• 18.12.2003 15:30

  • von Marcus Kollmann

Wintertests: Überraschungen bei den Verfolgerteams

Auch BAR-Honda, Sauber, Jaguar, Jordan und Minardi testeten zum Jahresende noch einmal - wie intensiv, verrät unsere Analyse

(Motorsport-Total.com) - Die Formel-1-Saison 2003 war nicht nur von einem harten Wettbewerb zwischen den Top-Teams geprägt, sondern auch im Mittelfeld entbrannte zum Saisonende hin ein Kampf um den begehrten fünften Platz in der Meisterschaft.

Titel-Bild zur News: Christian Klien (Jaguar-Cosworth)

Legten bislang am meisten Runden zurück: Christian Klien und Jaguar Racing

Ebenso wie Ferrari, BMW-Williams, McLaren-Mercedes und RenaultF1, nutzten auch alle anderen Teams noch einmal die Gelegenheit, um sich von Ende November bis Mitte Dezember ausführlich auf den sicherlich nicht leichter werdenden Konkurrenzkampf in der neuen Saison vorzubereiten.

British American Racing erstmals auf Michelin-Reifen unterwegs

Das BAR-Honda-Team, welches sich dieses Jahr mit 26 WM-Zählern Platz fünf bei den Konstrukteuren sichern konnte, rückte Ende November erstmals mit Michelin-Reifen aus und konzentrierte sich auf Grund des Reifenpartnerwechsels hauptsächlich auf das Sammeln neuer Daten mit dem diesjährigen Auto. Des Weiteren setzte man aber auch ein schwarz lackiertes Konzeptauto, welches abwechselnd von Jenson Button und Takuma Sato gefahren wurde und mit einer neuen Heckpartie einschließlich des neuen Honda-Motors für 2004 ausgerüstet war, ein.

Unterstützt wurden der Engländer und der Japaner bei den Versuchsfahrten durch Testfahrer Anthony Davidson und F3000-Champion Björn Wirdheim. Nach Abschluss der Testfahrten in Barcelona, Jerez und Idiada, wo man ein Aerodynamikprogramm durchgeführt hatte, standen für den Rennstall aus Brackley 1.251 Runden und somit 5.395 zurückgelegte Kilometer auf den spanischen Strecken zu Buche.

Die meisten Runden legte im teaminternen Vergleich Takuma Sato mit 620 Umläufen vor Jenson Button mit 437 Runden zurück. Anthony Davidson saß 116 Runden im Auto. Björn Wirdheim, der unter besonderer Beobachtung des Teams stand, weil man den Schweden als Testfahrer in Betracht zieht, legte 78 Runden zurück.

Fisichella und Massa gewöhnten sich an das Team

Bei Sauber standen die Versuchsfahrten in Barcelona und Jerez ganz im Zeichen der Eingewöhnung der neuen Fahrer. So testete Giancarlo Fisichella drei Tage lang auf dem Circuit de Catalunya, wo er den C22 während seiner insgesamt 248 Runden zurückgelegten Runden kennen lernte und ein technisches Programm, bestehend aus Tests von Dämpfermodifikationen, Bremsmaterialien, Reifen und der Servolenkung für den C23 durchführte.

Beim darauf folgenden Test in Jerez kamen dann Felipe Massa und Neel Jani zum Einsatz. Während Massa an drei Tagen grundsätzlich ein ähnliches Programm wie Fisichella absolvierte, bei dem er 143 Runden fahren konnte und auch ein neues Elektroniksystem und eine modifizierte Getriebe-Version testete, durfte am letzten Tag dann Testfahrer Jani ins Auto steigen.

Über 94 Runden widmete sich der Schweizer unter anderem Tests der Aerodynamik und der Reifen. Weil man im Gegensatz zu anderen Teams nur mit einem Fahrer pro Testtag unterwegs war, brachte es der Rennstall aus Hinwil bei den Versuchsfahrten lediglich auf 485 Runden, was rund 2.222 Testkilometern entspricht.

Jaguar spulte mit Abstand am meisten Runden ab

Ganz anders sah es hingegen bei Jaguar Racing aus, die mit einer Ausnahme an jedem Testtag mit mindestens zwei Piloten unterwegs waren. Bei den "Raubkatzen" war das Programm grundsätzlich, ohne es jedoch näher zu spezifizieren, auf die Entwicklungsarbeit für den R5 und Reifentests für Michelin ausgerichtet. Das Team aus Milton Keynes führte gleich zum Beginn der Wintertests jedoch auch einen Test verschiedener Fahrer durch, und entschied sich dabei nach einer überzeugenden Vorstellung für Christian Klien.

Der Österreicher saß dann bei den Versuchsfahrten in Valencia, Barcelona und Jerez mit 759 Runden auch am längsten im R4, dicht gefolgt von seinem Teamkollegen Mark Webber, der 644 Runden fuhr. Der Amerikaner Townsend Bell, dem man ebenfalls eine Chance gegeben hatte, und Justin Wilson, der möglicherweise als Testfahrer im Team bleiben wird, fuhren 62 beziehungsweise 127 Runden. Insgesamt konnte der Rennstall aus Milton Keynes nicht weniger als 1.592 Runden, was rund 6.969 Kilometern entspricht, zurücklegen und war somit das fleißigste Verfolgerteam.

