• 26.04.2004 19:32

  • von Fabian Hust

Todt: "Montoya sollte überdenken, was er sagt"

Jean Todt gibt sich wie immer stolz auf sein Team, macht sich aber dennoch zahlreiche Sorgen und sieht Verbesserungspotenzial

(Motorsport-Total.com) - Sieg Nummer sechs in Imola für den nicht zu stoppenden Michael Schumacher. Es war der vierte Sieg für den Ferrari-Piloten im vierten Rennen der Saison 2004. Für Teamchef Jean Todt war der Triumph seines teuersten Mitarbeiters "ein wunderbarer Moment. Michael Schumacher und sein Ferrari haben das Rennen in der neunten Runde übernommen und es stimmt, dass es ein besonderer Sieg in San Marino, auf dem Kurs von Imola, vor all den Fans und der extra reservierten Tribüne für alle Verbundenen der Ferrari-Maserati-Gruppe und ihren Familien war - es ist etwas, das das Herz mit Wärme erfüllt."

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Ferrari-Rennleiter Jean Todt findet immer Potenzial für Verbesserungen...

Doch Jean Todt wäre nicht Jean Todt, würde er nicht auch in Imola einiges gesehen haben, das ihm Sorgen bereitet: "Wir haben heute gesehen, dass kleine Dinge einen großen Unterschied ausmachen können. Ich würde sagen, dass es Michael gelungen ist, dem Feld davonzuziehen, aber das war bei Rubens nicht der Fall, der es nicht geschafft hat, davonzufahren. Er wurde am Start überholt, konnte aber nicht zurückschlagen. Dies zeigt, wie wichtig es ist, auf einer Runde schnell zu sein und auf einer Runde keinen Fehler zu machen, die richtige Strategie zu wählen und es dann das ganze Rennen über auf die Reihe zu bekommen. Wie ich gesagt habe, können Kleinigkeiten viel bewirken."#w1#

Über Montoya kann Todt nur den Kopf schütteln

Auch zu den harten Worten Juan-Pablo Montoyas über Michael Schumacher nach dem unglücklichen Aufeinandertreffen in der ersten Runde hat der Ferrari-Rennleiter etwas zu sagen: "Er sollte sich ein paar Minuten nehmen, um zu überdenken, was er sagt, bevor er solche Kommentare abgibt. Wir alle wissen, wie schwierig es ist, ein Fahrer zu sein. Es ist sehr anspruchsvoll und manchmal ist es wichtig zu warten, bevor man solche Kommentare abgibt. Zwischen dem Aussteigen aus dem Auto und dem Sprechen zur Presse gab es nicht genügend Zeit für ihn, über den Zwischenfall nachzudenken."

Für den Franzosen steht fest, dass sein Fahrer richtig gehandelt hat: "Es ist ein Dilemma, denn auf der einen Seite gibt es nicht genügend Spektakel in der Formel 1, nicht genügend Überholmanöver und wenn es sie gibt, dann sprechen wir über Zwischenfälle. Es ist doch ganz einfach, Michael hat seine Position verteidigt und ich denke, dass wenn eines Tages Michael oder jemand anderes seine Position nicht verteidigt, dann sollten sie sich einen anderen Job suchen. Wenn es anderes herum gewesen wäre, glauben sie, dass Montoya dann Michael vorbeigewunken hätte? Niemals. Das ist Racing. Ich kann verstehen, dass ein Fahrer seine Position verteidigt."

Todt: Schumacher hat ein überlegenes Auto

Einmal mehr hat Todt nur Lob für Michael Schumacher übrig, doch der 58-Jährige betont, dass der Deutsche auch vom überlegenen Material profitiert: "Er hat das Auto, das im Moment wohl leichter zu fahren ist als jenes der letzten Saison. Es ist gut ausbalanciert, hat einen guten Motor, gute Reifen, dies ist also grundsätzlich eine gute Kombination. Wenn man die On-Board-Aufnahmen sieht, dann kann man sehen, dass sein Auto besser ausbalanciert ist als die anderen."

