Zonta: "Werde jede Chance beim Schopf packen"

Im Interview mit 'F1Total.com' spricht der Brasilianer über seine Rennen für Toyota, seine Zukunft und Cristiano da Matta

(Motorsport-Total.com) - Als Ricardo Zonta 1999 mit British American Racing in die Formel 1 einstieg, wurde er als großes Talent gehandelt, schließlich hatte er 1997 die Formel-3000-Meisterschaft geholt und 1998 die FIA-GT-Weltmeisterschaft. An der Seite von Jacques Villeneuve zerbrach er jedoch - weniger wegen seiner fahrerischen Klasse als an den politischen Machtspielen im damals noch erfolglosen Team.

Titel-Bild zur News: Ricardo Zonta

Ricardo Zonta beim Interview im edlen Sporting Club von Monza

Heute, mehr als fünf Jahre und zahlreiche sportliche Krisen später, ist der inzwischen 28-Jährige Brasilianer aus Curitiba Toyota-Stammfahrer und vom Ruf her rehabilitiert - spätestens aufgrund seiner sensationellen Performance vor einer Woche in Spa, wo er vom letzten Startplatz aus bis wenige Runden vor Schluss ungefährdet auf Position vier lag. Ein Motorschaden beendete dann Zontas Traum von den ersten WM-Punkten seit Indianapolis 2000.#w1#

Gut gelaunter Zonta im Interview im Sporting Club von Monza

'F1Total.com' traf den begeisterten Wasserskifahrer am Mittwoch im Sporting Club von Monza. Zonta präsentierte sich dabei bestens gelaunt - kein Wunder, hat seine Karriere doch neuen Schwung erhalten. Auch die fehlende Aussicht auf ein Renncockpit in der kommenden Saison scheint ihm nichts auszumachen.

Frage: "Ricardo, du hast dir immer gewünscht, wieder Rennen zu fahren, und jetzt hat es geklappt. Wie ist das letzte Rennen in Spa für dich gelaufen?"
Ricardo Zonta: "Eigentlich sehr gut, ich lag an vierter Stelle, aber dann bin ich zwei Runden vor Schluss ausgeschieden."

Frage: "Es handelte sich um einen Motorschaden. Hast du vor dem tatsächlichen Aus schon etwas geahnt?"
Zonta: "Nein, überhaupt nicht. Es war das erste Mal in diesem Jahr, dass wir an einem Rennwochenende ein Problem mit dem Motor hatten, also konnte man das nicht vorhersehen. Es war schlicht und einfach Pech."

Frage: "Was für ein Gefühl hattest du sonst im Auto?"
Zonta: "Wir waren mit dem Rennen an und für sich sehr glücklich, denn wir spürten, dass Potenzial da war, und hatten im Rennen einen sehr guten Speed. Leider musste ich von ganz hinten starten, weil ich im Qualifying einen Fehler gemacht habe. Im ersten Qualifying kam ich von der Strecke ab und dabei brach einiges am Auto. Strategie, Reifen, Auto haben aber sehr gut funktioniert."

Zonta und Panis hatten in Spa die harten Reifen

Frage: "Hast du auch die harten Reifen verwendet?"
Zonta: "Ja, ich und Olivier hatten dieselben Reifen drauf."

Frage: "Bist du jetzt aufgrund deines Ausfalls nur enttäuscht oder schöpfst du aus der guten Performance auch irgendwie Mut?"
Zonta: "Mit der Performance waren wir natürlich happy, keine Frage, denn wir lagen vor Teams, die noch vor gar nicht allzu langer Zeit schneller als wir gewesen sind. Jetzt sind wir vor Teams wie Sauber, wenn man auch zugeben muss, dass uns Spa mit den mittelschnellen und schnellen Kurven doch ein wenig entgegen gekommen ist. Andererseits bin ich natürlich wahnsinnig enttäuscht, nicht ins Ziel gekommen zu sein. Wir müssen hart an der Zuverlässigkeit arbeiten, damit das in Zukunft nicht mehr passiert, gleichzeitig müssen wir aber auch die Performance steigern."

