• 19.08.2004 09:52

Suganuma: "Wollen die restlichen Rennen gewinnen"

Bridgestones Technischer Manager im ausführlichen Interview über den bisherigen Saisonverlauf und die Ziele für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Bei zwölf Siegen in 13 Rennen musst du hochzufrieden sein mit den diesjährigen Resultaten, nicht wahr?"
Hisao Suganuma: "So ziemlich. Im Winter haben viele angenommen, dass dieses Jahr unser Konkurrent besser sein würde, also haben wir uns sehr angestrengt, um die Performance zu steigern. Bis zum ersten Rennen in Melbourne hatten die Leute Zweifel an unserer Leistungsfähigkeit, aber das hat uns eher noch inspiriert. Seither konnten wir unsere Performance wirklich demonstrieren. Alle Bridgestone-Teams haben dieses Jahr von unserer Stärke profitiert. Bis jetzt haben sich unsere Bemühungen gelohnt und ich finde, dass zwölf Siege in 13 Rennen eine erstaunliche Bilanz sind. Leider haben wir Monaco verloren, aber das bedeutet nur, dass wir uns dort 2005 noch mehr anstrengen werden."

Titel-Bild zur News: Hisao Suganuma

Mit dem bisherigen Verlauf der Saison zufrieden: Hisao Suganuma

Frage: "Euer Sieg in Hockenheim war der 90. seit 1997. Du musst extrem stolz sein auf eure Erfolge."
Suganuma: "Ja, 90 Siege in unserer achten Saison, seit wir 1997 in die Formel 1 eingestiegen sind, erreicht zu haben, ist ein fantastischer Erfolg. Es sind aber weniger die Zahlen, die mich beeindrucken, sondern vielmehr der Verlauf der 90 einzelnen Rennen - unglaublich, dass 90. Mal einer unserer Piloten gewonnen hat. Wir haben vergangenes Wochenende mit Michael in Ungarn schon angefangen, darauf aufzubauen."#w1#

Hohe Temperaturen waren lange eine Schwäche Bridgestones

Frage: "Eine der größten Herausforderungen in diesem Jahr war es, für heiße Bedingungen konkurrenzfähige und haltbare Reifen zu entwickeln. Glaubst du, dass ihr das geschafft habt?"
Suganuma: "Letztes Jahr war die Konstanz und die Performance bei hohen Temperaturen in der Tat eine Schwäche von uns. Wir haben uns folglich umso genauer diesem Bereich gewidmet und jetzt ist die Leistung unserer Reifen bei solchen Bedingungen gut. Wir haben da ziemliche Fortschritte gemacht, wie man in Magny-Cours und Hockenheim sehen konnte."

Frage: "Ihr seid dieses Jahr durch eine besondere Konstanz der Reifen aufgefallen, die den Teams viel Spielraum für die Strategie erlaubt. Warum habt ihr euch für diese Eigenschaft entschieden?"
Suganuma: "Das Ziel ist immer, als Erster anzukommen oder so weit vorne wie möglich in den Punkten. Bridgestones Philosophie ist, dass die Rennperformance immer am wichtigsten ist. Ein Rennreifen, so denken wir, sollte über einen Stint konstante Performance bringen. Bei der Entwicklung der Reifen achten wir immer auf die Konstanz. Ist ein neuer Reifen konstanter als die gegenwärtigen Pneus, dann setzen wir ihn auch ein."

Frage: "Wird die Bedeutung der Performance in der ersten Runde überbewertet?"
Suganuma: "Nein, die Performance auf eine Runde ist wichtig, aber wenn man nur auf eine Runde schnell ist, kann man ganz schnell mit einer schlechten Rennleistung da stehen. Für die ultimative Reifenperformance sind beide Faktoren wichtig, daher wollen wir auch unsere Performance auf eine Runde steigern. Andererseits hat Michael Schumacher sieben von 13 Pole Positions errungen, also können wir nicht so weit weg sein."