Toyota testete erstmals mit Mike Gascoyne

Toyota, die kommendes Jahr um den fünften Platz in der Herstellerwertung kämpfen wollen, testete in den vergangenen drei Wochen nicht nur in Valencia und Jerez sondern auch in Paul Ricard. Auch beim deutsch-japanischen Rennstall standen Reifentests für Michelin auf dem täglichen Arbeitsprogramm. Viel mehr Aufmerksamkeit genossen jedoch die Einsätze mit dem TF103B, der im Vergleich zum diesjährigen Boliden bereits mit einer neuen Hinterradaufhängung, sowie dem für 2004 vorgesehenen Motor und Getriebe ausgerüstet war.

Abgesehen von kleineren Problemen, verlief der Test mit dem Interimsmodell laut Aussagen der Fahrer positiv. Während es bei den Piloten des Teams keine Überraschungen gab, war am Kommandostand jedoch ein neues Gesicht zu sehen: Mike Gascoyne, neuer Technischer Direktor, übersah direkt nach seinem Arbeitsantritt am 1. Dezember die Entwicklungsarbeiten bei den Testfahrten.

Alles in allem brachte es das Team auf 948 Runden und damit 3.908 Kilometer. Die meisten Umläufe fuhren mit 431 und 338 Runden die beiden Testfahrer, Ricardo Zonta und Ryan Briscoe. Olivier Panis und Cristiano da Matta absolvierten vor der Weihnachtspause 147 beziehungsweise 122 Runden.

Debüt von Nick Heidfeld im Jordan

Das Team von Eddie Jordan beteiligte sich an den Wintertestfahrten nur vom 3. bis 5. Dezember in Jerez, wo Nick Heidfeld die Gelegenheit erhielt den EJ13 und das Team, für welches er 2004 höchstwahrscheinlich starten wird, kennen zu lernen. Der Mönchengladbacher unterstützte die Gelben aber auch dabei die Abstimmung des Boliden zu verbessern, testete neue Kontrollsysteme und Reifen und brachte es somit auf 133 Runden.

Neben Heidfeld feierte der tschechische F3000-Pilot Jarek Janis sein Debüt in einem Formel-1-Boliden und fuhr 112 Runden. Am letzten Tag stieß dann Ralph Firman, einer der beiden diesjährigen Stammpiloten, dazu und konnte 48 Umläufe absolvieren. Im Ganzen spulte Jordan 293 Runden und somit 1.297 Kilometer ab.

Minardi gab vielen Youngstern eine Chance

Obwohl Testfahrten für Minardi auf Grund der immer angespannten finanziellen Situation eine Ausnahme darstellen, beteiligte sich auch das kleinste von allen Teams an den Vorbereitungen auf die Saison 2004. Allerdings fuhr man nicht auf einer der spanischen Rennstrecken, sondern testete drei Tag lang im italienischen Vallelunga, wo man Reifentests für Bridgestone. Entwicklungsarbeit für Cosworth Racing durchführte und neben neuen Chassis-Teilen für den PS04 auch verschiedene junge Piloten fahren ließ.

Neben Gianmaria Bruni, der 130 Runden im 3,228 Kilometer Autodromo di Vallelunga zurücklegte, saßen auch die Renault RDD-Fahrer Heikki Kovalainen (81 Runden) und José-Maria Lopez (113 Runden), sowie zum ersten Mal Euro F3000-Vizechampion Fabrizio Del Monte (33 Runden) und der Österreicher Norbert Siedler (47 Runden) im Cockpit von einem der zwei zur Verfügung stehenden PS03. Darüber hinaus drehte auch der Inder Narain Karthikeyan einige Runden im Minardi-Boliden. Insgesamt brachte es das Team von Paul Stoddart bei den Tests auf 404 Runden und 1.336 Kilometer.

Fazit: Jaguar testete mehr als drei von den Top-Teams

Während sich bei den Top-Teams BMW-Williams bislang am intensivsten auf die neue Saison vorbereitet hat, ist es bei den Verfolgern eindeutig Jaguar Racing, die mit 6.969 Kilometern sogar mehr fuhren als Ferrari, McLaren-Mercedes und RenaultF1. Mit 5.395 Kilometern geht der zweite Platz bei den Teams aus dem Mittelfeld an BAR-Honda, die damit vor Toyota (3.908 Kilometer), Sauber (2.222 Kilometer) sowie Minardi und Jordan rangieren.

Bei den Fahrern war Jaguars neuer Mann, Christian Klien, mit 759 Runden vor Mark Webber (644 Runden) und Takuma Sato (BAR-Honda/620 Runden) der fleißigste Pilot bei den Verfolgern.