• 18.12.2003 10:14

  • von Marcus Kollmann

Wintertests: BMW-Williams am fleißigsten

In den letzten Wochen testeten die Teams noch einmal intensiv - wer derzeit am besten für 2004 gerüstet scheint, verrät unsere Analyse

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Saisonfinale im japanischen Suzuka verabschiedeten sich die Formel-1-Teams und ihre Fahrer in eine mehrwöchige Pause, in der man aber keinesfalls die Beine hoch legte, sondern bereits alle Vorbereitungen auf die ab Ende November anstehenden Testfahrten traf.

Titel-Bild zur News: Marc Gené (BMW-Williams)

BMW-Williams bereitete sich bislang am intensivsten auf 2004 vor

Auf den zum Testen favorisierten Rennstrecken waren die Teams vom 25. November bis zum 12. Dezember trotz teils widriger Testbedingungen entsprechend aktiv, schließlich greift vom 15. Dezember bis zum 4. Januar erneut ein freiwilliger Testverzicht. Die Chance, noch vor den Feiertagen und dem Jahreswechsel einige Tausend Kilometer fahren zu können und wichtige Erkenntnisse zu sammeln, ließ sich keines der zehn Teams entgehen.

Wie umfangreich die Versuchsfahrten bei den vier Top-Teams der Saison 2003 ausgefallen sind, was schwerpunktmäßig getestet wurde und welcher Rennstall bei den Vorbereitungen auf die Saison 2004 die Nase vorn hat, haben wir für Sie in unserer Analyse untersucht.

Ferrari bei den Testfahrten im Winter nicht die Nummer eins

Das Weltmeisterteam Ferrari konzentrierte sich bei den Tests in den vergangenen Wochen ganz auf Entwicklungsarbeit im Bereich Reifen, Elektronik und Motor. Dabei brachte es der Rennstall aus Maranello insgesamt auf 1.411 Runden, was rund 6.107 Kilometern entspricht. Als fleißigster Tester entpuppte sich bei den "Roten" Luca Badoer, der 522 Runden im F2003-GA fuhr. Dicht dahinter folgte Luciano Burti, der es im auf 391 Runden brachte und dabei auch im Vorjahresmodell F2002 unterwegs war.

Felipe Massa beteiligte sich mit 367 Runden ebenfalls äußerst intensiv an den Vorbereitungen der Scuderia auf die neue Saison. Von den beiden Stammpiloten saß nur Rubens Barrichello bei den Tests zum Jahresende noch einmal im Formel-1-Boliden aus Maranello. Der Brasilianer nahm lediglich an drei Testtagen teil und belegt deshalb im teaminternen Vergleich mit 124 Runden wenig überraschend den Schlussrang. Michael Schumacher absolvierte nach dem Saisonende vor allem PR-Termine, darunter auch ein Wettrennen gegen einen Eurofighter, und wird erst im neuen Jahr wieder testen.

BMW-WilliamsF1 mit umfangreichstem Programm

Ganz anders sah das beim BMW-WilliamsF1-Team aus, wo sich beide Stammfahrer an den Tests beteiligten. Nachdem man den Gewinn der Konstrukteursweltmeisterschaft in diesem Jahr unter unglücklichen Umständen verpasste, setzen die Weiß-Blauen bereits in der Vorbereitung auf 2004 alles daran, um so gut vorbereitet wie noch nie in die neue Saison starten zu können. Der Testaufwand, den man in den letzten Wochen in Valencia und Jerez betrieb, belegt dies deutlich.

1.851 Runden, und damit 7.925 Kilometer, sind das Ergebnis der bisherigen Vorbereitungen des Teams, bei denen man nicht nur den neuen BMW P84 Motor gemäß den neuen Anforderungen in der kommenden Saison erfolgreich über lange Distanzen einsetzte, sondern auch an der Fahrzeugabstimmung arbeitete, Getriebetests durchführte und eine führende Rolle bei der Reifenentwicklung von Michelin spielte.

Beim letzten Test der Weiß-Blauen in diesem Jahr, in Jerez, kamen neben den Stammpiloten und Testfahrer Marc Gené auch drei neue Gesichter hinter dem Steuer des WilliamsF1 BMW FW25 beziehungsweise FW24 zum Einsatz. So durfte Nelson Piquet junior, Sohn des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters, seine erste Fahrt in einem Formel-1-Fahrzeug bestreiten. Der Brasilianer legte an anderthalb Tagen insgesamt 111 Runden zurück. Nico Rosberg, der bereits vor einem Jahr als damals frisch gebackener Meister der Formel BMW ADAC Meisterschaft für BMW WilliamsF1 hatte testen dürfen, gab sein Come-back im Formel-1-Cockpit und brachte es auf 98 Umläufe.