Frage: "Ist Spa eine Strecke, die euch besonders liegt?"
Zonta: "Wir hatten zum ersten Mal unseren neuen TF104B auf einer Strecke mit mittelschnellen bis schnellen Kurven - und er funktionierte auf Anhieb recht gut. In Budapest, wo es viele langsame Kurven gibt, war unser Auto im Vergleich dazu nicht schnell. Wir waren dort zu langsam und hatten große Schwierigkeiten, eine ausgewogene Balance zu finden. In den mittelschnellen bis schnellen Kurven war die Balance hingegen viel besser und wir waren dadurch im Endeffekt auch wesentlich schneller."

Frage: "Sind die Kurven von Spa ähnlich wie die auf eurer Teststrecke in Le Castellet?"
Zonta: "Nein. Spa ist viel schneller."

Zonta flirtet weiter mit der Rolle des dritten Fahrers

Frage: "Lass uns über deine Zukunft sprechen. Wärst du - jetzt, wo du wieder das Leben als Rennfahrer kennen gelernt hast - mit einer Rückkehr in die Testfahrerrolle zufrieden oder muss es jetzt unbedingt ein Stammcockpit sein?"
Zonta: "Dritter Fahrer zu sein und zu testen, das ist heutzutage etwas sehr Wichtiges in der Formel 1. Testfahrer tun so viel für das Team, vielleicht mehr als die Rennfahrer. Jetzt kann ich das ja sagen. Aber andererseits würde es mir schon Spaß machen, wieder Rennen zu fahren, zu zeigen, was ich kann. Es ist noch zu früh, ich kann noch nicht sicher sagen, was ich nächstes Jahr machen werde, aber ich arbeite hart daran, wieder Rennen zu fahren, und wenn sich eine Chance ergibt, dann werde ich sie beim Schopf packen."

Frage: "Wenn du bis Saisonende alle Rennen für Toyota bestreitest, darfst du dann überhaupt nächstes Jahr noch das dritte Auto am Freitag fahren? Da gibt es ja eine besondere Regelung."
Zonta: "Das Maximum an Rennen, das man in den letzten zwei Jahren absolviert haben darf, liegt bei sechs Starts. Wenn ich also jetzt alle Rennen fahre, ist es kein Problem. Hoffentlich kommen sie nicht noch auf die Idee, ein zusätzliches Rennen in den Kalender aufzunehmen..."

Beförderung war "eine große, angenehme Überraschung"

Frage: "Was ging in dir vor, als du erfahren hast, dass du bei Toyota zum Rennfahrer befördert wirst?"
Zonta: "Natürlich war ich total happy. Das war eine große, eine angenehme Überraschung für mich. Ich war gerade in Brasilien, als ich angerufen wurde, und ich konnte es kaum glauben. Natürlich war mir bewusst, dass es kein einfacher Job ist, denn als Rennfahrer musst du hart daran arbeiten, das Auto an den Wochenenden zu verbessern. Außerdem hatten wir keine Möglichkeit, vor meinem ersten Rennen zu testen. Ich konnte keine Boxenstopps oder dergleichen üben und war daher so rasch eigentlich nicht auf einen Renneinsatz vorbereitet. In Spa fühlte ich mich dann schon viel wohler, auch in der Zusammenarbeit mit dem Team, das mich sowieso großartig unterstützt hat. Ich fühle mich sehr gut."

Frage: "Hattest du in letzter Zeit Kontakt mit Cristiano?"
Zonta: "Ja. Wir sind sehr gute Freunde. Ich habe natürlich auch mit seinem Manager telefoniert, aber die Formel 1 ist eben so, daran kann man nichts ändern."

Frage: "Was macht Cristiano jetzt?"
Zonta: "Er ist in Brasilien und macht ein bisschen Urlaub. Ob er sich auf Cockpitsuche befindet? Ich weiß es nicht. Über geschäftliche Angelegenheiten reden wir eigentlich wenig bis gar nicht."