• 09.10.2008 16:55

  • von Dieter Rencken

Sutil: "Man handelt eigentlich instinktiv"

Force-India-Pilot Adrian Sutil im Interview über das anstehende Rennen in Fuji, Leitfäden für die erste Kurve und Boxengassen-Begegnungen mit Massa

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Jahr konnte Adrian Sutil im Regen von Fuji einen seiner bislang größten Erfolge in der Formel 1 feiern. Nach einem chaotischen Rennen und anschließender Positions-Konfusion wurde der Deutsche als Achter gewertet und erntete schließlich einen WM-Punkt. Auch in diesem Jahr könnte das Rennwochenende wieder auf feuchter Strecke ausgetragen werden, wobei Sutil keine Wetterpräferenzen hat, wie er im Interview zu Protokoll gab. Und ein paar Brocken Japanisch spricht der Gräfelfinger auch noch...

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil fühlt sich auf dem Fuji Speedway in Japan wie zuhause

Frage: "Adrian, wie gefällt dir Japan?"
Adrian Sutil: "Mir geht es echt prima, ich fühle mich hier sehr wohl. Tokio gefällt mir auch sehr. Gotemba ist für euch vielleicht uninteressant - ich habe dagegen viele Erinnerungen daran und komme auch sehr gerne wieder hierher zurück. Irgendwie ist immer alles gut, wenn ich den Fuji sehe."#w1#

Sutil ist gespannt auf ein Trockenrennen in Fuji

Frage: "Sprichst du eigentlich noch Japanisch?"
Sutil: "Ich habe damals ein bisschen gelernt, aber das waren nur ein paar Wörter. Man kann es aber nicht wirklich 'sprechen' nennen. Ich kann an der Tankstelle sagen, dass man mir den Wagen mit Benzin volltanken soll."

Frage: "Du hattest hier im vergangenen Jahr ein sehr starkes Rennen. Kannst du diese Leistung wiederholen?"
Sutil: "Naja, die Bedingungen waren auch sehr speziell. Es gab Safety-Car-Phasen und viele Zwischenfälle. So ein Rennen hatten wir wirklich noch nie: Es gab so viel Aquaplaning. Es war sehr schwierig zu fahren und am Ende haben wir gerade soeben noch einen Punkt bekommen. Den mussten wir uns ja erst noch von Toro Rosso erkämpfen, aber das hat schließlich ja geklappt. Es kann hier aber sicherlich einiges passieren, wobei das nicht zuletzt auf das Wetter ankommt. Für mich ist das hier wie eine zweite Hausstrecke, denn ich kenne den Kurs sehr gut. Ich habe hier ein Jahr lang immer mit der Formel 3 getestet."

Frage: "Die Wettervorhersage in diesem Jahr sieht ein wenig trockener aus. Würde dir das weniger gut gefallen?"
Sutil: "Ein trockenes Rennen ist hier auch sehr interessant. Das hatten wir bislang ja noch nicht und ich finde, dass wir das auch einmal erleben sollten. Ich rechne eigentlich fest mit einem trockenen Rennen, was uns vielleicht auch entgegenkommen könnte. In Singapur lag unser Auto einfach nicht, möglicherweise ist das auf dieser Strecke besser."

Frage: "In Singapur waren vier Deutsche in den Punkten - nur du nicht. Ärgert dich das?"
Sutil: "Das hilft ja nichts. Ich bleibe positiv und hoffe sehr, dass unsere Zeit noch kommt. Man muss einfach weiterarbeiten und versuchen, sich zu motivieren. Man darf sich da auch nicht zu viele Gedanken machen. Es kommt dabei auch auf das Umfeld an: Man braucht ein gutes Auto und ein gutes Team, muss sich auch wohlfühlen und erst dann kann man seine richtige Leistung abrufen. Manchmal dauert das halt seine Zeit."

Sutil 2009 definitiv bei Force India

Frage: "Was weißt du von den Mercedes-Gerüchten um Force India?"
Sutil: "Das ist wohl ein weiteres Gerücht..."

Frage: "Wirst du auch 2009 für Force India an den Start gehen?"
Sutil: "Ich habe schon seit einem halben Jahr gesagt, dass ich für 2009 einen Vertrag habe. Den besitze ich noch immer und werde ihn auch erfüllen."

Frage: "Wie gehst du für gewöhnlich die erste Kurve an?"
Sutil: "Aus dem Hinterfeld ist das natürlich sehr schwierig. Auf der einen Seite will man natürlich viel Boden gutmachen, auf der anderen Seite muss man auch schnell reagieren können. Manchmal bremsen die Wagen unmittelbar vor dir richtig plötzlich und härter als üblich. Das weißt du halt nie vorher. Gelegentlich gibt es da auch eine Lücke, in die du hineinstechen kannst."

