• 11.09.2010 10:27

  • von Dieter Rencken

Williams: "Seltsames Gefühl, Ferrari zu unterstützen"

Der Williams-Teamchef im Mediengespräch über seinen Brief an den Automobilweltverband und warum er Ferrari in der Stallorder-Affäre unterstützte

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Sie haben wegen Ferrari einen Brief an den Weltmotorsportrat geschrieben. Was war der Grund?
Frank Williams: "Weil wir unterstützen, dass das Prinzip der Teamorder erlaubt wird, nicht zwangsläufig das explizite Manöver von Ferrari. Wir haben den Brief verfasst, weil wir aufrichtig waren. Wir sind keine Freunde von Ferrari, aber wir dachten einfach, dass die Einschränkung der Teamorder nicht notwendig ist."

Titel-Bild zur News: Frank Williams (Teamchef)

Frank Williams schrieb einen Brief an die FIA und unterstützte damit auch Ferrari

Frage: "Glauben Sie, dass es in Bezug auf Teamorder irgendwelche Restriktionen geben sollte, oder sollte diese vollständig erlaubt sein?"
Williams: "Das ist alles Teil der Diskussionen. Ein provisorischer Gedanke ist, dass sie einfach in der zweiten Saisonhälfte anwendbar sein sollte. Wir sollten daran erinnern, dass Fahrer selbst an sie denken, was großartig ist, aber wir wollen auch Weltmeisterschaften gewinnen."#w1#

"Dafür haben wir mit Nigel Mansell und Nelson Piquet einen hohen Preis bezahlt." Frank Williams

"Es gibt in jedem Jahr zwei davon, auch eine für das Team, und man braucht überall zwei Autos, welche eine sehr gute Leistung zeigen. Es kommt sehr selten vor, dass man zwei Fahrer mit derselben Leistung im selben Team hat. Dafür haben wir mit Nigel Mansell und Nelson Piquet einen hohen Preis bezahlt. Das hat uns gekostet."

Frage: "Haben Sie Ihre Haltung Rubens Barrichello gegenüber erklärt, denn er könnte überrascht sein, dass sein Teamchef mit seiner Vergangenheit Teamorder unterstützt?"
Williams: "Ich habe nicht mit ihm gesprochen, aber ich bin mir sicher, dass er das weiß."

Frage: "Wenn Sie sagen, dass man womöglich Teamorder in der zweiten Saisonhälfte erlauben sollte, glauben Sie wirklich, dass dies einen Unterschied ausmacht, ob man es im ersten Rennen oder im vorletzten Rennen macht?"
Williams: "Wenn man einige der puristischeren Fans beschwichtigen möchte, dann sollte es unter keinen Umständen Teamorder geben. Wenn man eine Weltmeisterschaft gewinnt, kann man die Türe öffnen, denn das Geld wird hineinströmen und man kann locker im Geschäft bleiben. Wenn man keine Weltmeisterschaft gewinnt, dann gewinnt man ein paar Rennen, man verhandelt hart und bleibt im Geschäft."

"Ferrari muss sich um Geld keine Sorgen machen, die meisten anderen Teams jedoch schon." Frank Williams

"Aber wenn man gar keine guten Ergebnisse vorweisen kann, dann ist es schwierig zu überleben. Wenn man jedoch eine Weltmeisterschaft gewinnt, ist es in den kommenden ein oder zwei Jahren wesentlich einfacher. Es ist im Interesse des Teams, eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, denn Ferrari muss sich um Geld keine Sorgen machen, die meisten anderen Teams jedoch schon."

Frage: "Wie bringen Sie das Argument des Rennsports mit Teamorder im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit ins Gleichgewicht?"
Williams: "Ich denke, das ist sehr wichtig. Aber ich denke, dass man dies klarstellen und ordentlich erklären kann. Wenn dein Nummer-2-Fahrer ein junger Mann wie Nico Hülkenberg ist und deine Nummer 1 Lewis Hamilton wäre und er Lewis im Weg steht und es um die Weltmeisterschaft geht, was machst du dann?"

