Fahrer-Dummys im Windkanal: Aprilia optimiert Aerodynamik-Forschung

Mit realitätsgetreuen Fahrer-Dummys erforscht Aprilia im Windkanal das Zusammenspiel von Aerodynamik und Körperhaltung - Fahrer wird stärker in das gesamte Aero-Konzept eingebunden

(Motorsport-Total.com) - Aprilia versucht, wieder Anschluss an die MotoGP-Spitze zu finden: Beim Montagstest im MotorLand Aragon stellte der Hersteller aus Noale ein neues Aerodynamikpaket vor, das Marco Bezzecchi helfen soll, die Performance der RS-GP im Qualifying zu verbessern.

Titel-Bild zur News: Marco Bezzecchi

Marco Bezzecchi mit der überarbeiteten Aerodynamik beim Aragon-Test Zoom

Das Technikerteam, das von Fabiano Sterlacchini geleitet wird, hat die Arbeit im Windkanal intensiviert: Die Entwicklung findet in einem der beiden Windkanäle von Toyota Gazoo Racing Europe in Köln statt, die für externe Kunden des japanischen Herstellers zur Verfügung stehen.

Es handelt sich zum Beispiel um denselben Windkanal, den das Formel-1-Team McLaren genutzt hat, bevor das neue, hochmoderne Entwicklungszentrum in Woking in Betrieb genommen wurde. Die Aerodynamik-Entwicklung der RS-GP leitet Marco De Luca.

Der Ingenieur hat von Anfang an daran geglaubt, die Performance durch mehr Anpressdruck in den Kurven sowie mehr Effizienz auf den Geraden zu verbessern - mit dem Ziel, den Luftwiderstand zu verringern und den Topspeed zu verbessern.

Nun hat Aprilia seine Forschungsarbeit erweitert, mit dem Ziel, Lösungen zu entwickeln, die das Fahrverhalten der Maschine nicht ins Extreme treiben, sondern mehr Augenmerk auf den Faktor Fahrer richten.

Das klingt zunächst wie eine leere Floskel - doch das Konzept wird konkreter, wenn man weiß: Das Team um De Luca untersucht gezielt das Verhalten des Fahrers auf der RS-GP. Es geht nicht nur um die Luftströme rund um das Motorrad, sondern auch um die Körperbewegungen des Fahrers.

Normalerweise werden in der frühen Entwicklungsphase eines neuen Motorrads die Fahrer eingeladen, an Tests im Windkanal teilzunehmen. Aprilia - vermutlich auch andere Hersteller - hat sich jedoch entschlossen, die Fahrer nicht immer persönlich in die Windkanaltests einzubeziehen.

Fabiano Sterlacchini

Fabiano Sterlacchini ist seit Spätherbst 2024 der neue Technikdirektor Zoom

Die Experten aus Noale haben daher die Körperformen von Bezzecchi und Jorge Martin mittels CAD analysiert und realistische Dummys der Fahrer entwickelt, die im Windkanal verwendet werden. Diese "Klone" werden mit Sensoren ausgestattet, die wertvolle Daten liefern.

Das italienische Team verfolgt im Windkanal also nicht nur die Optimierung der Aerodynamik, sondern auch den Einfluss der Körperhaltung des Fahrers. Dabei analysieren die Ingenieure, wie einzelne Bewegungen den Luftfluss stören und unerwünschten Luftwiderstand erzeugen können.

Die Forschung im Bereich der Aerodynamik wird bei Motorrädern immer ausgeklügelter und detaillierter. Man kann damit auch dem Fahrer mitteilen, welche Körperposition auf dem Motorrad ideal ist - je nach Fahrer und Fahrsituation.

Dies ist erst die Anfangsphase eines neuen Analyseverfahrens, das großes Potenzial für relevante Fortschritte bietet. Darüber hinaus richten die Aerodynamik-Ingenieure ihr Augenmerk auch darauf, wie sich die Motorwärme effizient ableiten lässt - ohne dass sie den Fahrer "grillt".

Bezzecchi hatte sich stets darüber beklagt, dass die Aprilia im Qualifying sehr kritisch sei. Die beim Aragon-Test vorgestellten Modifikationen spiegeln nun die neue Forschungsrichtung wider - und der Italiener zeigte sich deutlich zuversichtlicher, das Limit im Qualifying ausloten zu können.