"Unterm Strich will jeder in der ersten Kurve Positionen gewinnen, weshalb es manchmal besser ist, etwas Abstand zu halten. Man handelt dabei eigentlich instinktiv. Wenn schon vier Autos nebeneinander fahren, dann solltest du selbst auf keinen Fall das fünfte sein. Das wäre dann zu viel des Guten."

Frage: "Bekommst du über Funk irgendwelche Informationen?"
Sutil: "Nein. Wir haben das einige Male versucht, aber es hilft nicht wirklich. Natürlich kriegt man einen Funkspruch mit 'links!' oder 'rechts!', aber dann verlierst du irgendwann den Überblick. Letztendlich sitzt du selbst im Auto und musst die Situation bewerten."

Augen auf im Startgetümmel

Frage: "Wie verhält sich das, wenn an der Spitze etwas passiert?"
Sutil: "Du solltest natürlich nicht nur die Jungs unmittelbar vor dir im Auge behalten sondern auch weiter vorausschauen. Man muss sehr aufmerksam sein, um möglichst schnell darauf reagieren zu können. Sollte es in der ersten Kurve also einen Zwischenfall geben, dann solltest du diesen vermeiden und im Zweifelsfall die Strecke verlassen. Auch das muss allerdings so schnell wie möglich von statten gehen."

Frage: "Was kannst du eigentlich tatsächlich in den Rückspiegeln sehen?"
Sutil: "Ein kleines bisschen sieht man schon etwas. Wenn wir allerdings bei Topspeed über die Geraden donnern, dann haben wir auch viele Vibrationen. Du kannst dann nichts Genaues erkennen, höchstens die Farbe des Wagens hinter dir. So kannst du entsprechend reagieren."

Frage: "David Coulthard beschließt in Kürze seine Formel-1-Karriere. Was fällt dir zu diesem Rennfahrer-Kollegen ein?"
Sutil: "Er ist ein großartiger Pilot und überaus freundlich. Er zählt zu den wenigen, mit denen man auch mal Kontakt hat und der auch gelegentlich mit jungen Fahrern redet. Das ist wirklich vorbildlich. Außerdem hatte er natürlich eine tolle Karriere, denn er war lange sehr erfolgreich in der Formel 1 unterwegs. Mir hat er selbst gesagt: 'Ich bin nicht mehr der Schnellste und weiß, jetzt ist es genug.' Da kann man ihm wirklich nur zu einer tollen Karriere gratulieren und ihm alles Gute für die Zukunft wünschen."

Boxengassen-Begegnung mit Felipe Massa

Frage: "In Singapur ist Massa unmittelbar vor dir aus der Box entlassen worden. Solche Situationen sind nun schon öfters passiert. Denkst du, da besteht Handlungsbedarf?"
Sutil: "Im Prinzip schon, doch andererseits bin ich vollkommen mit den Strafen einverstanden, die dafür ausgesprochen wurden. Das ist ja schon in Valencia passiert. Damals wurde er nicht bestraft, doch wir haben uns darüber unterhalten."

"Vielleicht hat man jetzt gedacht, dass es an der Zeit sein würde, eine Strafe zu verhängen. Sollte künftig wieder einmal eine solche Situation auftreten, dann wird man sich das sicherlich genau ansehen. Es ist einfach gefährlich, so hinauszustechen - speziell, wenn der Tankschlauch noch im Wagen steckt..."

Frage: "Das war sicherlich eine Überraschung für dich..."
Sutil: "Aber hallo! Ich dachte nur: 'Oh nein!' Das ganze Benzin spritzte auf meinen Wagen, aber es ist ja nichts weiter passiert. Insgesamt war Felipe wohl sogar noch näher an mir dran als in Valencia. In Singapur musste ich wirklich in die Eisen steigen, sonst hätte es gekracht. Und dann hat er aufgrund seines Vorfalls auch noch beinahe in meiner Box angehalten. Ich habe dort eine Menge Zeit eingebüßt. Sie haben aber ihre Strafe dafür bekommen, insofern ist das okay. In der Boxengasse geht es nun einmal stressig zu."

"Jeder will den Wagen so schnell wie möglich abfertigen und wieder auf die Reise schicken. Offensichtlich hat ihr Ampelsystem nicht so richtig funktioniert. Ich denke, da müsste irgendwo ein Beobachter stehen, der die anderen Autos im Auge hat. Vielleicht müssen wir darüber noch einmal mit der FIA sprechen. Irgendwann wird es einmal einen Unfall in der Boxengasse geben und dann haben wir den Salat. Das ist eigentlich nur eine Frage der Zeit."

Frage: "Wirst du dieses Thema bei der GPDA oder dem Fahrerbriefing anschneiden?"
Sutil: "Genau, ja. Im Briefing haben wir einiges zu diskutieren. Wir haben nach Valencia schon einmal darüber gesprochen und jetzt sind wenigstens einige Strafen verhängt worden. So langsam werden sich die Teams schon ihre Gedanken dazu machen, wie man solche Zwischenfälle vermeiden kann."