Whitmarsh verteidigt späte Präsentation des MP4-26

Warum Teamchef Whitmarsh die späte McLaren-Präsentation trotz fehlender Zuverlässigkeit für richtig hält und wieso man einen Testtag auslässt

(Motorsport-Total.com) - McLaren tanzte bei den Testfahrten 2011 aus der Reihe. Während alle Topteams schon beim Testauftakt in Valencia Anfang Februar mit dem neuen Boliden ausrückten, setzte das britische Traditionsteam auf Risiko: Zunächst versuchte man mit dem alten Auto, verwertbare Reifendaten zu sammeln, erst beim zweiten Test setzte man dann erstmals den MP4-26 ein. Man verzichtete damit bereitwillig auf 30 Prozent der verfügbaren Testzeit mit dem neuen Auto.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh (Teamchef), Ron Dennis

Whitmarsh fühlt sich durch Dennis' Perfektionstrieb nicht unter Druck gesetzt

Ein Schuss ins Knie, möchte man nun meinen: Die Tests mit dem MP4-26 wurden durch massive Zuverlässigkeits-Probleme beeinträchtigt, die Piloten klagen über fehlenden Abtrieb, die Zeiten lassen zu wünschen übrig und selbst über das Potenzial des Autos kann man derzeit kaum Auskunft geben, da dem Team schlicht die Testkilometer fehlen, um ein vernünftiges Setup zu finden.

Falsche Strategie bei McLaren?

Doch Teamchef Martin Whitmarsh verteidigt gegenüber 'F1.com' nach wie vor die Strategie, den MP4-26 nicht beim Testauftakt in Valencia aus der Garage zu rollen: "Einer der entscheidenden Leistungsfaktoren 2011 ist bei allen Teams die Einführung der neuen Pirelli-Reifen. Wir hatten das Gefühl, dass wir diese Unbekannte durch den Einsatz des letztjährigen Autos in Valencia am besten isoliert beurteilen können - auf einer Plattform, die wir bereits kannten und verstanden."

"Wir stehen zu unserer Entscheidung, die Einführung um einen Test zu verschieben." Martin Whitmarsh

Diese Strategie hat sich laut dem Briten auch bewährt: "Der erste Test hat sich als extrem vorteilhaft herausgestellt und uns mit reichhaltigen, rohen Daten versorgt, die wir seitdem analysieren. Obwohl ich zugebe, dass die Einführung des MP4-26 durch einige Zuverlässigkeits-Probleme beeinträchtigt wurde, stehen wir zu unserer Entscheidung, die Einführung um einen Test zu verschieben."

Warum lässt McLaren einen Testtag aus?


Fotos: Testfahrten in Barcelona


Für zusätzliche Verwunderung sorgte die Strategie des Rennstalls, den heutigen Testtag in Barcelona auszulassen. Doch auch hierfür hat der McLaren-Teamchef Argumente: "Durch das Auslassen des Donnerstags beim letzten Barcelona-Test haben wir unser Arbeitsfenster in Wahrheit um einen zusätzlichen Tag verlängert: Wir fahren am Dienstag, am Mittwoch, am Freitag und am Samstag."

"Durch das Auslassen eines Tages haben wir unser Arbeitsfenster verlängert." Martin Whitmarsh

Was dies bringen soll? "Eine späte Lieferung neuer Teile ist in der Vorbereitungsphase des ersten Rennens immer kritisch", meint Whitmarsh. "Durch das Auslassen des Donnerstags gehen wir sicher, dass wir das Arbeitsfenster so weit wie möglich ausdehnen. Einmal mehr ist das eine Entscheidung, die wir sorgfältig überlegt haben und bei der wir uns sicher sind, dass sie sich auszahlen wird."

Kein zusätzlicher Druck durch Ron Dennis

Auch wenn Whitmarsh sich sichtlich Mühe gibt, die aktuelle Lage in ein positives Licht zu bringen, deuten die Testresultate und die Aussagen der Fahrer auf einen durchwachsenen Saisonstart hin. Wer Ex-McLaren-Teamchef und "Fädenzieher" Ron Dennis kennt, der weiß, dass ihm Misserfolge körperliche Schmerzen zufügen.

"Ron und ich sind bloß zwei Menschen in einer großen Gruppe extrem konkurrenzfähiger Individuen." Martin Whitmarsh

Doch wie geht Whitmarsh mit diesem Druck um? "Ich bin jetzt seit 20 Jahren bei McLaren", holt er aus. "Ron und ich sind bloß zwei Menschen in einer großen Gruppe extrem konkurrenzfähiger Individuen - ich bin stolz, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ich habe enormen Respekt vor Ron - als Kollege und als Freund -, aber bitte macht hier keinen Fehler: Der Ethos von McLaren verbindet alle, die in jeder einzelnen Firma der McLaren-Gruppe arbeiten. Wir streben in jeder Minute des Tages nach Spitzenleistungen."