Mit dem 21-Jährigen Ho-Pin Tung debütierte darüber hinaus der erste Chinese in der "Königsklasse des Motorsports" in einem Boliden des BMW-WilliamsF1-Rennstalls. Tung hatte seinen Ausflug in die prestigeträchtigste Motorsportserie als Anerkennung für seine souveränen Leistungen in der Formel BMW Asien erhalten und konnte 42 Runden im FW24 fahren. Die teaminternen meisten Kilometer bei den Testfahrten legte Marc Gené zurück. Der Spanier brachte es am Ende der "Wintertests" im alten Jahr auf 787 Umläufe. Zum Vergleich: Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya absolvierten 440 beziehungsweise 373 Runden.

McLaren-Mercedes als einziges Team bereits mit neuem Auto unterwegs

Während Ferrari, BMW-Williams und Renault darauf bedacht waren bei den Testfahrten in den letzten drei Wochen möglichst viele Kilometer mit einigen für die neuen Autos vorgesehenen Teilen zu fahren, führte man bei McLaren-Mercedes die Vorbereitungen auf 2004 bereits mit dem neuen MP4-19 durch, der beim Testauftakt in Valencia sein Debüt gegeben hatte.

Als einziges von den vier Top-Teams setzten die Silberpfeile bei den Tests jedoch nur zwei Fahrer pro Tag ein - einer im neuen Auto, einer im MP4-17D -, was sich mit 1.297 Runden und 5.655 Kilometern entsprechend auf das Testprogramm auswirkte. Wenngleich man die bei Testfahrten gefahrenen Rundenzeiten auf Grund unbekannter Testprogramme nicht überbewerten sollte, so war es das Team aus Woking, welches mit dem MP4-19 in Valencia und Jerez neue Rundenrekorde aufstellte und damit seine Titelambitionen im neuen Jahr unterstrich.

Mit 690 Runden saß Testfahrer Alexander Wurz bei McLaren-Mercedes die längste Zeit im Auto. David Coulthard konnte 369 Runden auf den spanischen Strecken drehen und McLarens zweiter Testfahrer, Pedro de la Rosa, immerhin 238. Kimi Räikkönen nahm nach einer Operation seines Handgelenks, und auf ärztlichen Rat hin, nicht an den Tests teil.

Blau-Gelb untermauert seine Zielsetzung und überrascht

RenaultF1, viertbestes Team in der Jahresendwertung 2003, drehte mit seinen Fahrern von Ende November bis Mitte Dezember 1.474 Runden und legte damit 6.386 Kilometer zurück. Während der intensiven Testfahrten führte man nicht nur die gewohnten Setup-Arbeiten und Reifentests und die Weiterentwicklung elektronischer Systeme durch, sondern unterzog bereits für den Einsatz im R24 vorgesehene Komponenten einer Bewährungsprobe unter Rennbedingungen.

Den Großteil der Testarbeit erledigte dabei Franck Montagny, der neue offizielle Testfahrer der Blau-Gelben, welcher nicht weniger als 790 Runden absolvierte. Die Stammfahrer Fernando Alonso und Jarno Trulli fuhren 221 beziehungsweise 256 Runden. Darüber hinaus gaben Formel Nippon-Meister Satoshi Motoyama (66 Runden), sowie Heikki Kovalainen (67 Runden) und José-Maria Lopez (74 Runden), zwei von Renault im RDD-Programm geförderte Fahrer, ihr Test-Debüt für das RenaultF1-Team.

Und der Sieger ist...

Gäbe es für den Einsatz bei den Vorbereitungen für das kommende Jahr einen Titel zu vergeben, so würde dieser bei den Top-Teams nach dem jetzigen Stand an BMW-Williams gehen. Die zurückgelegten 7.925 Testkilometer untermauern deutlich den Siegeswillen der Mannschaft von Frank Williams, die 2004 von Beginn an konkurrenzfähig sein möchte. Mit 6.386 Kilometern geht der zweite Platz an RenaultF1, die im Vergleich zwischen den Top-Teams knapp vor Ferrari (6.107 Kilometer), aber deutlich vor McLaren-Mercedes (5.655 Kilometer) rangieren.

Bei den zum Einsatz gekommenen Fahrern ginge die Krone an Franck Montagny (RenaultF1), der sich diese mit 790 Runden knapp vor Marc Gené (BMW-Williams/787 Runden) und Alexander Wurz (McLaren-Mercedes/690 Runden) erarbeitet hat.

Lesen Sie demnächst in unserem zweiten Teil die Testfahrten-Analyse der Verfolgerteams.