt sorgfältig bewertet. Die Bedingungen haben sich zwar verbessert, aber vielleicht noch nicht genug, vor allem wenn man bedenkt, wie anspruchsvoll und schnell die Strecke ist", bemerkt Lavilla.


Fotos: WSBK 2024: Finaler Vorsaison-Test in Australien


"Unter diesen Umständen müssen wir uns in Zusammenarbeit mit der Rennleitung, der FIM und dem Phillip Island GP Circuit für die sicherste Option entscheiden, die von höchster Bedeutung ist", begründet der ehemalige Rennfahrer.

Zu weiche Reifenmischungen: Pirelli konnte nicht rechtzeitig reagieren

Für die Reifen ist Phillip Island ohnehin schon einer der anspruchsvollsten Kurse. Das flüssige Layout belastet die Hinterreifen in Schräglage stark. Deshalb verzichtet Pirelli in Australien auf die weichsten Mischungen und bietet den Fahrern und Teams die Mischungen SC0 und SC1 an. Die SCQ- und SCX-Mischungen kommen nicht zum Einsatz.

Pirelli SC0

Die SC0-Mischung ist die weichste Option in Australien Zoom

Doch selbst die SC1-Mischung scheint den Belastungen nicht standzuhalten. "Die Sicherheit der Fahrer muss immer an erster Stelle stehen", stellt Giorgio Barbier von Pirelli klar, der zusammen mit seinem Team nicht reagieren konnte.

Giorgio Barbier

Giorgio Barbier von Pirelli stellt die Sicherheit der Fahrer an oberste Stelle Zoom

"Ich möchte alle daran erinnern, dass die Reifen für dieses Rennen Ende November aus Europa geliefert wurden, während die Erneuerung der Strecke erst vor wenigen Wochen abgeschlossen wurde", so Giorgio Barbier.

Alvaro Bautista

Weltmeister Alvaro Bautista hatte beim Test einige Probleme Zoom

"Wir kennen diese Strecke sehr gut, dennoch ist es jedes Jahr eine ganz andere Geschichte, denn auf Phillip Island gibt es viele Variablen, die das Verhalten der Reifen beeinflussen können und oft unvorhersehbar sind. In diesem Jahr ist das kritischste Element der neue Asphalt, der die Referenzen, die wir hatten, fast vollständig zurückgesetzt hat", schildert der Pirelli-Verantwortliche.

Welche Fahrer und Hersteller von der Änderung profitieren

Die Rekordrunden in der Superbike-WM (Toprak Razgatlioglu, 1:28.511 Minuten) und Supersport-WM (Yari Montella, 1:31.881 Minuten) wurden durch starken Reifenabbau überschattet.

Toprak Razgatlioglu

Für Toprak Razgatlioglu und BMW ist der Boxenstopp eine große Hilfe Zoom

"Bei den Tests hat sich gezeigt, dass der Asphalt viel Grip bietet, was sich positiv auf die Rundenzeiten auswirkt, aber andererseits sehr aggressiv auf die Reifen wirkt, vor allem bei hohen Temperaturen, was zu ungewöhnlichen Temperaturspitzen in der Laufflächenmischung auf der linken Seite und folglich zum Reifenabbau führt", kommentiert Barbier.

"Wir haben in der Boxengasse Reifentemperaturen bis zu 160 Grad Celsius gemessen, was nach unserer Einschätzung operative Spitzenwerte von mehr als 200 Grad bedeutet", verrät der Pirelli-Verantwortliche.

Alex Lowes

Kawasaki-Pilot Alex Lowes bereitete sich für Rennen über die volle Distanz vor Zoom

"In Anbetracht dieser Erkenntnisse haben wir in Absprache mit der Dorna, der FIM und der Rennleitung entschieden, dass für die Rennen beider Klassen ein Boxenstopp zum Reifenwechsel obligatorisch sein wird. Es war eine schwierige Entscheidung, auch weil, wie immer in solchen Fällen, einige Teams versuchen wollten, über die volle Distanz zu fahren", ist sich Barbier bewusst.

Zu den Teams, die sich für Rennen ohne Boxenstopp vorbereitet haben, zählt das Kawasaki-Werksteam mit Alex Lowes. Die Crew von Lowes konzentrierte sich beim Test vor allem auf die Reifenhaltbarkeit (mehr Hintergründe).

Am anderen Ende des Spektrums steht das BMW-Werksteam mit Toprak Razgatlioglu, dass nach dem Test kein Geheimnis daraus machte, dass die Reifen nach der Hälfte der Renndistanz am Ende sind (was Razgatlioglu nach dem Test berichtete).