• 03.09.2008 09:47

Wurz: "Man muss sehr gewissenhaft zu Werke gehen"

Honda-Testfahrer Alexander Wurz beschreibt eine Runde auf der altehrwürdigen Rennstrecke von Spa-Francorchamps und erklärt die Schlüsselstellen

(Motorsport-Total.com) - Was für ein Kontrast: Von der ultramodernen Hafenpiste in Valencia reist die Formel 1 in die Hügel der Ardennen, von der Großstadt geht es auf's Land. In Spa-Francorchamps sind sich allerdings Fans, Fahrer und Verantwortliche einig, etwas ganz besonderes vor sich zu haben - ein Stück Rennsportgeschichte. Im aktuellen Rennkalender gilt der belgische Kurs als eine der besten und auch schönsten Grand-Prix-Strecken, den vor allem die Piloten sehr schätzen. Und dann ist da noch das wilde Wetter...

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

In Spa-Francorchamps hatte Alexander Wurz immer jede Menge Spaß...

"Spa-Francorchamps ist eine Rennstrecke vom alten Schlag und gerade das macht den Reiz dabei aus", meinte Alexander Wurz in seiner Rundenvorschau. "Da gibt es einfach alles, was du dir als Fahrer nur wünschen kannst: Hügel, schnelle Kurven und lange Geraden. Es ist immer toll, dorthin zu gehen - obwohl das Wetter richtig unvorhersehbar ist."#w1#

La Source als Schlüssel zum Topspeed

"In weniger als zehn Minuten kann sich strahlender Sonnenschein in heftigen Regen verwandeln, was das Rennfahren in Spa ein Stück weit aufregender und schwieriger macht. Die Runde ist unglaublich lang und im Ganzen sehr schnell", fasste der Österreicher die Eckdaten für Spa zusammen und ging anschließend en Detail auf einen Umlauf in Belgien ein.

"Bis zur ersten Kurve, der Haarnadel La Source, ist es nur ein kurzer Weg und dort zählt einzig und allein der Ausgang. Diesen Speed nimmst du nämlich mit den Hügel hinauf bis nach Les Combes. Die Eau Rouge geht mit V8-motorisierten Wagen voll, man muss dabei aber sehr gewissenhaft zu Werke gehen. Wenn du zuviel lenkst, dann wirst du aufgrund der erhöhten Reifenreibung an Geschwindigkeit einbüßen."

Reichlich Über- und Untersteuern in Spa

"Man gibt also Vollgas, fährt im siebten Gang, und donnert die lange Gerade Richtung Les Combes entlang. Du steigst erst auf die Bremse, als die Kerbs auf der linken Seite beginnen - das ist erst bei ungefähr 60 Metern", berichtete Wurz. "Es folgt ein rechts-links-Komplex, der allerdings zusammengehört. Daher solltest du es im ersten Knick besser nicht übertreiben, denn diese dritte-Gang-Kurve konnte ansonsten deine Linie für die folgenden Passagen ruinieren. Da kannst du locker eine halbe Sekunde verlieren."

"Auf dem kurzen Sprint zu Kurve acht schalten wir bis in den fünften Gang, um für die Kurve wieder in den zweiten zurückzuschalten. Dort ist es meist sehr schlüpfrig und es gibt große Bodenwellen in der Anbremszone, was das Verzögern erschwert. Was auch immer du mit dem Setup anstellst - dort hast du garantiert Untersteuern. Der Ausgang ist knifflig und ohne Traktionskontrolle werden die Fahrer wohl häufig mit einem ausbrechenden Heck zu kämpfen haben."

"Kurve neun ist ein recht schneller Linksknick, gefahren im vierten Gang. Die Bremse benutzt man dort lediglich, um das Heck zu stabilisieren, dann lenkt man auch schon ein und nimmt die Kerbs am Scheitelpunkt sowie am Ausgang mit", schilderte der Honda-Edeltester seine Eindrücke von diesem Streckenabschnitt. "Das Limit des Autos ist ziemlich schnell spürbar und die Auslaufzonen sind nur gering, man muss dort also auf der Hut sein."

Mit Vollgas zurück zu Start und Ziel

"Dann kommt Pouhon, ein wahnsinnig schneller Linksknick. Im Qualifying kommst du dort im sechsten Gang an, bremst nur ein bisschen und hebst auch etwas den Gasfuß. Das ist wohl so ziemlich eine der härtesten Kurven auf der Runde, denn du suchst dort die ganze Zeit über nach dem Limit des Wagens. Obwohl man am Scheitelpunkt einen Minimalspeed von etwa 230 Kilometer pro Stunde erreicht, denkst du in jedem Umlauf erneut, dass da noch mehr drin sein muss."

"Eine kurze Gerade führt zur Fagnes-Schikane, wo die Rechtskurve einen sehr späten Scheitel aufweist. Der Asphalt ist dort sehr griffig und du kannst auch die Kerbs gut attackieren, kannst also dort jede Menge Speed mitnehmen. Eine weitere gerade folgt, die dich zu Kurve 14 bringt, wo es sehr rutschig ist und wiederum der Ausgang sehr wichtig ist, denn danach gibst du Bleifuß bis zur Bus-Stop-Schikane. Im dritten Gang nimmst du beim Ausgang jeden Zentimeter der Kerbs mit."

"Mit Vollgas geht es durch die Linkskurve Blanchimont und dann kommt man auch schon an der Bus-Stop-Schikane an, die 2006 ein neues Gesicht erhalten hat und jetzt viel langsamer ist. Du lenkst für die Rechtskurve so spät wie nur möglich ein und hast beim Herausbeschleunigen kaum Traktion", sagte Wurz abschließend. "Mir war die alte Variante viel lieber, denn da konntest du hinterher einfach draufdrücken und bist Richtung Leitplanke geflogen. Das war echt stark!"