"Die Teams und Sponsoren zahlen für die Autos und sie wollen Ergebnisse." Frank Williams

"Sagst du dann, gewinne das Rennen für dich selbst, junger Mann? Das ist die andere Seite der Medaille. Die Teams und Sponsoren zahlen für die Autos und sie wollen Ergebnisse. Wenn sie sich über etwas ärgern, dann gehen sie."

Frage: "Wenn das Argument so überzeugend ist, ist es dann nicht überraschend, dass lediglich Williams und Sauber zur Verteidigung von Ferrari geschrieben haben?"
Williams: "Es ist eine freie Gesellschaft. Ich weiß nicht, was alle anderen denken, aber das ist unsere Meinung. Auf Basis dessen, was Sie sagen, muss es zehn Teams geben, welche denken, dass wir Unsinn reden und Teamorder nicht erlaubt sein sollte."

"Es hat sich seltsam angefühlt, Ferrari zu unterstützen, aber der Grund dafür ist, dass wir glauben, dass sie erlaubt sein sollte, und unsere Stimme gehört werden sollte."

Frage: "Haben Sie mit Stefano Domenicali (Ferrari-Teamchef; Anm. d. Red.) darüber gesprochen?"
Williams: "Ich habe es nicht getan, aber Adam Parr hat es gemacht."

Frage: "Wurde Ihre Meinung durch die FIA geprüft?"
Williams: "Ich weiß es nicht. Ich bekam von Jean Todt keinen Anruf."

Frage: "Es scheint sich abzuzeichnen, dass man die Regelung behält, aber in einem anderen Format, bei dem Teamorder erlaubt sein könnte, solange kein anderes Team dadurch beeinträchtigt wird. Eines der Beispiele dafür wurde in Jerez 1997 gezeigt, als Williams und McLaren angeblich konspirierten."
Williams: "Das war etwas völlig anderes. Das war etwas ziemlich Außergewöhnlich anderes im Vergleich dazu."

"Wir hatten eine Anhörung, eine Unterhaltung mit Max Mosley bei der FIA, und wir sagten die Wahrheit." Frank Williams

Frage: "Was hätten Sie gesagt, wenn Sie damals herbeizitiert worden wären?"
Williams: "Das wurden wir. Wir hatten eine Anhörung, eine Unterhaltung mit Max Mosley bei der FIA, und wir sagten die Wahrheit. Der Grund, warum wir Jaques Villeneuve einbremsten, obwohl er in Führung lag, war die Tatsache, dass wir nach einem solchen Einschlag überzeugt waren, dass das Auto in gewisser Weise beschädigt war. Am Ende des Rennens überprüften wir das Auto und fanden nichts, was nicht in Ordnung war."

"Aber als wir das Auto in der Fabrik auseinandernahmen, war der Batterie-Halter auf den Unterboden zusammengebrochen. Die Batterie pendelte die letzten 17 Runden über an zwei Batteriekabel herum. Das zeigt, wie wichtig es ist, nach deinen Fahrern und Autos zu schauen."

Frage: "Glauben Sie, dass die Fans Notiz davon nehmen würden, wenn die Teamorder-Regelung aus dem Reglement genommen werden würde?"
Williams: "Einige der scharfsinnigeren Fans würden das, aber das passiert sowieso nicht sehr häufig."

"Wir hatten jede Menge gleichberechtigter Nummer-1-Fahrer." Frank Williams

Frage: "Jenson Button hat gesagt, dass er seine Verabschiedung aus dem Sport beschleunigen würde, wenn Teamorder zur Norm werden würde. Verstehen Sie das?"
Williams: "Ja. Es ist unsere Meinung, und wir werden diesbezüglich nicht predigen. Das ist das, was wir denken, und wir hatten jede Menge gleichberechtigter Nummer-1-Fahrer. An einem Punkt könnte sich McLaren vielleicht in der Situation befinden, in der Lewis 41 und Jenson 39 Punkte bei noch verbleibenden zwei Rennen haben."

"Dann beenden sie das vorletzte Rennen nicht und Fernando Alonso liegt nun um sechs Punkte in Führung. Du hast zwei Chancen, Alonso in dieser Situation mit den Fahrern zu schlagen, und das Team muss die ganze Zeit über die allerbesten Fahrer haben, um in das Problem zu geraten, über das wir uns nun unterhalten."