Liuzzi: "Das erste Jahr wird nicht einfach"
Neues Team, neuer Manager: Vitantonio Liuzzi hofft, dass er HRT im Formel-1-Feld mit seinem Speed und seiner Erfahrung voranbringen kann
(Motorsport-Total.com) - Von Red Bull zu Toro Rosso, Force India und HRT: Vitantonio Liuzzi hat immerhin wieder einen Job in der Formel 1 gefunden, aber auf der Karriereleiter kletterte er in den vergangenen Jahren eher nach unten als nach oben. Am Rande der Testfahrten in Barcelona sprach er heute über die vor ihm liegende Herausforderung.

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Vitantonio Liuzzi hofft, dass HRT 2011 WM-Platz zehn erobern kann
Frage: "Tonio, neues Team, neues Management. Freust du dich auf die neue Saison?"
Vitantonio Liuzzi: "Ja, ich freue mich auf 2011. Ich glaube, es wird eine herausfordernde Saison für mich und das Team. Wir beide pokern ein bisschen, denn vor uns liegt ein Abenteuer, aber es wird ein interessantes Jahr 2011. Das Team hat großes Wachstumspotenzial. Das erste Jahr wird nicht einfach, aber ich sehe gute Leute mit guten Möglichkeiten, gute Leistungen abzuliefern."
Frage: "War dein neuer Manager in die Verhandlungen involviert? Oder wer hat mit HRT gesprochen?"
Liuzzi: "Alles hat schon im Vorjahr begonnen, denn Herr Carabante, Colin Kolles und ich schätzen einander sehr. Ich kenne Herrn Kolles schon seit seiner Zeit als Teamchef bei Force India. So gesehen waren es einfache Gespräche, aber ich habe bei mir auch einiges verändert, sodass mein neues Management dann in die Verhandlungen eingestiegen ist. Ich bin meinem früheren Manager sehr dankbar, aber ich wollte eine Veränderung."
Collins raus, Zanarini rein
Frage: "Zur Klarstellung: Dein Manager ist nicht mehr Peter Collins, sondern Enrico Zanarini, richtig?"
Liuzzi: "Genau. Ich bin Peter aber sehr dankbar, denn er hat viel Gutes für mich getan. Wir sind immer noch gute Freunde."
Frage: "Wie bereitest du dich mental auf die neue Saison vor? Es ist schließlich ein neues Team..."
Liuzzi: "Natürlich muss ich meine Standpunkte anpassen, denn die Ausgangslage ist jetzt eine andere. Unser Ziel ist, als Team den zehnten WM-Platz zu erreichen. Punkte werden nicht einfach zu holen sein, denn die großen Teams sind immer da, aber meine Herangehensweise ist, das Team zu unterstützen und ihnen meine Erfahrung und meinen Speed zur Verfügung zu stellen. So will ich ihnen dabei helfen, so schnell wie möglich weiterzuentwickeln."
"Ja, es ist eine neue Situation, aber du musst immer 100 Prozent geben, um in die Punkte zu kommen. Das wird sicher nicht einfach, aber unser Ziel ist wie gesagt Platz zehn in der Konstrukteurswertung."
Frage: "Ihr habt nur noch zwei Testtage. Wird es schwierig, mit dem noch unerprobten neuen Auto überhaupt die Qualifikation für das Rennen zu schaffen?"
Liuzzi: "Derzeit ist das die erste Frage, aber wir wissen es nicht, solange das Auto nicht fährt. Die Zahlen, die der Windkanal ausspuckt, sind vielversprechend."
"Klar müssen wir hart arbeiten, um das Auto diesen Freitag erstmals testen zu können. Wir müssen das Auto verstehen lernen, aber ich glaube, dass wir besser in Form sein werden als im Vorjahr. Damals war das Auto sehr zuverlässig - es mangelte nur an Speed. Vom Anpressdruck her sind wir jetzt schon viel besser als im Vorjahr. Wir müssen nur hoffen, dass die Zuverlässigkeit gleich bleibt und der Speed besser wird."