Nur Ferrari hatte in Ungarn keine Blasen auf den Laufflächen

Frage: "An welchen anderen Bereichen habt ihr für 2004 gearbeitet?"
Suganuma: "Es war besonders wichtig, an Reifen für heiße Bedingungen zu arbeiten, wegen Rennen wie Hockenheim oder Ungarn. Wir haben in Ungarn nicht mit so heißen Bedingungen wie normalerweise immer gerechnet, aber die Einschätzung unserer Reifen über das Wochenende zeigt, dass wir auch bei normalen Temperaturen konkurrenzfähig gewesen wären. Die Ferraris waren verglichen mit ihren Rivalen besonders gut beisammen und hatten keine Blasen auf den Laufflächen, als das Rennen vorbei war. Auch die Performance auf eine Runde haben wir uns vorgenommen und Ungarn hat bewiesen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Jetzt fahren wir in Belgien und Italien, auf Strecken, die High-Speed-Charakter haben. Der erste Besuch in Shanghai wird natürlich eine Herausforderung für uns und Suzuka ist wegen der körnigen Asphaltoberfläche und wegen den hohen Geschwindigkeiten hart zu den Reifen. Abschließend kehren wir nach Brasilien zurück, wo wir uns auf wechselhaftes Wetter und wechselhafte Gripverhältnisse einstellen müssen, besonders für die Hinterreifen. Es liegen also viele Herausforderungen vor uns."

Frage: "Wie steht es mit der Entwicklung um eure Regenreifen?"
Suganuma: "Bridgestones Regenperformance ist bekanntlich sehr stark. Natürlich erwarten wir, dass unser Rivale mit einem verbesserten Regenreifen daherkommt, daher lassen wir die Entwicklung nicht ruhen. Obwohl es dieses Jahr noch keine Regenrennen gegeben hat, ist es wichtig, dass wir nicht still stehen. Wir haben dieses Jahr schon Weiterentwicklungen der Regenreifen eingeführt, von denen wir glauben, dass sie uns einen Wettbewerbsvorteil verschaffen werden."

Testverbot für Bridgestone eine willkommene Pause

Frage: "Gerade herrscht das Testverbot und es darf bis September in Monza nicht getestet werden. Wie beeinflusst das eure Weiterentwicklung?"
Suganuma: "Das Testverbot bedeutet, dass wir nicht auf der Strecke testen können, aber es bedeutet nicht, dass wir nicht im Labor und mit Computersimulationen arbeiten können. Es gibt sogar eine positive Seite des Testverbots, denn so bleibt uns einmal Zeit, um die bisherigen Leistungen ganz detailliert zu analysieren. Die Erkenntnisse dieser Analyse fließen dann in die Entwicklungen für den Rest der Saison ein. Außerdem kann so unser Personal einmal durchatmen, die Batterien aufladen und sich für die verbleibenden Rennen mental vorbereiten."

Frage: "Letztes Jahr hattet ihr Schwierigkeiten in Magny-Cours, Hockenheim und Ungarn, aber ihr habt hart daran gearbeitet und dieses Jahr nicht nur Siege dort errungen, sondern den anderen Teams auch eine Basis verschafft, damit sie in die Punkte fahren können. Wie groß war die Herausforderung für euch in Ungarn?"
Suganuma: "Der ungarische Grand Prix war eine große Herausforderung. Ich erinnere mich noch daran, wie Michael letztes Jahr überrundet wurde, daher wollten wir dort unbedingt gewinnen. Wir haben extrem hart gearbeitet, um unseren Teams konkurrenzfähige Reifen geben zu können, und unsere Bemühungen haben sich gelohnt. Alle gesammelten Informationen von den vorhergehenden Rennen und einige zusätzliche Entwicklungen sind in die Reifen für Ungarn eingeflossen und die neue Spezifikation hat besonders gut funktioniert. Nicht nur war der Reifen auf die erste Runde schnell, sondern wenn man die Liste aller gefahrenen Rundenzeiten analysiert, stellt man fest, dass Ferrari die 31 schnellsten Runden des Rennens hingelegt hat. Speed und Konstanz - das ist eine fantastische Kombination für Rennreifen."

Frage: "Was sind für den Rest der Saison eure Ziele?"
Suganuma: "Die restlichen Rennen zu gewinnen und zu unseren Teams eine noch bessere Beziehung aufzubauen, damit wir ihre Bedürfnisse besser verstehen können. Ferrari hat gerade die Konstrukteurs-WM gewonnen und jetzt arbeiten wir an der Fahrer-WM. Das Ende der Saison ist auch sehr wichtig für Sauber, Jordan und Minardi, und wir wollen ihnen helfen, so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Zusätzlich zur kurzfristigen Zukunft müssen wir uns auch über nächstes Jahr Gedanken machen und über die Auswirkungen des veränderten Reglements. Obwohl noch keine neuen Regeln beschlossen wurden, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir Reifen entwickeln werden müssen, die auf längere Distanzen funktionieren müssen. Das wird eine spannende Herausforderung für uns."