"Ich habe eine besonders freundschaftliche Beziehung zu Michael und wir reden eine Menge, vielleicht mehr als er mit jedem anderen spricht", fährt Todt fort. "Ich weiß, was er fühlt. Ich denke, er mag das Auto. Wenn ich sage, dass er das Auto mag, dann fühlt er sich im Auto wohl, was wichtig ist. Er ist so in der Lage, leichter das beste aus ihm herauszuholen. Vielleicht hat er mehr Spielraum zu genießen und sich zu entwickeln, auch wenn es einzigartig ist, was er erreicht hat. Das bedeutet vielleicht, dass er entspannter ist, aber im positiven Sinne gesehen, denn er ist so fokussiert, so konzentriert, gut abzuschneiden, aber er genießt die Situation vielleicht mehr."

Todt fragt sich: Was ist mit Mercedes und BMW los?

Über die Leistung der BAR-Honda und Jenson Button macht sich Jean Todt so seine Gedanken: "Ich mache mir Sorgen, wenn ich sehe, gegen wen wir kämpfen. BAR ist die Überraschung der Saison, das war nicht nur eine Sache dieses Rennens. Sie wollen konkurrenzfähig sein und ich bin mir sicher, dass das, was sie im Moment erreichen, sie vielleicht zufrieden stellt, aber es ist nicht genug. Wenn man all die anderen Hersteller betrachtet, dann ist dies eine Situation, die nicht so bleiben kann. Aus diesem Grund ist der Wettbewerb so groß."

Doch es gibt noch andere Dinge, die Todt überraschen: "Wenn ich überrascht bin, dann mehr über Ferrari, um ehrlich zu sein. Ich sage dies zwar ständig, aber ich lebe nun einmal Tag für Tag in der Ferrari-Umgebung. Wir sind ein legendäres Unternehmen, aber wir sind sehr klein, liegen in der Mitte im Nirgendwo verloren, in einer kleinen Provinz, und wir müssen mit wesentlich mehr Problemen kämpfen als alle unseren anderen Gegner. Ich habe wirklich das Gefühl, dass es außergewöhnlich ist, was Ferrari seit den letzten paar Jahren zu leisten imstande ist und ich hoffe einfach, dass es so weitergehen wird, aber ich mache mir Sorgen, wenn ich sehe, gegen wen wir kämpfen."

Ferrari und das Reifenproblem...

Ein neues Problem, das Todt ausgemacht hat, ist die Tatsache, dass die Michelin-Reifen in den ersten Runden eines Rennens deutlich besser zu sein scheinen als die Bridgestone-Pneus: "Wir können vielleicht sagen, dass ihre erste Runde ein wenig schneller ist, die zweite ist ebenfalls nicht schlecht, denn wenn man Buttons schnellste Runde anschaut, dann fuhr er sie nach dem Stopp in der zweiten Runde, weil die zweite Runde die erste richtige Runde ist. Aber was sehr wichtig ist, ist die Tatsache, dass Bridgestone definitiv über den Stint gesehen einen großartigen Job macht. Natürlich möchten wir auch in der ersten Runde und in der zweiten, in allen Runden schneller sein..."

"Wir haben festgestellt, dass unsere Reifen zu Beginn wohl zu kalt waren", erklärt Todt. "Michael teilte mit, dass er ziemlich stark herumrutscht, aber nach der ersten Runde war er wieder bei der Musik und holte langsam, langsam auf Button auf. Wir hofften und dachten, dass Jenson ein wenig leichter war, was dann auch der Fall war, und ich denke, dass Michael vier Sekunden in zwei Runden rausholte und das war es dann. Es ist einfach zu sagen aber schwierig umzusetzen, aber das war dennoch das Ergebnis."