"Es gibt einige gute Leute im Team, die viel von der Formel 1 verstehen - Techniker, Ingenieure. Das stimmt mich zuversichtlich. Wir müssen nur gerade am Anfang doppelt so hart arbeiten wie sonst. Das Heck des Autos kommt von Williams, der Motor von Cosworth - da erwarten wir keine Probleme. Es muss uns nur gelingen, alle Puzzleteile zusammenzusetzen. Das wird nicht einfach, aber die Leute im Team wissen, was sie tun."
HRT-Cockpits gibt es nur gegen Geld
Frage: "Wie lange haben die Verhandlungen mit HRT gedauert? Und musstest du auch ein Budget mitbringen?"
Liuzzi: "Die Gespräche haben Mitte/Ende Januar begonnen, denn zu dem Zeitpunkt wurde mir mitgeteilt, dass Force India den Vertrag auflösen wird. Wie gesagt respektiere ich die Herren Carabante und Kolles schon lange, daher war uns immer klar, dass wir eines Tages zusammenarbeiten könnten. Dass es so schnell gehen würde, war aber eine Überraschung. Es ging nur darum, die Sache zum Funktionieren zu bekommen, denn sie haben sich für mich eingesetzt und in mich investiert. Umgekehrt investiere ich auch in sie. Das ist also für beide Seiten gut."
Frage: "Musst du Sponsoren bringen?"
Liuzzi: "Das ist mit dem Team ganz klar geregelt. Je mehr Sponsoren sie finden, desto besser."
Frage: "Hast du dir über den Winter jemals Sorgen gemacht, dass du in der Formel 1 keinen Job mehr finden könntest?"
Liuzzi: "Ich hätte erstmal nie gedacht, dass mit Force India etwas schiefgehen könnte! Anfang Januar war dann auf einmal alles anders. Wie jeder weiß, war mit Force India für 2011 eigentlich alles klar. Dann haben sie sich für einen anderen Weg entschieden, womit ich leben kann. Es kam nur ziemlich spät, denn im Januar sind schon fast alle Cockpits vergeben."

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In Barcelona durfte Vitantonio Liuzzi noch den 2010er-HRT-Dallara testen Zoom
"Aber ich freue mich über diese Situation, denn alles sieht sehr vielversprechend aus. Klar, wir müssen doppelt so hart arbeiten und von vorne beginnen, aber das Team ist neu und das Projekt für die Zukunft sehr interessant. Ich freue mich auf die neue Herausforderung. Ich mag schwierige Herausforderungen - und kenne das auch gut: Ich war im ersten Jahr bei Red Bull, im ersten Jahr bei Toro Rosso, im ersten Jahr bei Force India. Das mag ich."
Frage: "Vor kurzem bist du noch zu Hause gesessen und hast über andere Dinge als die Formel 1 nachgedacht. Glaubst du, dass es die richtige Entscheidung ist, bei HRT in der Formel 1 zu bleiben?"
Liuzzi: "Im Kopf eines Fahrers gehen viele Dinge vor, denn im Grunde willst du nur schnell fahren und Freude daran haben. Das ist mein Ziel. Als das Verhältnis zu meinem vorherigen Team für beendet erklärt wurde, legte ich meine Karten auf den Tisch und schaute mir alle Optionen an."
"Hispania hat mir vor zwei Wochen ein Angebot gemacht, das ich vielversprechend finde. Das hat meine Entscheidung natürlich beeinflusst. Von außen kannst du ein Team natürlich nie beurteilen, aber ich hatte dann Gelegenheit, für das Team zu testen. Das hat mir gezeigt, dass es die richtige Entscheidung ist, mich mit Herrn Carabante zu einigen. Ich glaube, dass es hier gute Chancen für die Zukunft gibt. Es wird nur ein bisschen dauern."

